Bär, Otter und der Junge (German Edition)
mich frage, ob etwas ungesagt gelassen wurde, irgendetwas, von dem ich denke, dass sie es wissen sollte. Mir fällt nichts ein, was mein Herz nur noch ein wenig mehr brechen lässt.
„Okay“, sage ich traurig.
„Mach's gut, Bär.“
„Tschüss, Anna.“
Dann ist sie ebenfalls weg.
A LS ich ins Haus gehe, fühle ich mich, als läge eine schwere Last auf mir. Versteh mich nicht falsch; ich weiß, dass ich mir das alles selbst zuzuschreiben habe. Normalerweise bin ich niemand, der sich im Selbstmitleid wälzt, aber das ist etwas, was ich in den letzten drei Jahren nicht tun konnte. Es fühlt sich seltsam an - fremd. Düstere Gedanken wabern durch meinen Kopf und ich tue wenig, um sie von mir zu schieben. Vielleicht sollte es für mich so sein. Vielleicht ist es das, was ich verdiene.
Bla, bla, bla.
Ty sitzt auf dem Küchentresen, während Otter ihm eine Geschichte erzählt. Otter sieht mich, im Gegensatz zum Jungen, hereinkommen, wirft mir einen kurzen Blick zu und zwinkert. Ich lächle leicht und warte bis er fertig erzählt hat.
„Und dann“, erzählt Otter, „kam dieser Typ runter und stellte sich neben mich in die Schlange in der Bank. Jetzt denk dran, ich war zu diesem Zeitpunkt noch nicht lange in Kalifornien und wusste nicht, wie die Leute sich da verhalten. Also, als der nette Kerl, der ich nun mal bin, sage ich hi. Aber denk dran, ich denke, dass er mich nicht hören kann, denn er hatte Kopfhörer an und wippte zum Takt, von was auch immer er da hörte, richtig?“
„Richtig“, antwortet Ty, völlig in die Geschichte vertieft.
„Also, die Schlange bewegt sich nicht weiter, aber ich kann inzwischen fühlen wie der Typ hinter mir den Kopf hin und her bewegt, denn er kommt mir immer näher, bis er schließlich gegen mich stößt. Ich versuche ihn zu ignorieren, aber er schubst heftiger und heftiger. Also drehe ich mich schließlich um und sehe ihn wütend an und er hört auf sich zu bewegen und schaut ebenfalls sauer drein! Und weißt du, was ich gesehen hab?“
„Was?“, fragt Ty aufgeregt.
„Die Kopfhörer, die er trug“, und hier macht Otter eine dramatische Pause, „waren an nichts angeschlossen. Kein iPod, kein Walkman, kein irgendwas. Er hat einfach nur die Kopfhörer getragen! Er bemerkt, dass ich das bemerke und ich versuche, nicht zu lachen, aber er lehnt sich zu mir rüber, und weißt du, was er gesagt hat?“
Ty hält inzwischen seine Hände an seinem Mund und ich kann ihn flüstern hören, „Was hat er gesagt, Otter?“
Otters Gesicht verändert sich plötzlich. Er schiebt seinen Unterkiefer hervor, hebt beide Augenbrauen und bläst die Wangen auf. Die Veränderung ist erschreckend und ich ruiniere beinahe die Geschichte, denn ich kann mich kaum davon abhalten, zu lachen. Otter senkt seine Stimme, die nun tief und todernst kling: „'Ich brauch keine neumodische Musikbox, Junge. Ich hab all die Musik, die ich brauche, in meinem Kopf. Dort speichere ich alle Hits.'“ Ich kann mich nicht mehr zusammenreißen: mein Lachen bricht aus mir heraus und schallt durch die Küche. Ty zuckt zusammen und streckt seinen Kopf. Als er mich sieht, verdreht er die Augen und wendet seine Aufmerksamkeit wieder Otter zu. Das lässt mein Lachen sofort verstummen, ganz so, als wäre ich gerade auch noch von dem Jungen zurückgewiesen worden.
„Die Leute in Kalifornien sind seltsam, Otter“, sagt er ernst. „Ich bin froh, dass du zurückgekommen bist, bevor du ebenfalls seltsam geworden wärst.“
Otter nickt ernst mit dem Kopf. „Ich bin auch froh. Verrückte Otter wüssten nicht, wie man vegetarische Lasagne macht.“ Er wuschelt dem Jungen durchs Haar und Ty dreht sich um, um mich anzusehen.
„Otter hat gesagt, du würdest so ewig brauchen, weil du telefoniert hast.“ Otter zuckt hinter dem Rücken des Jungen entschuldigend mit den Schultern. Ty starrt mich herausfordernd an. „Mit wem hast du geredet, Bär?“
Ich gehe zu dem Jungen und setze mich neben ihn auf den Tresen. Ich lege ihm einen Arm um die Schultern, ziehe ihn zu mir und gebe ihm einen Kuss auf den Kopf. „Ich hab mit Anna geredet“, sage ich leise.
Er nickt und sieht Otter an. „Anna und Bär haben wieder Schluss gemacht“, sagt er traurig. „Es war aber nicht wie die anderen Male. Ich glaub, diesmal war es echt.“
Otter steht vor dem Jungen, beugt sich nach vorne und legt seine Hände auf dessen Knie. „Nein, ich denke auch nicht, dass es wie die anderen Male war. Aber weißt du, was Anna mir gesagt
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