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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Shonna vor Tony in Schutz genommen. Was zum Teufel war bloß in mich gefahren? Konnte ich sie immer noch nicht richtig loslassen? Aber warum schaffte ich es nicht, Shonna die Kante zu zeigen, so wie ich es gerade bei Tony Cruz gemacht hatte? Ehrlich gesagt, manchmal bin ich mir selbst unheimlich.

Die Schulbibliothek war eigentlich kein besonders guter Arbeitsplatz, selbst für die langweiligsten Aufgaben nicht, wie zum Beispiel Buchinterpretationen schreiben oder für Biotests büffeln.
    Hier hingen immer Leute herum, die nicht auf den Pausenhof rauswollten, weil es regnete. Und natürlich tuschelten und kicherten sie die ganze Zeit und ließen Zettelchen herumgehen, bis sie von einer Abordnung von Strebern angezischt wurden (Mädchen natürlich), die selbst in der Pause Extrapunkte sammeln wollten.
    Zum Glück schien die Sonne an diesem Tag, sodass die meisten das Schulgelände verlassen hatten, um Chips zu kaufen oder die Ladenbesitzer in der Gegend zu ärgern. Jedenfalls hatte ich ausnahmsweise fast die ganze Bibliothek für mich allein, um meinem Dad zu mailen, der wahrscheinlich gar nicht wusste, dass ich überhaupt existierte. Mein potenzieller Dad.
    Hallo, ich bin ziemlich sicher, dass Sie mein Dad sind. Vielleicht erinnern Sie sich, vor sechzehn … Vielleicht erinnern Sie sich, dass Sie sich vor sechzehn Jahren bei Fertility-in-touch-com … Hallo, also ich bin Ihre Tochter …
    Ich blickte auf. Miss Frame, die Bibliothekarin, schaute mich an. Es scheint ein Naturgesetz zu sein, dass die meisten Lehrer wie Außerirdische von einem fremden Planeten rüberkommen – nicht gesellschaftsfähig –, aber Miss Frame ist eine Ausnahme. Ehrlich gesagt, ist sie der normalste Mensch, der sich je in die Haut eines Lehrers verirrt hat, soweit ich es beurteilen kann. Sie ist hübsch mit ihrer zierlichen Figur und ihren coolen, smarten Klamotten – wie eine Porzellanpuppe – und was sie sagt, ist okay und immer wieder überraschend. Ihr Haarstil ist auch ständig anders. Miss Frame probiert gern neue Frisuren aus. An diesem Tag hatte sie eine Teddy-Girl-Frisur, ganz im Fünfzigerjahre-Stil, nach vorn gekämmt und mit einer Spange festgesteckt. Extrem retro. Vielleicht liegt es daran, dass wir beide einen Frisurentick haben, jedenfalls kann ich mich immer ganz normal mit ihr unterhalten.
    »Du siehst so nachdenklich aus, Sadie«, sagte sie und lächelte mir zu. Dann ging sie wieder an ihre Arbeit zurück, was immer eine Bibliothekarin so macht – Regale einräumen, katalogisieren und so weiter.
    »Okay«, tief Luft holen. »Ich will eine Mail an einen Mann schreiben, der wahrscheinlich mein Dad ist«, sagte ich, »aber er weiß nicht, dass es mich überhaupt gibt.«
    Keine Ahnung, warum ich es ihr erzählte. Vielleicht weil es sowieso kein Geheimnis war. Und auch keines sein sollte. Miss Frame wusste garantiert Bescheid. Lehrer tratschen und sie hatte bestimmt im Lehrerzimmer gehört, was in jener denkwürdigen Biostunde vorgefallen war.
    Miss Frame schwieg lange. Andere Lehrer hätten vielleicht gesagt: »Das hier ist ein Raum zum Lernen, Sadie, und kein Internetcafé – auch nicht in der Mittagspause.« Oder sie hätten mich auf Punkt C1(b) im Handbuch der »Internetnutzung für Schüler« hingewiesen:
    b) Keine Online-Kommunikation mit Fremden ohne Einverständnis der Eltern.
    Ja, klar – aber wenn nun der »Fremde«, mit dem man online kommunizieren will, zufällig der eigene Vater ist? Was dann? Dafür gab es wahrscheinlich keine Klausel. Miss Frame traute mir jedenfalls eine gewisse Intelligenz zu, weil sie mir diesen ganzen Mist ersparte. Nach einer halben Ewigkeit sagte sie: »Ich kann mir vorstellen, wie schwierig das ist, wenn du ihn noch nie gesehen hast und er vielleicht nicht mal weiß, dass du seine Tochter bist.«
    »Total schwierig«, stimmte ich zu. »Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Ich hab schon x-mal alles wieder gelöscht, weil es sich so bescheuert anhört.«
    Miss Frame legte jetzt ihre Bücher weg, kam zu mir herüber und setzte sich auf die Schreibtischkante, und zwar so, dass sie nicht auf den Bildschirm sehen, mich aber anschauen konnte. Sie hat ganz winzige Hände, die sie zusammenfaltete, sodass sie noch niedlicher aussahen, und ich bewunderte ihre feinen, perlmuttrosa lackierten Fingernägel und schmalen Silberringe und schaute auf meine eigenen plumpen Finger hinunter, die mit Tinte und Haarfärbemittel verschmiert waren. Was bildete ich mir eigentlich ein? Tony

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