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Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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die Sache mit Lil und Dan, die Versammlung. Meine Pläne für die Modernisierung! Jeden Moment konnte all das, ob gut oder schlecht, einfach wegrasiert werden.
    Ich konnte es nicht tun. Ich hatte eine Modernisierung zu beenden und war der Einzige, der wusste, wie man es anpacken musste. Ohne meine unermüdlichen Denkanstöße würden die Ad-hocs sicher auf ihre ausgetretenen Pfade zurückkehren. Vielleicht würden sie sogar auf halbem Wege innehalten, endlos über die Neugestaltung
diskutieren und unser Baby Debra zum Fraß vorwerfen.
    Eine Wiederherstellung aus dem Backup kam für mich nicht infrage.
     
    Ich hatte noch zwei Anfälle, bevor das Interface schließlich aufgab und runterfuhr. Ich erinnere mich an den ersten, ein Durcheinander von Lichtblitzen, die mich blendeten, wild herumfuchtelnden Gliedmaßen und dem Geschmack von Kupfer auf der Zunge. Der zweite Anfall weckte mich allerdings nicht mehr aus meiner tiefen Bewusstlosigkeit.
    Als ich in der Krankenstation wieder zu mir kam, war Dan immer noch da. Er hatte Bartstoppeln am Kinn und neue Sorgenfalten in den eben erst verjüngten Augenwinkeln. Der Arzt trat ein und schüttelte den Kopf.
    »Tja, es sieht so aus, als wäre das Schlimmste überstanden. Ich habe die Einverständniserklärung für die Reanimation vorbereitet und der neue Klon wird in ein bis zwei Stunden zur Verfügung stehen. In der Zwischenzeit, glaube ich, ist gegen starke Beruhigungsmittel nichts einzuwenden. Sobald die Wiederherstellung abgeschlossen ist, werden wir diesen Körper in den Ruhestand versetzen, und das war’s dann.«
    In den Ruhestand versetzen? Das hieß wohl, dass sie mich umbringen wollten.

    »Kommt nicht infrage!«, sagte ich und bäumte mich gegen die Fesseln auf. Meine Stimme war wieder da!
    »Also so was!« Der Doktor vergaß seine Krankenbett-Manieren und ließ sich Verärgerung anmerken. »Wir können sonst nichts für Sie tun. Wären Sie gleich zu mir gekommen, hätte es noch Alternativen gegeben. Das haben Sie ganz allein verbockt!«
    »Kommt nicht infrage«, wiederholte ich. »Im Moment kann ich das nicht mit mir machen lassen. Ich werde nicht unterschreiben.«
    Dan legte seine Hand auf meine. Ich versuchte sie unter ihm wegzuziehen, aber die Riemen und sein Griff verhinderten es. »Du musst es tun, Julius. Es ist besser so.«
    »Ich lass mich nicht von euch umbringen«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Dans Fingerspitzen waren mit einer dicken Hornhaut überzogen, weit mehr, als es bei normaler Arbeit üblich ist.
    »Niemand will Sie umbringen, mein Junge«, erwiderte der Doktor. Mein Junge, immer wieder mein Junge . Wer konnte schon sagen, wie alt dieser Arzt in Wirklichkeit war? Nach allem, was ich wusste, hätte er auch achtzehn sein können. »Ganz im Gegenteil: Wir möchten Sie retten. Wenn Sie so weitermachen, wird’s nur noch schlimmer mit den Anfällen und Nervenzusammenbrüchen.
Das ganze Gehirn wird dann weich wie eine Pflaume. Das wollen Sie doch nicht.«
    Ich dachte an Zeds spektakuläre Verwandlung in eine Irre. Nein, bestimmt nicht. »Das Interface ist mir egal. Entfernen Sie’s einfach. Ich kann das jetzt nicht mit mir machen lassen.« Ich schluckte. »Später. Nach der Modernisierung. Ich brauche noch acht Wochen.«
     
    Was folgte, war eine Ironie des Schicksals.
    Als der Doktor begriffen hatte, dass ich es ernst meinte, schickte er Dan aus dem Zimmer und verdrehte die Augen zur Decke, während er einen Anruf tätigte. Ich sah seinen Kehlkopf arbeiten, als er in subvokalem Modus sprach. Er ließ mich angeschnallt auf dem Tisch zurück und ich musste warten.
    Da es auf der Krankenstation keine Uhren gab und ich auch keine innere Uhr mehr besaß, weiß ich nicht, ob ich zehn Minuten oder fünf Stunden warten musste. Man hatte mir einen Katheder angelegt, aber das merkte ich erst, als mich ein dringendes Bedürfnis überkam.
    Bei seiner Rückkehr hielt der Arzt ein kleines Gerät in der Hand, das ich sofort erkannte: eine HERF-Pistole.
    Oh, es war nicht das gleiche Modell, das ich für die Halle der Präsidenten benutzt hatte. Dieses Exemplar war kleiner, gediegener und so präzise
gefertigt wie ein chirurgisches Instrument. Der Doktor sah mich mit gehobenen Augenbrauen an. »Sie wissen, was das ist«, sagte er sachlich. In einem düsteren Winkel meines Gehirns mahnte eine geschwätzige Stimme: Er weiß es, er weiß es, er weiß über die Halle der Präsidenten Bescheid, weiß, was du getan hast … Doch er wusste es nicht, konnte es

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