Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
Zeit vergeigte. »Lillian«, sagte er und lächelte sie traurig an, »ich glaube, du machst da wirklich einen großen Fehler. Wir alle mögen das Spukhaus, genau wie unsere Gäste. Es ist ein Stück Geschichte, und wir sind dazu da, diese Geschichte zu bewahren, und nicht dazu, sie zu verändern. Wenn wir das Spukhaus auf diese Weise umgestalten, nun …« Er schüttelte den Kopf. »Wir würden ihm damit keinen guten Dienst erweisen. Wenn unsere Gäste durch ein
Juxhaus spazieren wollten, wo Leute aus den Schatten hervorspringen und ›Buhuuu-Buhuuu‹ heulen, würden sie die Halloween-Häuser in ihren Heimatstädten besuchen. Das Spukhaus ist etwas Besseres. Ich kann diesen Plan nicht unterstützen. «
    Ich hätte ihm am liebsten das süffisante Grinsen aus dem Gesicht gebügelt. Im Grunde hatte ich schon tausendmal ähnlich polemisiert, gegen Debras Projekte, doch dass dieser Blödmann sich mit eben diesen Argumenten auf meine Arbeit bezog, brachte mich innerlich zum Kochen.
    »Hör mal«, sagte ich, »wenn wir’s nicht tun, wenn wir nichts ändern, werden’s andere an unserer Stelle machen. Ohne unser Dazutun, Dave. Die Frage ist doch, ob ein verantwortungsbewusster Aufseher das, was er beaufsichtigen soll, leichtfertig in die Hände anderer fallen lässt oder ob er alles daran setzt sicherzustellen, dass er weiterhin seiner Pflicht nachkommen kann und dass seinem Schutzobjekt nichts zustößt. Ein guter Aufseher steckt den Kopf nicht in den Sand.«
    Ich merkte schon, dass ich meine Sache nicht besonders gut machte. Die Stimmung im Publikum verdüsterte sich, die Gesichter wirkten angespannter. Ich beschloss, nichts mehr zu sagen, bis die Sitzung vorbei war – wie sehr man uns auch provozieren mochte.

    Lil spielte meine Bemerkungen herunter und führte ein Dutzend weitere Argumente ins Feld. Es sah so aus, als würden die Diskussionen den ganzen Nachmittag, die ganze Nacht und den ganzen nächsten Tag andauern. Ich fühlte mich benommen, ausgepumpt und elend, starrte Lil an und sah sie angespannt lächeln, während sie sich nervös die Haare über den Ohren glatt strich.
    Schließlich rief sie zur Abstimmung auf. Wie üblich wurden die Stimmen geheim abgegeben und über die Datenkanäle öffentlich ausgezählt. Während die Ad-hocs ihre Headmount-Displays starteten, um die Entwicklung der Abstimmungsergebnisse zu verfolgen, richteten sie ihre Blicke ins Leere. Da ich offline war, konnte ich weder mit abstimmen noch zuschauen.
    Schließlich seufzte Lil erleichtert auf, lächelte und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
    »Na gut«, sagte sie über das Murmeln der Versammlung hinweg. »Machen wir uns an die Arbeit.«
    Als ich aufstand und bemerkte, dass Lil und Dan einander in die Augen schauten, ein bedeutungsvoller Blick zwischen zwei frisch Verliebten, sah ich rot. Buchstäblich. Ich sah auf einmal alles rötlich getönt und am Rande meines Blickfeldes begann ein Stroboskoplicht zu pulsieren. Schwerfällig machte ich zwei Schritte auf die beiden zu, öffnete den Mund, um irgendetwas Schreckliches
zu sagen, doch es kam nichts heraus als ein Uaaahhhh . Meine rechte Seite wurde taub, ein Bein knickte unter mir weg und ich stürzte zu Boden.
    Als ich mich auf dem linken Arm aufzustützen versuchte, fielen durch die Jalousien Lichtstreifen auf meine Brust. Und dann wurde alles dunkel.
     
    Ich war doch nicht verrückt.
    Das Arztzimmer in der Krankenstation an der Hauptstraße war sauber und weiß. An der Wand hing ein Plakat, auf dem die alte Disney-Figur Jiminy Cricket in weißer Medizinerkluft und mit überdimensionalem Stethoskop zu sehen war. Ich musste mich auf eine harte Pritsche unter einem Schild legen, das daran erinnerte, dass man sich zweimal pro Jahr durchchecken lassen sollte, meine Güte! Ich versuchte die Arme zu heben, um meine Augen vor dem grellen Licht und dem überaus aufmunternden Plakat zu schützen. Dabei stellte ich fest, dass ich die Arme nicht mehr bewegen konnte. Eine genauere Überprüfung meiner Situation ergab, dass ich festgeschnallt war, und zwar an Armen und Beinen.
    »Uaaahhhh!«, stöhnte ich wieder.
    Dans besorgtes Gesicht schwebte in mein Blickfeld, neben dem ernsten Norman Rockwell-Gesicht eines Arztes, der wie über siebzig aussah. Er hatte jede Menge Krähenfüße und Lachfalten.

    »Schön, dass Sie wieder unter uns weilen, Julius. Ich bin Doktor Pete«, sagte der Arzt mit einer freundlichen Stimme, die zu seinem Gesicht passte. Obwohl mich die lieben Kollegen aus

Weitere Kostenlose Bücher