Baeuerin sucht Frau
noch ein Stück näher. »Also. Bist du absolut sicher, dass Erik nichts mit der Sache zu tun hat?«
Wer kann sich schon absolut sicher sein was andere denken und tun? Ich zögere. Aber – nein!
»Erik wusste, dass wir dort sammeln. Ausgeschlossen, dass er da Insektizide spritzt. Und woher sollte er auch das E605 haben? Es stammt nicht vom Hof, da bin ich sicher.«
Carmen nickt nachdenklich. »Hättest du denn jemals vermutet, dass in Eriks Tabakdosen Gras ist?«
Meine Antwort kommt ganz spontan. »Natürlich nicht!«
Carmen seufzt. »Soviel zum Thema ausgeschlossen .«
Ich schüttele den Kopf. »Nein. Erik war das nicht.«
»Frag ihn. Nur um sicher zu sein.«
»Das kann ich nicht.«
»Soll ich es tun?«, bietet Carmen an.
»Nein.«
»Denk daran, was auf dem Spiel steht«, erinnert sie eindringlich.
Carmen lässt nicht locker. Nach weiteren fünf Minuten hat sie mich soweit. »Also gut«, gebe ich schließlich nach. »Ich frage ihn.«
Nur wie fange ich es an? Tabakdosengeschichte hin oder her, Erik ist ein Freund. Ein sehr guter. Ich kann doch nicht einfach auf ihn zu gehen und sagen: Ach Erik was ich dich noch fragen wollte ...
Oder doch? Ich bin unschlüssig, schiebe den unangenehmen Moment vor mir her.
Ansonsten mache ich einfach weiter wie gehabt. Verdränge, dass meine Arbeit von heute, morgen vielleicht schon durch ein Schreiben der Kontrollstelle vernichtet wird. Was soll ich auch sonst tun?
Als Antje nachmittags kommt, bitte ich sie, abends zum Essen zu bleiben. Sie sieht mich komisch an. »Aber das tue ich doch immer.«
Bis auf wenige Ausnahmen ist das auch richtig. Nur ich will ganz sicher gehen, dass heute nicht eine solche Ausnahme eintritt. Ich möchte sie bei der Unterredung mit ihrem Onkel dabei haben. Keine Ahnung wieso, denn ganz sicher wird sie ihren Onkel verteidigen. Wahrscheinlich ist es die Macht der Gewohnheit. Ich weiß, Antje ist mir selbst dann ein Halt, wenn sie nicht auf meiner Seite steht.
Dann suche ich Erik, finde ihn in der Werkstatt wo er an seinem alten Mofa rumbastelt. Ich frage ihn umständlich nach seinen Plänen für den Abend, ernte einen ähnlich fragenden Blick wie von Antje. »Ich muss mit dir reden. Bleibst du zum Essen?«
»Sicher.«
Gegen sieben trudeln alle Nichtköche in der Küche ein, lupfen der Reihen nach die Deckel der Töpfe an, inspizieren den Inhalt der Bratpfanne und setzen sich mit zufriedenem Gesicht an den Tisch. Kartoffeln, Spargel und Kasslerkotelett finden deutlich Zustimmung.
Außer Nina will heute beim Essen niemand so recht was erzählen. Die bedenkliche Stille der Erwachsenen macht Nina sichtlich nervös. Sie sieht uns alle drei nacheinander an. Irgendwas liegt in der Luft. Ihrem Gesicht sehe ich an, dass sie sich fragt, ob diese Grabesstille etwas mit ihr zu tun haben könnte. Nina isst noch etwas schneller als sonst, will fertig werden.
»Kann ich auf mein Zimmer?«, fragt sie, kaum dass sie den letzten Bissen runter geschluckt hat. Die Atmosphäre in der Küche ist ihr eindeutig zu unheilschwanger. »Hab noch Hausauf ...«
Ich nicke bereits. Denn egal ob Hausaufgaben oder nicht, mir ist es lieber, Nina wohnt dem Gespräch mit Erik nicht bei.
Ninas Abgang ist mein Startzeichen.
Nach verschiedenen Anläufen, die mit entschuldigenden Worten wie »Kann es sein, dass du vielleicht, nicht in böser Absicht, aber ...« und »Ich will dir nichts vorwerfen, du hattest sicher deine Gründe ...« beginnen, aber irgendwie nicht zum Thema kommen, wird Antje ungeduldig.
»Sylvia, was ist los?«
Ich reiße mich zusammen. »Erik, hast du das E605 ausgefahren?«, frage ich zu meiner eigenen Verwunderung kurz und knapp.
Dass man im Moment die berühmte Stecknadel zu Boden fallen hören könnte, brauche ich wohl nicht extra erwähnen.
Erik schweigt. Sieht mich dabei unverwandt an.
Antjes Augen werden immer größer je mehr in ihrem Kopf klar wird, was ich da gerade gefragt habe. Schließlich kommt die volle Tragweite in ihr an. »Sylvia!«, ruft sie anklagend. »Das kannst du nicht ernst meinen! Erik doch nicht!« Sie schaut zu Erik. »Sag was! Sag, dass das Blödsinn ist!«
Erik blickt mich lange an, als würde er etwas abwägen. Schließlich atmet er tief durch: »Sylvia«, beginnt er. Seine Stimme klingt tiefernst. Doch auch ohne dem wäre mir sofort klar, etwas Schwerwiegendes wird folgen, denn so hat er mich noch nie genannt.
»Sylvia, ich wollte es dir schon die ganze Zeit sagen. Ich ... ja ich war es!«
Natürlich höre ich
Weitere Kostenlose Bücher