Baeuerin sucht Frau
haben? Oder ist vielleicht nicht nur der Geruch von Wuttkes Chemikalien rübergeweht, sondern auch die Chemikalien selbst? Nein, das geht nicht. Selbst Wuttke sprüht per Traktor und nicht per Flugzeug. Was die einzige Möglichkeit für einen Versatz beim Sprühen wäre. Aber was ist dann der Grund für die erfreuliche Wendung? Ich habe keine Erklärung, nur das sichtbare Ergebnis.
Am dritten Tag blase ich die Sammelaktion nach kurzer Zeit ab. Es gibt kaum noch was zu sammeln! Und meine Füße brennen viel zu sehr, als dass ich diese Aktion grundlos in die Länge ziehen möchte.
Nina läuft still neben mir zurück zum Hof. Ich verzeihe ihr alle Sünden. Sie half jeden Tag, stundenlang, ohne zu murren. Und das trotz Kopfschmerzen, die nach ihrem unfreiwilligen Trip immer noch nicht richtig abgeklungen sind. Gras raucht Nina jedenfalls nie mehr in ihrem Leben! Auch heute Abend fällt Nina, wie schon die vorherige, gleich nach dem Abendbrot todmüde ins Bett.
»An der Schule geht scheinbar die Magen-Darmgrippe um«, erzählt Antje.
Wir sitzen bei einem Glas Rotwein auf unserer Gartenbank. Auch ich fühle mich ziemlich groggy. Mein Kopf hämmert und mir tun die Glieder weh.
»Meine Klasse ist stark dezimiert«, berichtet Antje weiter. »Hoffentlich erwischt es mich nicht auch.«
»Ganz schön ungewöhnlich für diese Jahreszeit«, finde ich. »Grippe. Im Hochsommer. Ihr werdet euch doch nicht diese Seuche an die Schule geholt haben.«
»Du meinst Schweinegrippe?«
»Hm.«
»Glaub ich nicht. Dann hätte ich was gehört. Das würde immerhin für einiges an Aufregung sorgen. Es würde vor Reportern nur so wimmeln, gäbe es plötzlich dieses geballte Auftreten an einer Schule. Die Nachrichten würden sich überschlagen.«
Und die Fotografen, denke ich.
Wie komme ich jetzt darauf? Weil Carmen mir einige ihrer Highlights gezeigt hat. Fotos von Unfällen, Menschen im Kampf gegen Hochwasser, Opfer häuslicher Gewalt. Ich sah sie mir mit gemischten Gefühlen an. Es ging um Menschen. Carmen scheint das auszublenden. Das muss man wohl, wenn man solche Storys dokumentiert. Abstand zu den Dingen bewahren. Ich könnte das nicht. Teilweise bewundere ich Carmen für ihre Professionalität, teilweise ist sie mir fremd, wenn sie so ist. Aber das ist eben auch eine Seite von ihr.
Eine andere, und zwar die, die ich liebe, ist ihre Lebendigkeit. Carmen ist so voller Energie. Niemals müde. Für das Wochenende hat sie mir eine Überraschung angekündigt. Bis jetzt war nicht aus ihr rauszubekommen, um was es sich handelt. Ich bin schon ziemlich gespannt, was sie sich für mich ausgedacht hat.
»Carmen hat eine Überraschung für mich, wenn ich sie am Wochenende besuche«, plaudere ich aus. »Ich möchte zu gerne wissen, was es ist.«
Antje zuckt neben mir leicht zusammen. Auch sie war wohl in ihren Gedanken ganz woanders.
»Vielleicht probiert sie mit dir einen neuen Magerjoghurt aus«, meint sie trocken.
»Antje!« Ich boxe ihr leicht in die Seite.
»Oder sie will mit dir die neueste Entwicklung auf dem Gebiet der Laufsohlen diskutieren. Sie hält das sicher für romantisch.«
»In Verbindung mit einer Fußmassage, warum auch nicht«, trotze ich.
Antje verzieht das Gesicht. »Deine Ansprüche sind ja nicht sehr hoch.«
»Und deine Witze nicht komisch.«
»Früher hättest du sie komisch gefunden. Dein Humor leidet unter deiner Mangelernährung.«
»Jetzt hör endlich auf.« Ich bin genervt. Was hat Antje nur immer? Ja gut, auf den ersten Blick sieht es vielleicht so aus als passen Carmen und ich nicht besonders gut zusammen. Wir leben schon irgendwie in zwei verschiedenen Welten. Carmen ist immer viel unterwegs, trifft eine Menge Leute. Selbst in der Freizeit versucht sie berufliche Kontakte zu knüpfen. Eine moderne Karrierefrau eben. Ich dagegen hänge hier in der Einöde fest und ich tue es sogar gern. Meine Gesellschaft besteht hauptsächlich aus Vierbeinern und was die Kommunikation betrifft, beschränkt sie sich zum größten Teil auf einen wortkargen Bauern, ein fünfzehnjähriger Teenager und eine Lehrerin.
Aber Carmen und ich haben auch viel gemeinsam. Beide leben wir bewusst. Ich öko, Carmen gesund. Sie hält sich fit und mich gleich mit. Wir ergänzen uns, so soll es doch sein! Außerdem steht Carmen hinter mir und meinem Engagement für die Umwelt. Sie findet es toll, dass ich mir Gedanken um diese Dinge mache und wie ich mit den Tieren umgehe. Manchmal beneidet sie mich um meine Idylle, hat sie mir
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