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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Cruz würde sich nie in ein Mädchen mit solchen Fingern verlieben.
    Miss Frame lächelte mich an.
    »Stell dir vor, du würdest mit ihm reden, Sadie. Schreib ihm, als ob es ein ganz normales Gespräch wäre.«
    Nein, das ging nicht. Unmöglich.
    »Wie denn? Der Haken ist doch, dass ich eben kein normales Gespräch mit ihm führe«, sagte ich. »Ich schicke ihm eine E-Mail und überlege mir jedes Wort, das ich schreibe, und dann kann ich’s einfach nicht.«
    Dass ich die E-Mail gleich dreimal verschicken musste, verschwieg ich lieber.
    Miss Frame stand auf und ging zu ihrem Bücherstapel zurück.
    Lieber Dad … die verrückte Bibliothekarin hier sagt, ich soll dir schreiben, als ob wir normal miteinander reden würden, aber das tun wir ja nicht …
    Dann saß ich fast zwanzig Minuten lang da und starrte aus dem Fenster. Die Mittagspause war praktisch vorbei. Miss Frame legte einen Bücherkatalog weg, kam zu mir herüber und setzte sich wieder auf die Schreibtischkante. Sie holte tief Luft durch die Nase, sodass ihre zierliche kleine Puppenbrust sich hob und senkte.
    »Okay«, sagte sie, »willst du jetzt die E-Mail an deinen Vater schreiben oder nicht?«
    Ich starrte sie an – vielleicht war sie doch eine Außerirdische von einem fremden Planeten, so wie die anderen Lehrer. Und auf jeden Fall schien sie Blut geleckt zu haben.
    »Ja-ha«, sagte ich.
    »Dann tu’s, Sadie. Schreib ihm. Tipp irgendein Blabla in den Computer und schick es ab. Dann ist es erledigt und du brauchst nicht mehr dran zu denken.«
    Miss Frame faltete ihre Hände auseinander und strich ihren Rock glatt, als hätte sie mir gerade das beste Apfelkuchenrezept der Welt verraten oder einen neuen Stickstich gezeigt.
    »Ich finde es sehr mutig, was du dir da vorgenommen hast. Geradezu verwegen. Also darfst du auch nicht schüchtern sein. Schließlich geht es ja nicht um die E-Mail, die du selbst schickst, sondern um die Antwort, die du darauf erwartest, oder nicht?«
    »Ja, schon.«
    »Und wenn du keine E-Mail schickst, kriegst du auch keine Antwort.«
    »Ja, stimmt.«
    »Also, dann schreib und schick es ab!«, sagte Miss Frame. Sie erhob sich, ging wieder an ihre Arbeit zurück und stapelte weiter Bücher aufeinander oder blätterte Kataloge durch.
    Hi, ich glaube, Sie sind mein Dad – ich weiß es durch eine E-Mail, die ich entdeckt habe und in der steht, dass Sie damit einverstanden waren, Ihre persönlichen Daten registrieren zu lassen. Außerdem habe ich einen Brief zu Hause, den Sie an »mich« geschrieben haben – oder nein, eigentlich nur an ein künftiges »Ich« –, und jetzt wollte ich einfach mal Hallo sagen. Also, ich heiße Sadie, bin gerade fünfzehn geworden und ich hätte furchtbar gern …
    Dann läutete es und die Pause war zu Ende. Verdammt.

Der Nachmittag verging quälend langsam. Ich ärgerte mich, dass ich es immer noch nicht geschafft hatte, die E-Mails abzuschicken. Nachdem ich mich endlich zu einem Anfang durchgerungen hatte, wollte ich es sofort erledigt haben. Am liebsten schon gestern.
    Sobald der Unterricht zu Ende war, stürzte ich in die Bibliothek und betete, dass niemand da war, nicht einmal Miss Frame, damit ich mich ganz auf meine E-Mail konzentrieren konnte. Die Bibliothek schien verlassen, also loggte ich mich ein und öffnete meine halb geschriebene Mail:
    … bald eine Antwort von Ihnen – oder nein, am liebsten sofort, weil es mich wahnsinnig viel Überwindung kostet, Ihnen diese Mail zu schreiben, und ich vor lauter Stress schon ein nervliches Wrack bin.
    Sadie Nathanson
    Ich überprüfte die Adressen:
    [email protected]
    [email protected]
    [email protected]
    Dann drückte ich dreimal auf »Senden«.
    Und schaute zu, wie die Mail dreimal aus meiner Mailbox verschwand.
    Ich checkte den Ordner »Gesendet«. Die Mails waren drin. Super. Jetzt konnte ich aufatmen. Und es war ein richtig gutes Gefühl, dass ich es geschafft hatte. Dass ich die Sache ins Rollen gebracht hatte.
    Ich las alles, was ich geschrieben hatte, noch einmal durch und fand, dass es ziemlich lahm klang – aber egal. Miss Frame hatte Recht: Es ging nicht um die Nachricht, die ich geschickt hatte, sondern um die Antwort, die ich darauf bekommen würde.
    Meine Mum hat mir mal erzählt, dass sie früher immer mit sich selbst geredet hat, wenn sie allein war, und erst als ich auf die Welt kam, sei ihr klar geworden, dass sie keinen Dachschaden hatte, sondern die ganze Zeit mit mir geredet hatte, ohne

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