Backup - Roman
meinem Ensemble in letzter Zeit ziemlich desillusioniert hatten, war mir seine herzliche Masche doch ganz angenehm.
Ich ließ mich wieder in die Kissen zurücksinken, während der Doktor mir mit einer Lampe in die Augen leuchtete und diverse diagnostische Apparate konsultierte. Ich ließ es in stoischem Schweigen über mich ergehen, zu verwirrt von den schrecklichen Uaaahhhh-Lauten, die meiner Kehle entschlüpft waren, als dass ich noch einmal den Mund zu öffnen gewagt hätte. Wenn er so weit war, würde mir der Doktor schon erklären, was hier abging.
»Muss er immer noch fixiert bleiben?«, fragte Dan. Ich schüttelte nachdrücklich den Kopf, denn ich fand es nicht unbedingt amüsant, an ein Bett gefesselt zu sein.
Der Arzt lächelte freundlich. »Ich glaube, im Moment ist es zu seinem Besten. Keine Sorge, Julius, wir haben Sie im Handumdrehen wieder auf den Beinen.«
Dan protestierte, verstummte aber, als der Doktor drohte, ihn hinauszuwerfen, und griff wortlos nach meiner Hand.
Meine Nase juckte. Ich versuchte es zu ignorieren,
aber es wurde immer schlimmer, bis ich an nichts anderes mehr denken konnte als an das penetrante Jucken meiner Nasenspitze. Mit verzerrtem Gesicht bäumte ich mich gegen die Fesseln auf. Der Doktor nahm meine Verrenkungen beiläufig zur Kenntnis und kratzte mit einem behandschuhten Finger behutsam meine Nase, was eine unendliche Erleichterung war. Ich hoffte, dass mir nicht auch noch die Eier jucken würden.
Schließlich zog sich der Doktor einen Stuhl heran und sorgte dafür, dass sich das Kopfende des Bettes aufrichtete, damit ich ihm in die Augen sehen konnte.
»Nun denn.« Er strich sich übers Kinn. »Julius, Sie haben ein Problem. Ihr Freund hier hat mir erzählt, dass Ihre Systeme seit über einem Monat offline sind. Es wäre besser gewesen, wenn Sie gleich zu mir gekommen wären. Aber das haben Sie nun mal nicht getan, deshalb ist alles noch schlimmer geworden.« Mit dem Kinn deutete er auf das Plakat mit Jiminy Crickets wohlmeinendem Ratschlag: Auf mit dir, geh zum Arzt! »Das ist ein guter Rat, mein Junge, aber was geschehen ist, ist geschehen. Wie ich sehe, wurden Sie vor acht Wochen aus einem Backup wiederbelebt. Ohne weitere Tests bin ich mir nicht sicher, aber ich habe den Verdacht, dass das Gehirn-Maschine-Interface, das bei dieser Gelegenheit installiert wurde, einen materiellen Defekt hatte. Es ist
seitdem weiter verschlissen, hat fehlerhafte Impulse gegeben und ständig neu gebootet. Die Shutdowns sind ein Schutzmechanismus, der genau die Art von Anfall verhindern soll, wie Sie ihn heute Nachmittag erlebt haben. Wenn das Interface eine Fehlfunktion registriert, fährt es automatisch herunter, bootet im Diagnose-Modus neu und versucht den Fehler zu beheben, bevor es wieder online geht. Bei geringfügigen Fehlern funktioniert das auch, aber in einem Fall wie diesem ist es verhängnisvoll. Das Interface ist so verschlissen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis es ernsten Schaden anrichtet.«
»Uaaahhhh?«, fragte ich, aber eigentlich wollte ich sagen: Na schön, aber was ist mit meinem Mund los?
Der Doktor legte mir einen Finger über die Lippen. »Lassen Sie es. Das Interface hat sich aufgehängt und einige Ihrer vom Willen gesteuerten neuronalen Prozesse blockiert. Mit der Zeit wird es wahrscheinlich runterfahren, aber im Moment ist da nichts zu machen. Deshalb mussten wir Sie ja auch festschnallen. Als man Sie hierher gebracht hat, haben Sie ziemlich heftig um sich geschlagen. Wir wollten verhindern, dass Sie sich verletzen.«
Wahrscheinlich runterfahren? Meine Güte, vielleicht würde ich ewig in diesem Zustand bleiben. Ich begann zu zittern.
Der Doktor beruhigte mich, streichelte meine Hand und drückte mir dabei ein MediPatch aufs Handgelenk. Als mir die beruhigenden Wirkstoffe des MediPatch ins Blut sickerten, ließ die Panik nach.
»Ruhig Blut«, sagte er. »Es ist nichts Dauerhaftes. Wir können einen neuen Klon wachsen lassen und Ihr letztes Backup aufspielen. Leider ist dieses Backup ein paar Monate alt. Hätten wir Sie früher in die Finger bekommen, hätten wir vielleicht ein aktuelleres Backup anlegen können, aber angesichts der Verfallserscheinungen, die Sie bereits zeigen … Ich glaube, es hätte keinen Sinn.«
Mein Herz pochte. Ich würde zwei Monate verlieren – alles verlieren, als wäre es nie geschehen. Das Attentat auf mich, die neue Halle der Präsidenten und meinen schändlichen Sabotageversuch, die Auseinandersetzungen mit Lil,
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