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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Kink
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dauerhaft an einen Haken zu hängen. Ich werde ja schon in Hotelzimmern nervös, weil mein Kopf immer gleich hysterisch wird: »Das ist nicht unser Bett! Das ist nicht unser Badezimmer!« Sonst aber alles okay, doch, danke.
    Auf mich selbst gestellt würde ich vermutlich immer noch irgendwo zwischen 2nd Avenue und Marienplatz herumstehen und mir die Haare raufen. Zum Glück ist es bei mir aber ja so eingerichtet, dass mir die großen Entscheidungen immer abgenommen werden, weiß der Teufel von wem. Mir auch egal, Hauptsache, ich muss mich nicht kümmern, ich käme ja zu nichts, und was wär dann aus mir geworden. Es begab sich, dass mein Auslandsvertrag auslief und also mein Job erledigt war. Ich übrigens auch. Ich hatte schlicht nicht mehr genug Kraft, mich um Greencard und einen neuen Job zu kümmern. Ich war müde, ich wollte nach Hause und es war mir zu dem Zeitpunkt fast schon egal, ob ich den Fehler meines Lebens machte. Außerdem wollte ich unbedingt eine Butterbrezn.

»Warst du das?«
    »Ich weiß nich t, was du meinst.«
    »Ob du das warst!«

I ♥ NY
    Leaving New York never easy. Was du nicht sagst, Michael Stipe. New York zu verlassen war ungefähr so schlimm wie München zu verlassen. Nein, schlimmer. Denn selbstverständlich plagte mich schlussendlich doch die Frage, ob ich den Fehler meines Lebens beginge, schließlich kann man auch ganz gut ohne Butterbrezn leben. Man darf nur vor lauter Entzug nicht eine Pretzel von den Straßencarts kaufen. Das passiert einem als Münchner aber auch nur einmal, dann nie wieder.
    Ich hatte frei und noch acht Wochen Zeit bis zum finalen Rückflug. Ich lief alle meine Lieblingswege ab, ich besuchte meine Lieblingsorte und Museen, ich shoppte in all meinen Lieblingsgeschäften, ich traf meine Freunde ständig zum letzten Mal, ich aß in all meinen Lieblings-Diners und Restaurants all meine Lieblingsgerichte und ich trank in meinen Lieblingsbars meine Lieblingsdrinks. Dann gleich noch mal und von vorn. Ich verhielt mich, als hätte mich die US Immigration auf dem Kieker und würde mir fortan die Einreise auf Lebenszeit verweigern. Es war schrecklich.
    Ich möchte anmerken, dass ich normalerweise nicht nah am Wasser gebaut bin, aber als die Spedition meine Wohnung eingepackt hatte, saß ich stundenlang heulend vor der Klimaanlage auf dem Boden. Am Tag der Abreise organisierten meine New Yorker Lieblinge Wagen und Fahrer, sedierten mich in einer JFK Bar mit Cosmopolitans und schubsten mich Richtung Gate. Ich hab mich nicht mehr umgedreht, das hatte ich beim Abflug in München auch nicht getan. Es war schrecklich.

»München. Na, sauber.«
    »Aber schee is scho. Schau, wie schön!
Der Viktualienmarkt.«
    »…«
    »Hey! Wart! Wo gehsdn du hi, wart auf mi!«
    »Ein Weißbier, bitte.«
    »Es ist halb eins! Mittags!«
    »Wos? Ham’s an Wunsch?«
    »Ah, nix. Naa. Ja. Auch ein Weißbier, bitte. Ein alkoholfreies.«

Jetzt übertreib halt ned immer glei so, München
    Minga. Schee is scho. Erst recht, wenn man in einem Jahrhundert-Sommer ankommt, dem außer Hitze und Sonne nicht viel einfällt. Genau mei Weda! Christa gewährt mir vorerst Unterschlupf, wie sich das unter Schwestern gehört, auch wenn wir uns nie besonders gut verstanden haben, beziehungsweise halt immer falsch. Andererseits haben wir uns großartig verstanden, als ich in New York war, aber hey, Kunststück. Außerdem bewohnt sie mittlerweile eine Drei-Zimmer-Wohnung alleine, da wird ja wohl noch Platz für mich sein. Die kühlen Altbauwände kommen mir gerade recht, auch wenn die Wohnung in einem von mir nicht sehr geschätzten Viertel liegt. Beziehungsweise einem Viertel, das ich eigentlich gar nicht kenne. Das ich aber noch kennen- und liebenlernen werde, und zwar mehr, als mir manchmal lieb ist. Hier, zwischen Schlachthof und Isar gibt es nichts. Keinen Supermarkt, keine Bank, keine U-Bahn, keine Taxis, kein MOMA, kein Deli … nee, Moment. Was soll ich hier, am linken Isarufer, wo nichts passiert außer einer Augustiner Wirtschaft, namens Saustubn, und einem italienischen Eiscafé, das auch noch Amore mio heißt?
    Zurück in meine alte Wohnung in Haidhausen will ich nicht, zwar hab ich sie noch, aber ich war auch blöd genug, sie unterzuvermieten. Wie konnte ich meine Plattensammlung mutterseelenalleine dort zurücklassen? »Da waren keine Beatles Platten«, musste ich mir anhören. Da waren keine Beatles Platten! Stevie Wonder ist gar nicht blind! Beatles hin, Stevie her, ich brauche eine neue Wohnung,

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