Bad Monkeys
du es hundert Pro drauf hast. Und hey, das ist eine nützliche Fähigkeit, können wir bei der Bande eindeutig brauchen – aber hier und jetzt …? Musst du langsam mit dir ins Reine kommen.« Sie zeigte auf eine Tür am Ende des Tresens. »Da drin.«
»Was ist da drin?«
»Das, was du in den letzten dreiundzwanzig Jahren geleugnet hast. Deine wahre Natur. Geh da rein und sieh selbst nach.«
Ich sah zur Tür. Ich rührte mich nicht von der Stelle.
»Geh schon«, sagte sie, und die Tür öffnete sich von selbst, und ich bewegte mich darauf zu – wohlgemerkt, ich ging nicht, ich bewegte mich einfach vorwärts. Ich glitt in so einen dunklen Raum, und die Tür knallte hinter mir zu, totales Blackout, und das war schlimm, nicht wegen der Dunkelheit an sich, sondern weil ich wusste, dass sie nicht von Dauer sein würde. Die schlechte Jane ließ mir ein paar Sekunden Zeit, mir auszumalen, was gleich kommen würde, und dann sagte sie: »Jetzt schau«, und das Licht ging an, und da war er und starrte mich aus jeder Richtung an. John Doyle.
Sein Steckbrief, meinen Sie. Der aus dem Postamt.
Ja. Officer Friendly mag ein Exemplar aufbewahrt haben, aber die Bande hatte eine Million davon. Jeder Quadratzentimeter Wand war damit zutapeziert . Die Decke gleichfalls, und nach unten brauchte ich gar nicht zu sehen – ich hörte, wie das Papier unter meinen Sohlen knisterte.
»War ein richtig widerlicher Typ, nicht?«, sagte die schlechte Jane. »Manche Kinderschänder, weißt du, können ganz reizend sein, wenn sie’s darauf anlegen, aber J. D. gehörte nicht zu dieser Sorte. Er war mehr der Typ: ›Komm mit, Zwerg, oder es setzt was.‹«
»Hat Phil … Er hat Ihnen erzählt, was ich getan hab?«
»Auf dem Postamt? Klar, das ist bei ihm immer noch ein wunder Punkt, aber er hat’s mir erzählt. Das Band hat er mir ebenfalls gezeigt.«
»Das –«
»Das Überwachungsband. Wahrscheinlich hast du dir das schon gedacht, aber die Organisation hat kein Monopol auf die Eyes- Only -Technik. Wir haben unsere eigene Version von der Sache. Schon seit Jahren.«
»Der Steckbrief …?«, sagte ich. Sie nickte. »Und auf die Art … finden Sie Ihre Opfer?«
»Rekruten«, sagte sie. »Ja, unter anderem auf die Art. Wenn du’s dir recht überlegst, ist das keine schlechte Profiling -Strategie: Zeig jemandem das Gesicht des Bösen und schau dir an, wie er reagiert. Dein Bruder zeigte die klassische Reaktion. Diesen verletzlichen Ausdruck im Gesicht, als bettelte er förmlich darum, dass jemand kommt und ihm das Gehirn neu verkabelt – ich kann schon begreifen, warum die Oberbosse ihn sich geschnappt haben. Was ich nicht kapiere, ist, warum sie nicht gleichzeitig auch dich rekrutiert haben.«
»Mich?«
»Jane …« Plötzlich stand sie direkt hinter mir, die Hände auf meinen Schultern. »Jetzt zier dich nicht so. Du weißt, wovon ich rede.«
»Nein.«
»Du hast hinter Phil gestanden, genau so, und hast ihm ins Ohr geflüstert … Mal sehen, was waren doch gleich deine Worte? Ach ja: ›Das ist der Mann, Phil, der Typ, der für die Zigeuner kleine Kinder entführt. Ich hab ihm alles von dir erzählt: Wo du wohnst, wo du immer spielst, wo du schläfst …‹«
Ich schloss die Augen.
»›Und wenn er dich holen kommt, Phil, dann solltest du besser nicht schreien oder versuchen wegzurennen. Damit würdest du ihn bloß wütend machen, und dann tut er dir weh. Und flenn deswegen auch nicht Mom an. Sie kann dich nicht beschützen. Er wird auch ihr weh tun, sie vielleicht sogar umbringen, und dich nimmt er anschließend trotzdem mit.‹«
»Ich hab ihm doch bloß ein bisschen Angst gemacht!«, sagte ich. »Ich hab ihn bloß vergackeiert ! Ich hatte keine Ahnung –«
»Ihn vergackeiert ?« Sie berührte meine Wange, und ich zuckte zusammen. »Ich glaube, du versuchst mich zu vergackeiern , Jane.
Ich meine, ich hab das Band gesehen. Phil hat sich vor Angst fast in die Hose gepisst, und du: Du warst voll in Fahrt. Vergackeiert ! Du hast dich einfach böse verhalten. Es hat dir Spaß gemacht. Es ist dir hervorragend gelungen. So hervorragend, dass ein zufälliger Beobachter auf die Idee hätte kommen können, du wärst schon geübt darin …«
»Leck mich! Ich war nicht – es war bloß das eine Mal.«
»Aber klar. Ist schon ein Wahnsinnszufall, Jane. Das eine Mal, wo du einem sadistischen Impuls nachgibst und eine Show abziehst, wie sie nicht besser hätte sein können, wenn du es darauf angelegt hättest, die Bande zu beeindrucken
Weitere Kostenlose Bücher