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Bad Monkeys

Bad Monkeys

Titel: Bad Monkeys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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mit dieser Eyes- Only -Geschichte auf sich hatte, wie allgegenwärtig sie tatsächlich war. Ich dachte, Dixon hätte von meinen Schoßjungs gehört, ich meine, seine Leute hätten vielleicht einen meiner damaligen Nachbarn aufgespürt und ausgefragt. Auf Bildmaterial war ich nicht gefasst.
    Aber dann hat jemand plötzlich das Deckenlicht gedimmt, und da verwandelt sich dieses kleine Hinterzimmer in ein Imax -Kino. Sie kennen den Jumbotron -Bildschirm am Times Square, dieses zwölf Meter breite Ding? Stellen Sie sich vor, so was schaltet sich plötzlich in einem Raum ein, von dem Sie dachten, der ist höchstens, na, viereinhalb mal sechs Meter groß.
    Die Wand leuchtete auf und füllte sich mit Fotos über Fotos von Schoßjungchen. Sie waren alle da, selbst die One- Night -Stands, die ich gar nicht richtig mitgezählt hatte. Die Fotos waren praktisch lebensgroß, zumindest kam es mir so vor, und jedes hatte eine Bildunterschrift: miles davis monroe , 16 jahre – die 16 war rot und blinkte –, jordan graham , 17 jahre , victor todd , 17 jahre , nicholas martinescu , 16 jahre , und so weiter und so weiter und so weiter.
    Wie viele » und so weiter«?
    Einigen wir uns einfach darauf, dass es eine gottverdammt große Wand war, und lassen wir es dabei bewenden, okay? Es dauerte lange, bis sie sich ganz mit Bildern gefüllt hatte, und währenddessen nuckelte ich Coke, und mein Armband, das offensichtlich eine Art Lügendetektor war, kribbelte wie verrückt, und ich wusste einfach, dass ich mir ab jetzt jedes Wort genauestens überlegen musste, denn es käme wirklich auf die Goldwaage. Also dachte ich nach und dachte immer weiter nach, und als das letzte Bild erschien, da machte ich endlich den Mund auf und sagte genau das Falsche: »Wie tief sitze ich in der Scheiße?«
    »Tja, sehen wir mal«, sagte Dixon. Das Deckenlicht ging wieder an, und jetzt hielt er ein dickes rotes Buch mit den Worten strafgesetzbuch des staates kalifornien auf dem Deckel in den Händen. »Sexueller Missbrauch eines Minderjährigen im Alter von sechzehn oder siebzehn Jahren in 189 Fällen, ein Vergehen, jeweils drei bis zwölf Monate … Unerlaubte Abgabe von Alkohol an Minderjährige im Alter von sechzehn oder siebzehn Jahren aus unmoralischen Beweggründen in 131 Fällen, jeweils drei bis zwölf Monate … Unerlaubte Abgabe von illegalen Betäubungsmitteln an Minderjährige im Alter von sechzehn oder siebzehn Jahren aus unmoralischen Beweggründen, ein Verbrechen …«
    Ich fing schon an, alles im Kopf zusammenzurechnen, aber dann sag ich mir: Hey, weiß der, wie oft ich das gemacht hab? Also hab ich mir die ganzen Bilder noch einmal angeschaut und hab gesehen, dass alle aus derselben Perspektive aufgenommen waren: das Schoßjungchen saß am Fußende meines Futons, und die Kamera schaute von oben runter, als ob der Fotograf am Kopfende des Bettes gestanden hätte, was mir doch irgendwann mal hätte auffallen müssen. Dann erwischte mich wieder dieser Zeitstrahl, es machte zoom!, und ich erinnerte mich an diese allererste Nacht mit Miles – wie ich ihm einen frischen Joint gereicht hatte und dann auf die Wand am Kopfende des Bettes geguckt und jemand verschwörerisch zugezwinkert hatte …
    »Mein Marlene-Dietrich-Poster.«
    »Eyes Only «, sagte Dixon.
    Ich saß in der Tinte. Ich saß so was von in der Tinte. Ich besaß dieses Marlene-Dietrich-Poster seit meinem ersten Jahr in Berkeley, es hing über jedem Bett, in dem ich geschlafen hatte, und wenn Marlene ein Panopticon-Spitzel war –
    »Ich sitz in der Tinte.« Die Coke-Dose war leer; mein Kopf fühlte sich so an, als wäre er drei Nummern zu groß und völlig von meinem Körper getrennt. Ich sagte zu Dixon: »Und, wann kommen die Bullen?«
    »Warum sollte die Polizei kommen?«
    »Weil … ich eine Verbrecherin bin.«
    »Stimmt, das sind Sie«, sagte Dixon. »Und wenn ich Polizeibeamter wäre, würde es mir das größte Vergnügen bereiten, Sie einsperren zu lassen. Aber ich arbeite für die Organisation, und die Organisation bekämpft nicht das Verbrechen, sie bekämpft das Böse.«
    »Dann wollen Sie damit sagen … das war nicht böse?«
    »Es war fahrlässig. Und unglaublich egoistisch. Sie waren mit Sicherheit alt genug, um es besser zu wissen. Aber Sie scheinen ohne bösen Vorsatz gehandelt zu haben, und insoweit es überhaupt möglich ist, derlei Dinge objektiv zu beurteilen, kann man sagen, dass die meisten dieser jungen Männer durch das Zusammensein mit Ihnen keinen Schaden

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