Bad Fucking
sagte Jagoda und schloss die Haustür auf.
Veronika wurde nervös und begann zu stottern. »Ich kann …, wir können das auch ein anderes Mal besprechen. Ich weiß ja nicht, was Sie jetzt –.«
»Ich möchte diese Sache ein für alle Mal klären, haben Sie verstanden?«
Jagoda ließ Veronika den Vortritt, die widerwillig das Stiegenhaus betrat. ›Scheiße‹, dachte sie, ›jetzt muss ich mir schleunigst etwas einfallen lassen, sonst sitze ich in der Tinte.‹
Philipp Hintersteiner saß im Besprechungszimmer des Gemeindeamtes und starrte auf den Aschenbecher,den der alte Besamer seinem Vater irgendwann einmal zu Weihnachten geschenkt hatte. Frau Sussalek wollte in der kleinen Küche gerade Wasser für einen Beruhigungstee aufstellen, als auf ihrem Schreibtisch das Telefon läutete. Sie hob ab und sagte mit tränenerstickter Stimme, dass der Bürgermeister momentan nicht zu sprechen sei, sie aber zu seinem Sohn weiterverbinden könne. »Das ist die Bank«, rief sie durch die offene Tür.
Philipp hob ab und hatte Herrn Magister Grill in der Leitung, der bei der Providenz-Bank die Kreditangelegenheit Aloysius Hintersteiner bearbeitete.
»Ach, Sie sind der Sohn«, sagte er ein wenig enttäuscht, »ich hätte eigentlich gerne mit Ihrem Vater gesprochen.«
»Ich weiß, aber leider ist mein Vater krank, und er hat mir ausdrücklich gesagt, dass ich die Sache mit Ihnen besprechen kann.«
Der Bankbeamte machte eine kurze Pause. »Also, wie sieht es aus? Können Sie mir endlich sagen, ob der Kredit zeitgerecht zurückgezahlt wird? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, unserer Bank kann ja durch die Besicherung des Kredits nichts geschehen, aber wir haben selbstverständlich größtes Interesse daran, dass auch unsere Kunden zufrieden sind.«
Philipp wurde hellhörig. »Mein Vater hat diese Besicherung zwar einmal erwähnt, aber ich habe die Details, ehrlich gesagt, vergessen.«
»Ihr Vater hat den Kredit über eine Million Euro mit dem Hotel
Zum Hohen Hirn
besichert. Das wird er Ihnen doch gesagt haben, nehme ich an?«
Philipp wäre vor Schreck fast vom Stuhl gefallen. »Bitte können Sie das noch einmal wiederholen, was Sie da eben gesagt haben?«
Der Bankbeamte wirkte ein wenig verunsichert. »Ja, Herr Hintersteiner, Ihr Vater hat vor zwei Jahren bei uns einen Kredit in Höhe von einer Million Euro aufgenommen und diesen Kredit mit dem Hotel
Zum Hohen Hirn
besichert. Also für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Kredit uneinbringbar wäre, würde unsere Bank auf das Hotel zurückgreifen. Aber so wie ich Ihren Vater verstanden habe, wird es dazu ja ohnehin nicht kommen, oder?«
In der Bank wurde Magister Grill auch
Grillmeister
genannt, weil er zahlungsunfähige Kunden gerne auf dem heißen Rost schmoren ließ.
Jagoda Dragičević sperrte die Tür zur Ordination auf und betrat gemeinsam mit Veronika Sandleitner den Vorraum. Beiden Frauen war nicht ganz wohl bei der Sache, weil sie nicht wussten, ob Dr. Ulrich hier war oder nicht.
»Herr Doktor?«, fragte Jagoda Richtung Behandlungsraum, aber es kam keine Antwort.
Veronika war erleichtert, weil ihr dadurch die Konfrontation mit dem Zahnarzt erspart blieb. Sie hatte zwar keine Ahnung, ob sie von Dr. Ulrich je einen Euro bekommen würde, aber jetzt war es zunächst einmal wichtig, heil aus dieser Ordination herauszukommen.
Jagoda ging in das angrenzende Büro und stieß einen spitzen Schrei aus. »Bosche moi«, murmelte sie und bekreuzigte sich.
Veronika folgte ihr und blieb abrupt stehen. »Ach, du meine Güte, das darf doch nicht wahr sein.«
Dr. Ulrich lag auf dem Boden und war offensichtlich von hinten erschossen worden. Auf seinem weißen Hemd hatte sich ein großer Blutfleck gebildet, der in derMitte fast schwarz war. Der leere Tresor stand offen, und das zweitausend Euro teure Gemälde
Jasmin, auf einem Elefanten reitend
war an den Scharnieren zur Hälfte aus der Wand gerissen worden. Der Mörder mochte offenbar keine moderne Ordinationskunst.
Veronika wurde mit einem Schlag klar, dass sie alles vergessen konnte, was sie sich in den letzten Tagen zusammengeträumt hatte. Sie kam sich vor wie ein Kind, das beim Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel kurz vor dem Ziel in die Anfangsposition zurückversetzt wird. Ihr fiel der Titel eines Buches ein:
Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss
. ›Schwachsinn‹, dachte sie, ›das Leben ist eine verfickte, stinkende Kloake.‹
»Geben Sie mir jetzt bitte die zehn Fotos.« Jagoda hielt Veronika ihre offene
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