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Bär, Otter und der Junge (German Edition)

Bär, Otter und der Junge (German Edition)

Titel: Bär, Otter und der Junge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: TJ Klune
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ihn ist es genau so schwer wie für dich.“
    Ich wünschte, ich hätte ihm glauben können, aber der Junge schien Sätze und Sprünge zu machen. In diesen wenigen kurzen Tagen nach seinem Vorstoß in die Normalität, scheint Ty klarzuwerden, was er alles verpasst hat. Er klebt nicht mehr so sehr an mir wie sonst, und lässt mir keine Ruhe wegen des Camping-Trips. Ich habe ihm gesagt, wir würden mal schauen, wenn der Zeitpunkt kommt. Daraufhin hat er glücklich gegrinst und eine Stunde später wieder mit dem Thema angefangen. Ich weiß, es ist egoistisch von mir, nicht einfach ja zu sagen, aber ich fühle mich, als würden wir in unterschiedliche Richtungen gezogen werden. Er in Richtung seiner aufkeimenden Freiheit, und ich in die meines neu gefundenen Sinns für alles, was mit Otter zu tun hat. Inzwischen frage ich mich oft, ob es das ist, was Eltern durchmachen; ihrem Nachwuchs dabei zusehen zu müssen, wie sie entdecken, was das Leben alles zu bieten hat und nicht in der Lage zu sein, es aufzuhalten. Ich bin nicht sein Dad, aber ich bin der Nächstbeste, den er hat. Von daher denke ich, dass meine Gefühle gerechtfertigt sind. Das sage ich mir zumindest selbst, wenn ich wach liege, nachdem alle anderen schon eingeschlafen sind. Er und ich wissen nur allzu gut, dass diese Welt Zähne hat und dann angreift, wenn es am ruhigsten scheint.
    Da stehen wir nun: Ty, der sich nach drei Jahren zum ersten Mal selbst findet; ich, der sich zum ersten Mal in seinem Leben selbst findet. Diese paar Tage bevor Creed nach Hause kam, waren die besten und die schlimmsten meines Lebens. Ich genoss es, Otter für mich alleine zu haben und keine Fragen beantworten zu müssen. Ich erschauerte, als ich Ty aus der Schule und zu einer Gruppe wartender Freunde springen sah. Ich stöhnte, als Otter diese eine Stelle auf der Innenseite meines Oberschenkels fand, die mich meinen Namen vergessen ließ. Ich seufzte erleichtert, als ich auf der Arbeit ankam und sah, dass Anna erst kommen würde, nachdem ich gegangen war. Ich machte mir Sorgen, als Creeds Rückkehr näher und näher rückte und nichts mehr wie vorher sein würde, außer ich wäre bereit etwas zuzugeben, gegen das ich seit dieser denkwürdigen Nacht angekämpft habe. In diesen letzten Tagen hatte ich zitternde Orgasmen, ausgedehnte Schübe tiefster Verzweiflung und andauernde Phasen des Friedens, die ich nie zuvor gekannt habe. So viel in so kurzer Zeit zu erleben reicht aus, um einen Menschen über die Klippe in den Abgrund zu stoßen.
    „Also, um wie viel Uhr wirst du da sein?“, frage ich Creed, während ich Otter und Ty bei uns zu Hause beim Schach spielen zusehe. Otter hat mir erzählt, dass er ziemlich gut ist, aber von dem, was ich bis jetzt gesehen habe, ist der vegetarische Ökoterroristen-Azubi ein verkleideter Bobby Fisher. Ich hab keine Ahnung, wo er das gelernt hat; ich hab in meinem ganzen Leben noch nie eine Schachfigur in den Händen gehalten. Ich sehe zu, wie er eine fünf minütige Phase der Stille dadurch unterbricht, dass er so ein Turm-Dings nach vorne bewegt und Otter aufstöhnt.
    „Vermutlich früh“, sagt Creed in mein Ohr. „ich will zurück nach Hause kommen und nie wieder Wodka ansehen müssen. Es ist das Getränk des Teufels.“
    „Was machst du gerade?“
    „Wodka-Shots trinken. Wusstest du, dass es die mit Himbeer-Geschmack gibt?“
    Ich schnaube.
    „Wie auch immer“, sagt er. „Ich verspreche, nirgendwo mehr hinzugehen, bis ich wieder ins College muss. Wir können soviel rumhängen wie du willst.“
    „Super“, sage ich, und ich versuche, das Beben aus meiner Stimme zu halten. „Das klingt...super.“
    Creed lacht. „Warum hab ich das Gefühl, dass du das nicht wirklich meinst? Was war los, seit ich weg bin?“
    „Nichts“, antworte ich ihm. „Das Gleiche wie immer. Du weißt ja wie es in Seafare ist.“
    „Hmhm“, sagt er. „Ernsthaft, Papa Bär. Bist du okay?“
    „Alles prima“, sage ich und der Schweiß glänzt auf meiner Stirn. „War nie besser.“
    „Wenn du meinst.“ Es hält einen Moment lang inne und fragt dann: „Ist Otter da?“
    „Öhm, ja. Willst du mit ihm reden? Er verliert gerade gegen einen Neunjährigen beim Schach.“ Otter wirft mir einen bösen Blick zu.
    „Nö“, antwortet Creed. „Ich sehe ihn ja morgen.“
    „Cool. Viel Spaß mit deinem Wodka.“
    „Hey“, sagt er.
    „Selber hey“, sage ich zurück.
    Er zögert und ich will nicht wissen, was ihm durch den Kopf geht. „Schon gut. Wir können

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