Bahama-Krise
was
Vernünftiges tut«, sagte er freimütig. »Sie ist die ganzen Jahre über
immer sehr verwöhnt worden. Und sie hat die ganze Zeit immer nur an
sich selbst gedacht. Es scheint, daß sich das jetzt ändert.«
»Ich hoffe es.«
Er zögerte. »Debbie hat mir erzählt, daß die Leiche von Sue
gefunden wurde. Warum hast du mir nichts vom Begräbnis gesagt? Du
hättest anrufen können.«
»Ich wollte dich nicht damit behelligen.« Ich nahm einen
Schluck aus dem Glas. »Hat sie dir was von dem Foto erzählt?«
»Von welchem Foto?«
Debbie hatte also das Versprechen gehalten, das sie Perigord
gegeben hatte. Ich war nicht so brav, ich erzählte ihm, was ich mit
Hilfe von Sues belichtetem Film herausgefunden hatte. Natürlich bat ich
ihn, das Wissen bei sich zu behalten.
»Das ist das Abenteuerlichste, was mir je untergekommen ist«,
war sein Kommentar, nachdem ich meine Schilderung der Ereignisse
beendet hatte. Er hielt das Foto in der Hand, das ich aus dem Safe
genommen hatte. »Du willst also sagen, das ist der Mann, der deine Frau
und deine Tochter getötet hat.«
»Es sieht sehr so aus. Wenn er noch lebt, dann ist er der
Mörder, mit hoher Wahrscheinlichkeit. Und wenn er tot ist –
wer hat dann sechs Tage nach dem Verschwinden der ›Lucayan Girl‹ sein
Boot aus dem Jachthafen geholt?«
»Das Bild ist unscharf«, sagte Billy. »Und das läßt sich
ändern.«
»Wie denn?«
»Du weißt ja, wir haben da dieses Raumfahrtzentrum in Houston.
Ich kenne die Jungens ganz gut, weil wir mit denen Geschäfte machen.
Wenn die von Raumschiffen aus die Erde fotografieren, dann sind die
Bilder oft auch so unscharf wie das hier.« Er tippte auf das Foto von
Kayles. »Diese Bilder kommen dann in einen Computer, der sie wieder
scharf macht. Gib mir den Abzug mal mit. Wir werden sehen, was sich
machen läßt.«
Ich fand, das war eine gute Idee. »Bitte«, sagte ich.
Drei Tage später unterzeichneten wir die Verträge. Ich war
Herr über ein Unternehmen im Werte von fünfzig Millionen Dollar.
Die Zeit verstrich.
Ich saß bis über beide Ohren in der Arbeit. Es galt, die
Millionen zu bewegen, die als Morgengabe der Cunninghams auf die
Bahamas niedergegangen waren. Ich begann mit der Vergrößerung der
Baufirma, die ich im Rahmen meiner Holding in die neue
Aktiengesellschaft eingebracht hatte. Wie ich wußte, gab es in Nassau
eine Baufirma, deren Inhaber verkaufen wollte. Jack Foster hieß er, ein
Witwer ohne Kinder. Er war bereits über sechzig und sah wenig Sinn
darin, weiterzuarbeiten, bis er ins Gras biß. Es gab keine Erben, er
wollte verkaufen. Ich flog nach Nassau, und wir wurden handelseinig.
Ich bekam die Firma zweihundertfünfzigtausend Dollar unter dem Preis,
den ich im stillen veranschlagt hatte.
Weil die Bauarbeiten an unserem Hotel in Eleuthera nur langsam
vorangingen, ließ ich das neuerworbene Unternehmen den Bau weiterführen
und verteilte die Kapazität der alten Firma auf andere Projekte. Es kam
jetzt darauf an, daß das Hotel so früh wie möglich schlüsselfertig
dastand. Erst dann konnte das erste Geld für die
Theta-Aktiengesellschaft fließen.
Die Viertelmillion, die ich eingespart hatte, verwandte ich
auf eine Studie, die ich von einem amerikanischen Geologenteam
anfertigen ließ. Ich ließ sie kreuz und quer durch die Inselwelt der
Bahamas reisen, auf der Suche nach guten Anlagen, auf die sonst noch
niemand gekommen war. Wenn die Ergebnisse vorlagen, würde ich damit zu
den Cunninghams gehen und neue Pläne absegnen lassen.
Einmal jede Woche flog ich nach Abaco, um nach Karen zu sehen,
manchmal nur für eine Stunde. Sie hatte sich gut an die neue Umgebung
gewöhnt. Das schlimme Erlebnis schien hinter ihr zurückzubleiben wie
ein böser Traum, den man bei Tagesanbruch vergißt. Ich beneidete sie
etwas um die Ruhe, die sie ausströmte. Ich selbst war nicht so ruhig,
auch wenn ich zu niemandem über den Verlust von Julie sprach. Ich
betäubte mich mit der Arbeit. Trotzdem gab es Stunden, wo meine
Gedanken zu jenem Tag zurückwanderten, an dem Julies Reise in den Tod
begonnen hatte.
Bei einem meiner Besuche in Abaco beriet ich mich mit meiner
Schwester über die Zukunft von Karen. Ich schlug vor, daß ich sie jetzt
wieder zu mir nehmen könnte, in unser Haus auf Grand Bahama. Aber Peggy
riet ab. »Du bist ja nie in diesem Haus, Tom«, sagte sie. »Du arbeitest
doch rund um die Uhr. Wer soll das Kind denn dort erziehen? Warte ab,
bis die Dinge bei dir etwas ruhiger laufen. Für uns ist Karen
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