Bär, Otter und der Junge (German Edition)
als er sich nun neben mich setzte. „Ich hab dir gesagt, ich würde auf ihn aufpassen. Das hab ich auch so gemeint.“
Ich stieß ihn leicht mit der Schulter an. „Danke.“
Er stieß leicht zurück. „Gern geschehen.“
Wir saßen dort eine Weile, hörten Ty beim Atmen zu, sagten nichts. Ich fühlte wie ich müde wurde und als Otter meinen Kopf wegnicken sah, sagte er, ich solle zurück ins Bett gehen. Er würde heute Nacht hier draußen bleiben. Ich schüttelte den Kopf.
„Keine gute Idee“, sagte ich. „Ich muss da sein, wenn Ty aufwacht. Wenn das morgen so ablaufen wird wie ich denke, muss er mich sofort sehen können.“
„Okay, Bär. Weißt du, wo Anna die Extrakissen und -Decken aufhebt?“
„Im Flurschrank.“
Ich hörte ihn aufstehen und davongehen. Ich blickte wieder zu Ty und mein Herz rutschte noch ein Stück tiefer. In ein paar Stunden würde er aufwachen . In ein paar Stunden würde ich meinem kleinen Bruder erklären müssen wie es sich anfühlt, wenn man schneller erwachsen werden muss als man sollte. Ich versuchte mir zurechtzulegen, was ich sagen würde, versuchte mir vorzustellen, ob er es verstehen könnte. Doch am Ende war ich nicht weiter als am Anfang.
Otter kam zurück, Bettwäsche in seinen Armen. Er ließ mich aufstehen und breitete die Decke neben der Couch aus. Er warf die Kissen darauf und ich ließ mich auf den Boden fallen, fühlte, wie mein Körper an seine Grenzen gelangte. Ich lag auf meinem Rücken und starrte an die Decke, konnte aus den Augenwinkeln die Finger des Jungen sehen, da seine Hand an der Seite der Couch herunterhing. Otter stand wie angewurzelt, anscheinend unsicher, was er tun sollte.
„Legst du dich hin oder wirst du die ganze Nacht Wache stehen?“, fragte ich, plötzlich amüsiert.
Er schien einen Moment zu zögern und legte sich dann, mit ein wenig Abstand, neben mich. Wir schwiegen.
Dann, „Otter?“
„Ja?“
„Danke.“
„Wofür?“
„Du weißt schon, für was du gesagt hast. Dafür, dass du da bist.“
„Sicher, Bär.“ Seine Hand strich leicht gegen meine.
Ich schlief schon beinahe, als plötzlich: „Bär?“
„Ja?“
„Happy Birthday.“
Ich schlief mit einem Lächeln ein.
I CH träumte in dieser Nacht. Ich träumte eine Menge. Aber der Traum, der am deutlichsten hervorstach war der, wo ich jemandem folgte, den ich nicht kannte. Ich versuchte die Person einzuholen, aber jedes Mal, wenn ich dicht genug an ihr heran war, dass ich nur noch hätte zupacken müssen, wurde sie von einer Strömung des Ozeans davongetragen.
I CH wachte gegen Sonnenaufgang auf. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Ich öffnete meine Augen und sah den unteren Teil einer Couch. Mein Gesicht lag beinahe dagegen gepresst. Ich fühlte einen Druck gegen meinen Rücken und erinnerte mich daran, wo ich war. Ich kniff meine Augen fest zu und versuchte einfach alles weg zu wünschen. Dann bewegte sich das Ding an meinem Rücken ein wenig und ich wusste, dass es Otter war. Ich hörte ihn leise schnarchen, sein breiter Rücken gegen meinen gedrückt. Sein Körper schob mich gegen die Couch, auf der Ty noch immer schlief. Der Staub vom Boden kitzelte in meiner Nase. Ich schob mich vorsichtig ein Stück zurück, drehte mich um und kauerte mich an Otter . Er war warm. Er war da. Ich schlief wieder ein.
E TWAS später wachte ich von einem Tippen gegen meine Stirn auf. Ich runzelte die Stirn, wollte meine Augen nicht öffnen, da sich das Kissen, auf dem ich lag einfach zu gut anfühlte. Ich blinzelte genervt nach oben und sah den Jungen mit fröhlichen Augen, von der Couch aus, auf mich hinabstarren.
„Hey, Bär“, sagte er.
„Selber hey“, stöhnte ich und schloss meine Augen wieder.
„Warum schläfst du auf Otter?“, flüsterte er hörbar amüsiert.
Ich öffnete hastig die Augen. Ich drehte meinen Kopf leicht nach links und sah, dass das Kissen, auf dem ich schlief Otters Schulter war. Sein rechter Arm lag unter meinem Hals und schlang sich um mich; seine Finger lagen über meiner Brust. Eines meiner Beine lag über seinem. Er schlief noch immer. Was, zur Hölle?, dachte ich. Langsam löste ich mich aus seiner Umarmung und wandte dabei niemals meine Augen von seinem Gesicht ab. Mein Herz schlug laut in meinen Ohren und meine Haut prickelte. Was, zur Hölle?
„Hatten wir eine Übernachtungsparty?“, fragte der Junge.
„Ähm, ja“, antwortete ich. Otter murmelte etwas im Schlaf und drehte sich auf die Seite, weg von mir.
„Ich hab Hunger“,
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