Bad Fucking
alles ziemlich absurd, und ich habe auch nicht die geringste Ahnung, was das zu bedeuten hat, aber ich möchte Sie bitten, kurz nachzusehen, ob eine gewisse Sarema Abubakarowa aus Grosny in Österreich um Asyl angesucht hat.«
»Was erzählen Sie da? In Bad Fucking läuft eine verletzte tschetschenische Asylwerberin auf der Straße herum? Camilla, wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
»Keinesfalls. Die Frau sitzt hier in der Hotellobby, und ich bin gerade dabei, einen Arzt ausfindig zu machen, was in diesem Ort gar nicht so einfach ist.«
Die Frau, die das Gespräch aufmerksam mitverfolgt hatte, versuchte aufzustehen, was ihr aber nicht gelang. Stattdessen fuchtelte sie mit den Armen herum und gab geheimnisvolle Zeichen. ›Arme Frau‹, dachte Camilla.
Es war unüberhörbar, dass Dr. Klopf von Camillas Anliegen nicht besonders begeistert war. »Ich verstehe zwar nicht, was eine tschetschenische Asylantin in Bad Fucking verloren hat, aber ich möchte mit dieser Sache nichts zu tun haben. Wenn ich der Innenministerin da hineinpfusche, begebe ich mich in des Teufels Küche. Aber warten Sie einen Moment.« Camilla hörte, wie Dr. Klopf etwas in seinen Computer eintippte. »O. K., ja, hier habe ich es. Abubakarowa, Sarema, geboren in Grosny. Moment, Moment. Ja, ihr Asylantrag wurde wegen ihres Naheverhältnisses zu einer terroristischen Vereinigung in Tschetschenien abgelehnt. Die Frau sollte dieser Tage gemeinsam mit anderen Tschetschenen abgeschoben werden. Camilla, bitte machen Sie keinen Unsinn.«
»Ich mache keinen Unsinn«, verteidigte sich Camilla. »Aber die Frau ist schwer verletzt und braucht dringend ärztliche Hilfe. Jedenfalls weiß ich jetzt, woran ich bin. Sie brauchen sich aber keine Sorgen zu machen, ich habe das alles im Griff.«
»In Ordnung, in Ordnung«, sagte Dr. Klopf nervös, »aber jetzt erzählen Sie endlich, was Sie in unserer Angelegenheit herausgefunden haben.«
Camilla stockte, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Also begann sie, frei zu assoziieren. »Zwischen Sperr und dem Bürgermeister gibt es nachweislich Verbindungen. Möglich, dass die verletzte Tschetscheninetwas damit zu tun hat. Sie hat jedenfalls den Namen Maria Sperr auf einen Zettel geschrieben. Mit dem Polizeiinspektor treffe ich mich in einer Stunde, anschließend habe ich ein Gespräch mit dem Bürgermeister, und später am Abend rufe ich Sie dann an.«
Dr. Klopf klang wenig begeistert. »In Ordnung. Und halten Sie sich von dieser Abubakarowa fern, mit der ist sicher nicht gut Kirschen essen. Aber der Inspektor Wellisch wird Sie in dieser Sache sicherlich unterstützen, auch wenn er die Polizeireform bis heute offenbar erfolgreich boykottiert hat. Unter uns: Ich verstehe ihn. Ich halte diese Reform auch für kompletten Unsinn. Aber ich habe nichts gesagt, auf Wiederhören.«
Nicolae Petrescus Handy läutete, und da es der Anruf war, auf den er gewartet hatte, hob er ab.
»Nicolae«, polterte Alois Besamer jun., »bist du verrückt geworden? Wo ist die Sperr? Das ganze Land steht kopf, und du sagst mir noch immer nicht, was los ist.«
Nicolae lächelte, während er mit der Mercedes-Limousine auf der Autobahn Richtung München unterwegs war und im Rückspiegel Sarema Abubakarowa und Said al-Chattab beobachtete. Sarema sah der Innenministerin tatsächlich zum Verwechseln ähnlich.
»Bleib ganz ruhig«, antwortete Nicolae, »wie du verlangt hast, haben wir der Sperr einen kleinen Denkzettel verpasst, und du kannst sicher sein, dass sie dir in den nächsten Wochen bei deinen Bauprojekten nicht in die Quere kommen wird.«
Diese Bemerkung brachte den jungen Besamer nur noch mehr in Rage. »Ich habe dir aber auch klipp und klar gesagt, dass ihr nichts passieren darf. Verdammt,jetzt sag mir endlich, was du mit ihr gemacht hast und wo sie ist.«
Wenn Nicolae mit dem Oberarm leicht dagegendrückte, spürte er in der Innentasche seines schwarzen Sakkos das Kuvert mit zwanzigtausend Euro. Die eine Hälfte hatte er von Alois Besamer jun., die andere von Sarema Abubakarowa und Said al-Chattab erhalten. Es war eine Fügung des Schicksals gewesen, dass beide zur gleichen Zeit seine Dienste wegen seines Naheverhältnisses zur Innenministerin in Anspruch genommen hatten.
Der alte Besamer hatte natürlich längst herausgefunden, dass die Innenministerin in Bad Fucking ein Asylantenheim errichten lassen wollte. Und da er die Branche in- und auswendig kannte, wusste er auch, dass die Ausschreibungen so manipuliert werden
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