Bad Monkeys
ein bisschen. Es ist so wie – wenn man seine fünf Sinne beisammenhat, würde man Heroin normalerweise nicht anrühren. Aber wenn es der Vorabend des Tages ist, an dem man jede Droge aufgeben wird, und jemand bietet einem eine Linie zum Sniefen an …
Also überlegte ich mir das wirklich ernsthaft – diesen kleinen Predigerjungen zu verführen. Und wahrscheinlich wäre es trotzdem bei einer Gedankenspielerei geblieben, bloß dass das Bübchen mich plötzlich da stehen sieht und sagt: »Ma’am, darf ich Ihnen eine gute Nachricht erzählen?« Und es muss ziemlich offensichtlich gewesen sein, was mir gerade durch den Kopf ging, denn eine der Nutten rief: »Schätzchen, ich glaube, die gute Nachricht wird sie dir gleich verklickern!«
Und ich, ich hab einfach gelächelt und die Grenze überschritten: »Ich würde sehr gern Ihre gute Nachricht hören, aber dazu müssten Sie schon mitkommen.«
»Mitkommen, Ma’am?«, sagte er. »Wohin?«
»Zu mir nach Haus. Ich muss jetzt einfach die Füße hochlegen. Haben Sie Hunger?«
So einfach ging das. Er kam, und wir machten uns auf den Weg nach Haus.
Jetzt kommt noch was Komisches: Ich erzählte das Ganze ja Dixon, nicht? Und die ganze Zeit über glotzt er mich durch seine Flaschenböden an, aber trotzdem, und obwohl ich wusste, wie es ausgegangen war, tauchte ich allmählich so richtig in die Sache ein. Ich meine, ich erinnerte mich, wie es an dem Tag gewesen war, so die Straße langzuschlendern , während das Bübchen neben mir was von der Liebe Christi faselte und ich mich wie die Löwin fühlte, die das Lamm in ihre Höhle führt …
Also kam ich zu dem Teil, wo wir in meiner Wohnung waren und ich dem Jungchen tatsächlich – so wahr mir Gott helfe! – Milch und Kekse angeboten hab und dann im Schlafzimmer verschwunden bin, um »mir was Bequemeres« anzuziehen. Und dann erwachte der Jumbo-Screen wieder zum Leben, und auf einmal lief da ein Video von dem, was an dem Tag in meiner Küche wirklich passiert war.
Es waren zwei verschiedene Einstellungen, eine Nahaufnahme und eine Totale. Für die Nahaufnahme müssen sie das Eyes Only einem der Keebler -Kobolde auf der Keksschachtel aufgepfropft haben, und die Totale war wahrscheinlich von der Quaker -Haferflocken-Dose über der Spüle aus aufgenommen. Das Video begann genau in dem Augenblick, wo ich in so einem halb durchsichtigen Kimono aus dem Schlafzimmer komme. Und wie ich schon sagte – ich weiß, dass ich keine Miss Universum bin, aber für die Mrs. -Robinson-Nummer braucht man nicht der Oberhammer zu sein, da reicht’s vollauf, wenn man präsentabel ist. Aber auf dem Bildschirm sah ich wirklich übel aus, erschreckend übel … Diese ganzen Drogen, die ich mir so reinzog, hatten offenbar mehr Spuren hinterlassen, als mir bewusst gewesen war. Ich hatte dunkle Tränensäcke unter den Augen, und meine Haut war fleckig, und mein Haar war die reinste Katastrophe, und wissen Sie, ich hab an sich keinen Damenbart, aber ich schwöre, ich konnte so einen Schatten auf meiner Oberlippe erkennen. Ich sah aus wie eine Märchenhexe, schlicht und ergreifend.
Und das Bübchen, es saß da, den Mund voller Kekse, und guckte völlig entsetzt, und nicht in positivem Sinne …
Kann man in positivem Sinne entsetzt sein?
Na ja, Sie wissen schon, es gibt die jungfräuliche Panik, dieses Gefühl, das man beim ersten Mal kriegt, wenn man es nicht erwartet hat, und plötzlich passiert’s … Aber so war das nicht. So wie ich Dixon gesagt hatte, dieser Junge war nicht unschuldig. Die Angst auf seinem Gesicht, man sah es in der Nahaufnahme genau, das war kein O mein Gott, gleich werd ich aufs Kreuz gelegt, nicht mal ein O mein Gott, was geht hier ab? Es war: O mein Gott, nicht schon wieder …
Als ob er schon früher verführt worden wäre?
Als ob er einen Schaden weghätte. Als ob es zu spät für mich wäre, mir seinen Kopf vorzunehmen, weil schon jemand vor mir da gewesen war und ich mich lediglich in den vorhandenen Albtraum einklinken konnte. Bloß, dass ich das nicht erkennen konnte, weil ich eine beschissene zugedröhnte Hexe war.
Sie können sich wohl vorstellen: Mir das Ganze in der Wiederholung anzusehen war die reinste Folter. Zu sehen, wie wenig ich mich darum geschert hatte, wie sich der Junge fühlte. Und was ich so von mir gab … Aber Gott sei Dank ging der Bildschirm, als ich den Jungen bei der Hand nahm und langsam in Richtung Schlafzimmer führte, gnädigerweise aus.
Aber es war noch nicht ausgestanden. »Was
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