back to past - zurueck zu dir
Tür hinter Gabriel schloss, zum Sofa ging und sich mit einer Grimasse auf das Polster sinken ließ, die Augen schloss.
„Du bist nicht schuld“, sagte er. „Niemand kann so etwas ahnen. Und mein Fehler ist, dass ich mir nicht schon längst den schwarzen Gürtel in irgendeinem Kampfsport zugelegt habe.“ Er verdrehte die Augen in dem vergeblichen Versuch, die Stimmung zu lockern. Aber sein Mund blieb ernst, und Gabriel ließ sich nicht täuschen.
Mit einem einzigen großen Schritt stand er vor Christian. „Nichts davon sollte notwendig sein.“
Der atmete aus. „Ich bin zu müde, um dir zu widersprechen. Was auch immer die mir gegeben haben, es wirkt.“ Er schloss die Augen.
Gabriel neigte sich zu ihm. Seine Hand streifte Christians Haar. „Ich bleibe“, flüsterte Gabriel. „Ich passe auf.“
Widerstrebend hob Christian seine Lider, sah Gabriel von unten herauf an. „Warum? Er ist nicht mehr da und wird auch nicht zurückkommen. Mir kann nichts geschehen.“
Vorsichtig umfasste Gabriel Christians Gesicht mit beiden Händen. Seine Daumen streiften dessen Wangen und seine Lippen näherten sich denen Christians. Nur einen Zentimeter vor einer Berührung flüsterte er: „Weil ich es möchte.“
Christian atmete ein, und als er den Atemzug wieder entließ, schmeckte Gabriel ihn auf seiner Zunge. Ihre Münder trafen sich zu einem kurzen, zärtlichen Kuss, lösten sich voneinander, lange bevor der sich vertiefen konnte.
Gabriels Augen öffneten sich zuerst und er hielt Christians Gesicht immer noch in seinen Händen, während er beobachtete, wie dessen Lider bebten. Schließlich schlug Christian sie auf.
„Ist das wahr?“, wisperte er und die Schatten unter seinen Augen, die Müdigkeit in seinem Gesicht vermittelten mehr als einen Hinweis auf die Zweifel, die ihn quälten.
Gabriel näherte sein Gesicht erneut Christians. „Nichts wünsche ich mir mehr.“
Christians Arme umschlangen ihn, zogen ihn zu sich. Im letzten Augenblick wich Gabriel zur Seite aus und glitt neben ihm auf die Sitzfläche, umschlang ihn seinerseits, peinlich darauf bedacht, keinen Druck auf seine Rippen oder eine andere der Wunden auszuüben, und vergrub sein Gesicht in Christians Nacken. Der roch nach Verbandsmull, Desinfektion und Krankenhaus, ein wenig glaubte Gabriel auch Blut wahrzunehmen, und dennoch war ihm nie zuvor ein Duft derart verheißungsvoll erschienen.
„Ich träume“, hörte er Christian flüstern. Er sah auf, doch Christian behielt die Augen geschlossen. Eine kleine Falte bildete sich zwischen seinen Brauen und sein Mund zuckte. „Ich will nicht, dass der Traum endet“, fuhr er fort und lehnte seinen Kopf an Gabriels Schulter. „Sorge dafür, dass er nicht aufhört.“
Gabriel rieb seine Nase an Christians Wangenknochen. „Er hört nicht auf“, lachte er leise. „Ich verspreche es. Warte nur, bis du wieder gesund bist, die Drogen aus deinem Blut verschwunden sind, dann beweise ich es dir.“
Christians Hand wanderte über Gabriels Ärmel, glitt darunter und Gabriel fröstelte leicht, weil sie so kalt war.
„Ich habe mir das immer gewünscht“, wisperte Christian, „schon damals, schon als wir uns kennengelernt haben. Es ging nicht, du warst zu jung und ich … hatte dich nicht verdient.“
„Christian“, Gabriel stoppte, erinnerte sich daran, dass Christian kaum er selbst war, verletzt und unter Medikamenten stehend, die ihm vermutlich nicht alle Schmerzen nahmen. Nicht zurechnungsfähig genug, als dass er alles, was Christian sagte, für bare Münze nehmen konnte.
Er schwieg, während sich Christians Hand in seinem Ärmel erwärmte, er ruhiger atmete, gleichmäßiger. Doch die letzte Äußerung wollte ihm nicht aus dem Sinn, erklärte sie doch so vieles auf einmal, warf ein Licht auf den Aspekt in Christians Wesen, den er nie verstanden und um den er sich nie gekümmert hatte. Er war zu beschäftigt mit sich selbst und seinem Leben gewesen, um Christians Unsicherheiten Aufmerksamkeit zu schenken, sie überhaupt zu registrieren.
Vermutlich würde er nie begreifen, wie tief greifend die Veränderung war, die in Christian vorgegangen war.
Was in den vergangenen Jahren geschehen war, und was es für Christian bedeutete, sich aus dem Jungen ohne Zukunft in den Mann zu verwandeln, den er nun kannte, darüber konnte Gabriel nur spekulieren. Damals hatte ihn die Illusion angezogen, die Christian mehr oder weniger bewusst erschaffen hatte. Dass sie nur Hülle war, seine Ängste und Probleme
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