Baedeker Reisefuehrer Toskana
herrschenden Chianti-Weinschwemme mit neuen Qualitätsansprüchen begegnen wollten, wurden auf die niedrigste Weinbewertungskategorie »Tafelwein« (Vino da Tavola) herabgestuft. Als erste dieser Designerweine gelten der 1972 produzierte Sassicaia vom Gut Tenuta San Guido in Bolgheri sowie der 1971 produzierte Tignanello des Marchese Piero Antinori (Santa Cristina, Val di Pesa), beide 1978 ediert. Mit dem Weingesetz von 1992 wurde es möglich, die neue schlichte Landwein-Bezeichnung IGT (Indicazione Geografica Tipica) auch für diese Weine zu nutzen. Sie war bis 2009 gültig und wurde dann durch die neue EU-Weinmarktordnung vom Prädikat IGP (Indicazione Geografica Protetta, geschützte geografische Indikation) abgelöst, darf aber weiterhin aus Traditionsgründen benutzt werden. Teils wird der Begriff »Super-Toskaner« verkaufsfördernd auch auf andere toskanische Spitzenweine wie bestimmte Brunello-Jahrgänge ausgedehnt, da er erst einmal »nur« für herausragende Qualität steht und nicht weiter geschützt ist.
In einer Enoteca in Montalcino
Ab den 1980er- und 1990er-Jahren folgten weitere Spitzenprodukte, angeführt vom aktuellen Star-Kultwein, dem Ornellaia , erneut aus Bolgheri , das sich zum neuen Wein-Eldorado der Toskana mauserte. Ebenfalls in Bolgheri beheimatet ist der Masseto, aber auch Solaia, Solengo oder Guado al Tasso finden weltweit Liebhaber. Die Preise für diese Liebhaberweine sprengen aktuell alle Grenzen. So wurden 13 Flaschen einer speziellen Kunst-Edition des Ornellaia, Jahrgang 2008, namens »El‘ Energia« und gestaltet von der Künstlerin Rebecca Horn, am 19.5.2011 auf einer Auktion in der Berliner Neuen Nationalgalerie für insgesamt 130 000 € versteigert. Neben zehn Flaschen Doppel-Magnum (3 l) und zwei Flaschen Imperiale (6 l) ging eine Flasche Salmanazar (9 l) für sagenhafte 40 000 € weg. Ganz normale 0,7-l-Flaschen Ornellaia bzw. Sassicaia von 2008 wurden 2011 in Bolgheri für 140 € angeboten, der Jahrgang 2006 war mit 170 € ausgepreist. Ein Masseto vom Weingut Ornellaia, Jahrgang 2005, kann in den USA durchaus 300 US-Dollar kosten, ein Solengo 2004 über 70 €. Da ist es prima, dass Neukreationen wie »Le Difese« vom Gut Tenuta San Guido (Bolgheri) oder ein einfacher und sehr guter Rosso di Bolgheri auch für weitaus weniger im Angebot sind (30 € und weniger). Als gute bis sehr gute Jahrgänge gelten aktuell wie auch beim Brunello 2001, 2004, 2006 und 2008.
Der nächste Weinboom ist derweil schon in Sicht. Vielerorts werden neue Bioweine kreiert, liegen im Trend und erobern mühelos den Handel. Besondere Beachtung verdient dabei der Morellino di Scansano aus biologisch angebauten Trauben.
Wo einkaufen?
Vor allem im Chianti, aber auch in anderen Weinregionen, verkaufen viele Weinerzeuger ihre Produkte direkt. Lange suchen muss man meist nicht nach den Hinweisschildern, die zu Weingütern führen – Cantina aperta (offener Keller), Degustazione Vini (Weinverkostung), Visita Cantina (Kellerbesichtigung) oder Vendita diretta (Direktverkauf) weisen den Weg. Wer allerdings glaubt, der Direktverkauf sei auch in jedem Fall die günstigste Variante, irrt: Oft fallen die Preise in den Weingütern sogar höher aus als in den Weinläden (Enotece) der umliegenden Ortschaften!
DIE KLASSISCHEN WEINGEBIETE
In der Toskana liegen 6 DOCG- sowie 11 DOC-Gebiete. Als DOCG firmieren der Brunello aus Montalcino, der Carmignano, der Chianti (samt der Lokalgebiete Colli Aretini, Colli Fiorentini, Colli Sebesi, Colline Pisane, Montalbano, Montespertoli und Rufina), der Chianti Classico, der Vernaccia aus San Gimignano sowie der Vino Nobile aus Montepulciano. Mit DOC-Prädikat ausgezeichnet sind der Ansonica von der Costa dell‘ Argentario, der Barco Reale aus Carmig-nano, der Bianco aus dem Valdinievole, der Bianco aus dem Gebiet Empoli, der Bianco aus Pitigliano, der Bianco Pisano aus San Torpè, der Bolgheri mit der Besonderheit, dass dem Bolgheri Sassicaia 1994 als bis dato einzigem Weingut Italiens die DOC-Ehrung verliehen wurde, der Candia aus den Colli Apuani, der Capalbio, das Gebiet Colli dell‘ Etruria Centrale sowie die Colli di Luni.
Chianti
Baedeker Wissen siehe >>
Montalcino
Bereits in der Antike war Montalcino berühmt für seinen (man staune!) Weißwein. Eigentlich ist das nicht besonders aufsehenerregend, da Rotwein eine relativ junge Erfindung der Weingeschichte ist. Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte ein gewisser Clemente Santi die Vorzüge der toskanischen Sorte
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