Bad Fucking
Ludmilla, da liegt etwas.«
Ludmilla steckte die Pistole in die Tasche und ging zum Tisch. Dort lag tatsächlich etwas. Es waren zehn Einhundert-Euro-Scheine. Daneben lag ein Zettel. DEN REST GIBT ES VOR DEM STÜRZENDEN PFERD.
»Ich verstehe«, sagte sie, »er will uns in die Höhle locken.«
»Ach du Scheiße.« Adalbert schluckte nervös. »Aber das können wir nicht machen. Das ist viel zu gefährlich.Es weiß ja überhaupt niemand, dass wir hier sind. Ludmilla, komm, nimm das Geld, und wir verschwinden. Mir ist das alles ein bisschen zu viel. Du weißt ja gar nicht, was das für Typen sind, die da unten auf uns warten.«
Ludmilla sah Adalbert mit einem fast mitleidigen Lächeln an. »Keine Angst, ich kenne diese Leute. Die bluffen nur. Die wollen, dass ich mich mit eintausend Euro zufriedengebe und abhaue. Für sie wäre damit die Sache erledigt. Aber vereinbart waren viertausend Euro. Es fehlen also noch dreitausend. Und die hole ich mir jetzt.«
Ludmilla kniete sich auf den Boden und kroch unter das Bett. Ihre Pistole hatte sie in den Hosenbund gesteckt. Sie hatte Adalbert zwar erzählt, dass es von der Wohnhöhle eine Verbindung zur Höhle mit den Wandmalereien gab, trotzdem verstand er nicht, was Ludmilla unter dem Bett machte. Sie streckte den Kopf heraus. »Adalbert, du wartest hier. Wenn ich in einer halben Stunde nicht zurück bin, holst du die Polizei. Verstanden?«
»Äh, ja, verstanden, aber was soll das alles?«
Adalbert kniete sich nieder und sah, wie Ludmilla auf dem verdreckten Boden Richtung Felswand robbte. Dort kroch sie in eine Öffnung, die höchstens einen halben Meter hoch und einen Meter breit war. Erst jetzt kapierte Adalbert, dass das der Eingang zu dieser geheimnisvollen Höhle mit den Wandmalereien war. Gleichzeitig fragte er sich, wer in dieser Wohnhöhle hauste und was das eingetrocknete Blut am Boden zu bedeuten hatte. Er lehnte sich ans Bett und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.
Veronika Sandleitner und Jagoda Dragičević sahen einander lauernd an.
»Sie sind doch die Putzfrau, von der Doktor Ulrich dieses Foto gemacht hat«, sagte Veronika herablassend und hielt Jagoda das Foto vor die Nase.
Jagoda machte unwillkürlich einen Schritt zurück. »Was wollen Sie?«, stammelte sie.
»Von Ihnen will ich gar nichts.« Veronika deutete auf das Metallschild neben der Tür. »Von Doktor Ulrich will ich etwas.«
In Jagodas Kopf ging es drunter und drüber. »Was wollen Sie von Doktor Ulrich?«
»Das geht Sie nichts an«, antwortete Veronika aggressiv.
Belgrad war plötzlich ganz weit weg, und Jagoda hatte das Gefühl, dass sie dort nie ankommen würde. Sie wusste, dass Veronika Sandleitner im Fotogeschäft arbeitete, aber auf die Idee, dass Dr. Ulrich seine Filme ausgerechnet dort entwickeln ließ, wäre sie im Traum nicht gekommen.
»Woher haben Sie das Foto?«, fragte Jagoda mit dünner Stimme und deutete auf das Corpus Delicti. Dass Veronika Sandleitner jetzt wusste, wie sie unten aussah, war ihr so peinlich, dass sie am liebsten davongelaufen wäre. Andererseits war sie froh, dass gewisse Dinge endlich zu einem Abschluss kamen. Wann sie in Belgrad ihr Café eröffnen würde, wusste sie nicht, dafür wusste sie, dass ihre Zeit in Bad Fucking abgelaufen war. Und zwar endgültig.
»Na, woher werde ich es wohl haben? Ich habe den Film entwickelt und dabei diesen netten Schnappschuss entdeckt. Ob ihn allerdings Doktor Ulrichs Frau auch nett findet, wage ich zu bezweifeln.«
Bei Jagoda fiel der Groschen. »Ich verstehe, Sie wollen Doktor Ulrich erpressen.«
Veronika Sandleitner wurde wütend, weil sie sich verraten hatte. Wien und die Oper waren plötzlich wieder in ganz weite Ferne gerückt.
»Erpressen? Sind Sie verrückt, weshalb sollte ich Doktor Ulrich erpressen? Ich wollte ihm lediglich die zehn Abzüge vorbeibringen, die er von diesem Foto bei mir bestellt hat.« Veronika betrachtete mit einer demonstrativen Neugier das Foto.
Jagoda wurde bleich. »Was sagen Sie da? Er hat von dieser Aufnahme zehn Abzüge bei Ihnen bestellt?«
Veronika atmete auf, weil Jagoda auf ihre Lüge hereingefallen war. »Ja, aber mich geht das ja nichts an, was er mit seinen Fotos macht.«
Jagoda griff in ihre Jackentasche und holte zwei Schlüssel hervor. Es waren die Ersatzschlüssel für die Ordination, die sie sich behalten hatte. Eigentlich war sie ja hergekommen, um Dr. Ulrich ein letztes Ultimatum zu setzen. »Das möchte ich jetzt von Doktor Ulrich persönlich hören«,
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