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Bad Monkeys

Bad Monkeys

Titel: Bad Monkeys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Orchard und Masonic , Südostecke, morgen früh acht Uhr dreißig.«
    »Können Sie mir sagen, wie der Typ aussieht? Oder wird er mich erkennen?«
    »Kreuzung Orchard und Masonic «, wiederholte die Stimme, »Südostecke, morgen früh acht Uhr dreißig.«
    Freizeichen.
    Was soll’s, wenigstens kannte ich die Stelle. Diese Kreuzung war im Haight, und wenn mein innerer Kompass nicht völlig schieflag, war die Südost-Ecke direkt gegenüber von der Grundschule in der Orchard Street, auf die Phil und ich gegangen waren.
    Am nächsten Morgen war ich da, stand unter der Markise eines Süßwarenladens, in dem ich früher immer Mars-Riegel geklaut hatte, und spielte mit den anderen Fußgängern »Wer ist der Bewährungs-Officer«. Trotz des Nieselregens gab es jede Menge Kandidaten: da war ein Typ an der Bushaltestelle, der nicht nach den Nummern der vorfahrenden Busse schaute; ein anderer hatte schon so lange im Regen gestanden, dass die Zeitung, die er las, völlig durchweicht war; eine Stadtstreicherin, die die Stirn an einen Telefonmast presste, als wollte sie mit ihm eine vulkanische Gedankenverschmelzung erzielen; ein gelangweilt aussehender Schülerlotse.
    Ich tippte auf den Schülerlotsen. Die Uniform passte ihm nicht, und er hielt seine Kelle mit dem Stoppzeichen, als wär er ein Zirkusbär, dem ein Liliputaner gerade diese sinnlose Requisite in die Pranken gedrückt hat. Es schien ihm auch völlig egal zu sein, ob die Kids es schafften, die andere Straßenseite am Stück zu erreichen. In der Schule hatte es schon zum zweiten Mal geschellt, aber es gab noch immer ein paar Angehörige des Jane-Charlotte-Stammes, die versuchten, auf den allerletzten Drücker reinzuwischen ; wenn der Verkehrslotse in dem Augenblick, in dem sie auf den Fußgängerüberweg flitzten, zufällig in die richtige Richtung sah, machte er seine symbolische Geste, um den Verkehr aufzuhalten, aber meistens waren die Kurzen auf sich gestellt.
    Also entschied ich, dass das wahrscheinlich mein Typ war, und versuchte, Blickkontakt mit ihm herzustellen, was gar nicht so einfach war, da er den Erwachsenen um sich herum genauso wenig Aufmerksamkeit schenkte wie den Kindern.
    »Hey«, sagte ich und wedelte ihm mit der Hand vor dem Gesicht herum. »Hallo?«
    Drei weitere Kids rannten hinter dem Rücken des Verkehrslotsen auf die Straße, auf direktem Kollisionskurs mit einem Lieferwagen, der offenbar eine äußerst eilige Lieferung hatte. Aus dem Augenwinkel sah ich die Stadtstreicherin zum Leben erwachen. Sie riss ihre Einkaufstasche mit einer halbkreisförmigen Bewegung in die Höhe und ließ los; die Tasche beschrieb einen Bogen über die Köpfe der rennenden Kids und explodierte auf der Motorhaube des Lieferwagens, dass es von Blechdosen nur so spritzte. Der Lieferwagen kam quietschend zum Stehen; ebenso die übrigen Fahrzeuge und jeder Fußgänger in Hörweite.
    Die Stadtstreicherin galoppierte auf die Kids zu und kreischte dabei: »Links und rechts schauen! Links und rechts schauen!« Zwei von ihnen spritzten gleich davon; der dritte, eindeutig ein Stammesbruder von mir, wich so lange nicht von der Stelle, bis er seiner Retterin mit einem Stinkefinger gedankt hatte.
    Als Nächstes ging sie auf den Schülerlotsen los: »Nicht … auf … ge … passt!« Im Takt dazu schlug sie mit schlappen, kleinmädchenhaften Überkopfhieben, die er vor lauter Verblüffung nicht abzuwehren schaffte, auf seine Brust und seine Schultern ein: »Aufpassen! Aufpassen!« Dann wurden aus ihren Patschern richtige Boxhiebe, und er wurde sauer. Er stieß sie zurück und hob drohend seine Kelle. Die Stadtstreicherin schrumpfte zusammen und skandierte: »Mich haun ? Mich haun …?« (Vielleicht sagte sie aber auch: »Hau mich! Hau mich!« Als ich später darüber nachdachte, kam mir das wahrscheinlicher vor.)
    »Verpiss dich hier!«, sagte der Lotse, und sie tat’s – aber als sie sich umdrehte und losgehen wollte, stolperte sie und rempelte mich an. Sie zischte mir drei lateinische Wörter ins Ohr, und schon trottete sie die Orchard in östlicher Richtung davon.
    »Und was wollen Sie?«, sagte der Verkehrslotse, der mich endlich wahrgenommen hatte. Ich bedachte ihn mit dem Stammesgruß und folgte meinem Bewährungs-Officer.
    Als ich sie endlich eingeholt hatte, war sie voll im schizophrenen Brabbelmodus . Das meiste war nicht zu verstehen, aber hier und da konnte ich ein paar Worte aufschnappen: »Vorsicht! … Pass auf! Pass auf! … Nicht auf die Felsen, Billy!«
    Sie

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