Bad Hair Years
gesellschaftlich anerkannte Grund, kinderlos zu bleiben. »Sie hat sich für Karriere entschieden«, so sagt man doch. Nun, in meinem Job habe ich diesen Punkt schon abgehakt, die Vorstandsetage liegt weit hinter mir, und ich befinde mich bereits wieder auf der Leiter nach unten. Vielleicht entscheide ich mich einfach doch noch für Party.
Und dann bin ich vierzig geworden. Kannst nix machen.
»Beim nächsten Geburtstag bitte rechts abbiegen.«
»Rechts?«
»Links?«
»Links.«
»Warum?«
»Links ist das Herz.«
»Da wo die Einhörner mit den Elfen unter dem Regenbogen auf der Lichtung tanzen …«
»Arschloch.«
Think Pink
Drei Tage später hat es BUMM gemacht, ein bisschen spät zwar, dafür umso lauter. Nicht das, was ihr denkt. Lest ihr auch ordentlich mit?
»Sehen Sie’s als Chance, Frau Kink.«
Na klar, ich nehme an, jetzt gehen wieder diese ganzen anderen Türen auf, nicht wahr? Ich starre noch ein bisschen auf den Schreibtisch, denke, dass ich jetzt wirklich eine Spitzenausrede habe, um heute Abend nicht auf diese Party zu gehen, dann fahre ich den Rechner runter, nehme alle meine Geburtstagsblumen und verlasse das Vorzimmer. Und zwar für immer und endlich, aber das wusste ich ja jetzt noch nicht. Alt und arbeitslos, aber hey! Kuckt mal, wie viele schöne Blumensträuße ich hab!
Das ist natürlich eine Riesensauerei, drei Tage nach dem vierzigsten Geburtstag gefeuert zu werden, herzlichen Glückwunsch. Es geht mir mitnichten darum, dass ich diesen Job und die anderen vorher sowieso nur mit Müh und Not ertragen konnte, es geht schlicht darum, dass ich meine Lebensentscheidungen gefälligst selbst treffen möchte, alt genug bin ich ja jetzt wohl. Ich hatte mich gerade so schön gelangweilt! Warum verliere ich ständig Jobs, die ich sowieso nicht bin? Falls mir jemand was sagen möchte, nur zu, ehrlich, ich kann’s aushalten, aber komme mir keiner mit Schicksalswink.
Ich wartete ein paar Tage auf den Zusammenbruch, der da doch sicherlich lauerte. Kam aber gar keiner. Stattdessen bemerkte auch ich endlich das Sackgasse-Schild, das an diesem Job schon seit Jahren in Neonfarben blinkte wie sonst nur ein Celine Dion Billboard am Caesars Palace. Was soll ich sagen, ich bin wirklich sehr kurzsichtig. Höchste Zeit, es noch einmal mit diesem Leben jenseits der Festanstellung zu versuchen. Jetzt aber wirklich.
Also: bloß nicht unterkriegen lassen, Mundwinkel hoch, Busen raus, Schultern zurück. Think Pink, so lautete schon das Motto meines Abiturjahrgangs, ich weiß nicht mehr, was wir uns dabei gedacht hatten, aber es gab sogar entsprechende Aufkleber. Wahrscheinlich war ich krank an dem Tag, an dem meine Mitschüler sich das ausgedacht haben, denn ich habe seit jeher Probleme mit positivem Denken, und pink gefällt mir auch nur in bestimmten Kombinationen. Jetzt wurden für uns Menschen mit dem halb leeren Glas Millionen von Lebensratgebern vollgeschrieben. Das ist lobenswert, leider finde ich es meist hilfreicher, einfach noch ein volles Glas zu bestellen. Sowieso weiß ich immer alles besser.
Außer, wenn ich mal nicht alles besser weiß, wie jetzt. Was mach ich denn jetzt bloß? Ich umgehe diese Frage und entwickle erst mal einen bedenklichen Hang zur Esoterik; Pendel, Horoskope, Handlinien – der Tag, an dem ich das erste Räucherstäbchen in der Wohnung anzünde, ist wahrscheinlich nicht mehr fern. Falls jetzt jemand besorgt die Männer mit den Zwangsjacken an meine Adresse schicken möchte, bitte ich dringend, das zu unterlassen. Es würde mich dann doch sehr stören, wenn die klingelten und ich stünde ungeduscht und ungeschminkt, aber in einem bodenlangen Batikkleid, mit dem man genauso gut staubwischen könnte.
Ohnehin besteht dazu keinerlei Veranlassung, denn zwar suche ich die eine oder andere Antwort in Hippiekram, darf euch aber mitteilen, dass es nicht klappt. Es liegt wahrscheinlich an meiner Einstellung. Mehr als einmal wurde mir in Krisenzeiten schon verschwörerisch zugeflüstert, ich solle einfach beim Universum eine Bestellung aufgeben. Angeblich klappt so was am besten mit Parkplätzen, gilt aber auch für Liebe und was man sonst so braucht. Funktioniert nicht, könnt ihr euch sparen, ich hab’s versucht. Zugegeben, »her mit der Kohle, aber dalli!« war nicht gerade die höflichste Wortwahl, und es half sicherlich nicht, dass ich dabei auch noch »simples Visualisieren, uralter Hut« dachte. Bitch, dachte sich das Universum, und ließ geschwind ein »Leider nicht« auf
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