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Bär, Otter und der Junge (German Edition)

Bär, Otter und der Junge (German Edition)

Titel: Bär, Otter und der Junge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: TJ Klune
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in meine und zieht. Er zieht mich zur Badewanne und wir klettern hinein. Er kriecht zurück auf meinen Schoß und die Tränen beginnen zu fließen und wir spüren wie die Welt um uns bebt, wie der Ozean um unsere Füße ansteigt, immer höher. Irgendwann treiben wir davon, treiben dorthin, wo die Strömung uns hin trägt.

    D U HAST das getan, flüstert sie. Ich fühle, wie es aus dem Schwarz empor kriecht und hinter meinen Augen herumflitzt, als ob Funken durch die Dunkelheit schießen. Wenn du dazu kommst zurückzublicken, wenn die Erinnerungen und die Gesichter von jenen, die beteiligt waren, beginnen zu verblassen, erinnere dich einfach daran: Du hast das getan. Zumindest das wirst du immer haben, stimmt's? Stimmt's? Bär?
    Oh, Bear.
    Du hast das getan.

    I RGENDWO klingelt ein Telefon.
    Es gibt einen Moment trügerischer Klarheit, diese paar wertvollen Sekunden zwischen Aufwachen und wach sein, wo alles richtig ist, alles okay ist, weil man eine weiße Weste hat. Die Welt ergibt Sinn, denn sie ist kein Ort des Schmerzes und der Wut. Sie ist einfach leer, ein perfekt unperfekter vernünftiger Wahnsinn. Dann setzt die Logik ein, die Synapsen feuern, Muskeln spannen sich an, das Herz macht sich bemerkbar, als Blutgefäße und Venen beginnen, sich zusammenzuziehen und zu verengen, und ich erinnere mich an alles. Meine Augen sind verklebt und brennen. Meine Kehle fühlt sich an, als hätte ich Schießpulver geschluckt, mein Kopf ist ein Opfer des Alkohols, den ich niemals getrunken habe. Ich zwinge meine Augen, sich zu öffnen.
    Ich bin noch immer in der Badewanne. Allein.
    Das Telefon klingelt wieder und als ich versuche, es aus meiner Tasche zu ziehen, stoße ich mir den Kopf an der Seifenschale, die an der Wand befestigt ist. Ich zucke zusammen und mein Finger verbiegt sich schmerzhaft, als er am Stoff hängenbleibt. Meine Knöchel stehen praktisch in Flammen. Ich fluche und ziehe das Telefon aus meiner Tasche, die Einser und Nullen auf dem Display sagen Anna Anna Anna . Ich drücke auf Abweisen. Es ist so viel angenehmer, auf Abweisen zu klicken, als ein klingelndes Telefon ignorieren zu müssen.
    „Tyson?“, krächze ich hervor. Das Badezimmer liegt im Halbdunkel, die Tür ist angelehnt und Sonnenlicht strömt durch den Schlitz hinein und beleuchtet eine Zahnbürste. Ich setze mich langsam auf und stelle schnell fest, warum die Leute ihre Nächte nicht damit verbringen, auf Porzellan zu schlafen. Ich öffne die Badezimmertür, blinzle gegen das Licht. Es sieht wie Morgen aus. „Junge?“, frage ich diesmal ein wenig lauter. Keine Antwort.
    Ich ignoriere wie mein Herzschlag an Fahrt aufnimmt, von hier nach da hüpft. Ich gehe den Flur hinunter zu unserem Zimmer. Leer. Ihres auch. Ich sehe in der Küche nach. Dem Wohnzimmer. Dem Balkon. Ich sehe in den Schränken nach, den Hängeschränken. Unter dem Tisch, über dem Tisch. „Tyson?“
    Mein Telefon klingelt wieder. Anna .
    Ich renne zur Eingangstür und öffne sie, trete hinaus in die kühle Morgenluft und sehe mich wild um. Jemand lacht. Ein Lastwagen fährt vorbei. Irgendwo in der Nähe läuft ein Fernseher. Eine Sirene. Ein Hund bellt. Ein Niesen und eine Hupe. Dieser Morgen klingt normal. Es ist eine Lüge. Ich hämmere an die Tür nebenan. Nichts. Ich hämmere wieder.
    Sie öffnet sich einen Spalt und Mrs. Paquinns Auge lugt heraus. Es weitet sich, als sie mich sieht und sie öffnet die Tür vollständig. Eine Hand hält ihren Morgenmantel am Hals zusammen. „Bär?“
    „Ist er hier?“, frage ich am Ende meiner Kräfte. „Ist Tyson hier bei Ihnen? Junge!“, schreie ich an ihr vorbei.
    Sie schüttelt den Kopf. „Bär, er ist nicht hier. Ich hab ihn nicht mehr gesehen, seit ich ihn gestern Abend bei dir gelassen habe.“
    „Er ist – er ist weg?“ Erzähle ich es ihr oder frage ich sie? Ich hab keine Ahnung. „Ich kann ihn nicht fin...“
    Sie macht einen Schritt nach vorne und zieht mich in ihre Arme, doch ich wähle den Pfad des Widerstandes und stehe stocksteif in ihren Armen. Das ist nicht die Zeit für Umarmungen , denke ich. Umarmungszeit ist jetzt keine .
    „Mach dir keine Sorgen, mein Lieber. Wir werden ihn finden. Er kann nicht weit gekommen sein.“ Und dann kann ich nicht mehr alleine stehen und ich kippe nach vorne. Sie ist winzig, aber stark, so viel stärker als sie aussieht. Ich klammere mich an ihr fest und sie tätschelt meinen Hinterkopf. Sie riecht wie eine alte Dame riechen sollte, staubige Blumen und alte Butterscotch-

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