BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
sondern auch ihres Inhaltes wegen.
»Was wurde aus Gadar?«, Fast kam sie sich vor wie ein Kind, das seine Mutter bedrängte, ihm am Bett noch etwas vorzulesen. Aber Heaven konnte nicht anders – sie
musste
einfach mehr erfahren...
alles
wollte sie wissen.
»Ich traf ihn wieder«, erwiderte Gabriel, ohne in seiner Wanderung entlang der Wand des Felsendoms innezuhalten. »Jahre später, als ich an der Seite des Nazareners zurück nach Gerasa kam...«
Vergangenheit
Der Menschensohn hatte, nachdem auch ich mich ihm angeschlossen hatte, weitere Männer um sich geschart. Bald waren wir zwölf an der Zahl, und unsere Aufgabe bestand darin, von unserem Herrn zu lernen, um selbst Gottes Wort so kundtun zu können, wie er es vermochte.
Freilich erreichte keiner von uns seine Klasse, denn das Wort allein war es nicht, was er verbreitete. Er selbst war es, der das Volk bezauberte, und Charisma ließ sich nicht lernen.
Dennoch waren wir nicht immer beisammen, weil der Nazarener uns bisweilen aussandte, um einen anderen Weg zu gehen als er, auf dass wir die Botschaft des Herrn an möglichst vielen Orten verkündeten.
Dass ich dieser Pflicht nicht nachkam, versteht sich wohl von selbst. Um aber nicht in Ungnade zu fallen, war ich stets darauf bedacht, nicht zu den Ausgesandten zu gehören. Ich hielt mich, schon um ihn zu beobachten, so oft wie möglich in der Nähe des Menschensohnes.
So kam es, dass nur er und ich eines Tages – und auf mein unauffälliges Drängen hin – nach Gerasa am Ufer des Sees Genezareth gelangten, während die anderen in der weiteren Umgegend ihre Mission erfüllten. Unser Weg führte entlang jener Hügelkette, wo ich vor langem auf den Vampir Gadar getroffen war...
»Hast du das gehört?«
Der Nazarener blieb stehen. Sein Blick schweifte suchend durch die Dämmerung, die sich übers Land gelegt hatte und in den Klüften zwischen den Hügel beiderseits des Weges schon zu Dunkelheit gerann.
»Nein«, antwortete ich, »was soll ich gehört haben?«
Ich log. Denn das schaurige Heulen, das von fern zu uns gedrungen war, hatte ich sehr wohl gehört.
»Da war es wieder!«, rief der Menschensohn.
Diesmal konnte ich es nicht leugnen.
»Lass uns der Sache auf den Grund gehen«, meinte er. »Mir scheint, dass dort Gräber in den Hügeln sind, und vielleicht betrauert jemand einen jüngst Verstorbenen. Dann wollen wir ihm Trost spenden.«
»Klingt eher, als sei da jemand nicht recht bei Trost«, murrte ich ahnungsvoll.
Aber der Nazarener ging schon von der Straße ab und suchte sich einen Pfad in die Hügel hinauf, und ich folgte ihm. Das wehe Heulen wies uns den Weg, und je näher wir seiner Quelle kamen, desto deutlicher war es zu vernehmen. Ein wirres Gebrabbel war es, nur einzelne Worte waren zu verstehen, und selbst sie entbehrten allen Sinns.
»Ich hatte wohl recht«, meinte ich.
»Dann, Bartholomäus, hat dieser arme Kerl unseren Beistand nur um so nötiger«, beharrte mein »Herr«. Ich hasste seine belehrende Art mitunter, tröstete mich aber stets damit, wie ich ihn in der Maske des jungen und ach so unschuldigen Bartholomäus doch so leicht zum Narren halten konnte.
Ich wusste längst, wen wir in den Grabhöhlen antreffen würden. Und ich war gespannt, was geschehen würde, wenn der Menschensohn auf gerade diesen Vampir traf...
»Wer bist du?«, fragte der Menschensohn in das stinkende Dunkel der Höhle, das nur von einem schmalen Streifen Dämmerlicht durchschnitten wurde, das durch den Gang hinter uns hereinfiel. Gedars ausgemergelte Gestalt war kaum zu erkennen.
Der Vampir gab einen wirren Laut von sich, den man nur dann als seinen Namen identifizieren konnte, wenn man ihn ohnedies schon kannte.
»Wir sind hergekommen, um dir zu helfen«, erklärte der Nazarener.
Oh, dieser naive Narr!
ging es mir durch den Sinn.
Er hat keine Ahnung, womit wir es hier zu tun haben!
Denn dieser Kreatur würde er nicht mit eindrucksvollen Worten beikommen –
– andererseits drohte uns von Gadar auch keine Gefahr. Schließlich hatte ich ihn dazu verflucht, sich seit unserer ersten Begegnung nicht mehr von menschlichem Blut ernähren zu dürfen. Nur aus der Ader von Tieren war es ihm noch erlaubt zu saufen. Und er konnte sich diesem meinem Zwang unmöglich widersetzen!
Wie er es doch geschafft hatte, mich zu hintergehen, sah ich, als der Nazarener eine Fackel entzündete, die er stets in seinem Gepäck mit sich führte. Das Feuer trieb die Finsternis in die Winkel der Höhle
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