Bahama-Krise
»Er hat nicht nur Drogen geschmuggelt, er war auch
selbst süchtig. Und in diesen Ampullen war seine eigene Ration.«
»Das könnte sein«, meinte Perigord nachdenklich. »Wenn er an
der Nadel hing, dann hat er die Droge auch mitgenommen, egal, ob die
Flucht mit noch so großer Eile vor sich ging. Was für eine Farbe hatte
die Flüssigkeit in den Ampullen?«
»Gelblich«, sagte ich. »Eine ölige Flüssigkeit.« Ich erzählte
ihm auch die Sache mit den geschwärzten Enden der Ampullen. »Es sah
irgendwie so aus, als wären die Ampullen in Heimarbeit zugelötet
worden.«
Der Zöllner nahm die leere Injektionsspritze vom Tisch und wog
sie auf der Hand.
»Wenn er süchtig ist, dann ist es seltsam, daß er nicht auch
die Spritze mitgenommen hat«, sagte er. Dann sah er mich an. »Eine
gelbliche Flüssigkeit, sagen Sie? Muß eine neue Droge sein. Jedenfalls
ist mir in dieser Richtung noch nichts untergekommen.«
Perigord hatte mich am Arm ergriffen.
»Eine neue Modedroge«, sagte er. »Der Markt schluckt alles.
Was Sie angeht, Mr. Mangan, ich gratuliere Ihnen.«
»Wozu?«
»Der Mann, den Sie verscheucht haben, ist nicht nur ein
Killer, sondern auch drogensüchtig. Wenn er nichts mehr zu spritzen
hat, wird er mit Überfällen auf Apotheken beginnen. Ich danke Ihnen,
das haben Sie fabelhaft gemacht.«
»Haben Sie irgendeine Idee, wo Kayles Arzt stecken könnte?«
fragte ich.
Er sagte mir, daß Bayliss' Boot noch nirgendwo gefunden worden
war. Wie er meinte, bestand auch wenig Aussicht, daß das Boot je wieder
auftauchte. Wahrscheinlich lag es irgendwo auf dem Meeresgrund. Auf den
Exuma-Inseln, im Hafen von George Town, war eine kleine Segeljacht
gestohlen worden. Möglicherweise war Kayles der Dieb. »Weiß der Teufel,
wo diese Jacht inzwischen ist«, beendete Perigord seine Schilderung.
»Wenn ich Kayles wäre, würde ich machen, daß ich wegkomme von den
Bahamas.« Er zuckte die Schultern. Ich war entlassen.
Ich war schon an der Tür des Zollschuppens, als mir etwas
einfiel. Ich ging zu Perigord zurück, der mich mißgelaunt musterte.
»Diese Brandkatastrophe im ›Fun Palace‹, war das eigentlich
Brandstiftung oder nicht? Es schwirren immer noch Gerüchte, daß
irgendein Verrückter das Feuer gelegt hat.«
»Für diese These gibt es keine Bestätigung«, sagte er. »Treten
Sie solchen Gerüchten entgegen, wenn Sie davon hören.«
»Das werde ich«, sagte ich. »Ich habe ein Interesse daran.«
Ich fuhr nach Hause. Debbie war zurückgekehrt.
Und wieder standen die Zeichen auf Sturm.
»Wo warst du?« begrüßte sie mich. Seit meinem Aufbruch zur Jagd auf
Kayles hatten wir uns nicht gesehen.
»Und du?«
»In Houston. Das darf ich doch, oder?«
»Bitte.«
»Wo warst du?« wiederholte sie ihre Frage.
»Auf den Jumentos-Inseln. Es ist ein Zufall, daß ich's
überlebt habe.«
»Was überlebt habe?« fragte sie ungläubig.
»Ich war hinter Kayles her. Du erinnerst dich, der Mann auf
dem Film. Er hat den Fischer umgelegt, den ich für die Fahrt angeheuert
hatte. Und dann hat er versucht, mich und Sam Ford umzublasen.«
»Wer ist Sam Ford?«
»Wenn du etwas Interesse für mich und meine Sorgen hättest,
dann wüßtest du, daß Sam der Bereichsleiter für unsere Jachthäfen ist.«
»Du hast also Kayles aufgespürt.«
»Ja, aber leider habe ich bei der ganzen Aktion wenig Geschick
bewiesen. Ich hab's auf eigene Faust gemacht, ohne Polizei. Der
Fischer, der mich hingebracht hat, ist dabei draufgegangen.« Ich goß
mir ein randvolles Glas ein und ließ mich in den Sessel fallen.
»Kommissar Perigord hat nach dem Ganzen keine sehr hohe Meinung mehr
von mir. Genau wie du, mein Schatz.«
»Und wessen Schuld ist das?« fuhr sie hoch. »Du
vernachlässigst mich in einem fort, und dann beklagst du dich, daß ich
nicht an Wohlwollen überfließe. Wenn ich dich brauche, bist du nicht
da.«
»Und wenn ich dich brauche, bist du in
Houston«, gab ich sarkastisch zurück.
Sie ging nicht auf die Spitze ein.
»Ich habe derzeit mehr Probleme am Hals, als ich bewältigen
kann«, fuhr ich fort. »Zum Beispiel der Großbrand im ›Fun Palace‹. Das
hat eine sehr schlechte Presse gemacht für die Bahamas. Für heute ist
ein Treffen der Hotelbesitzer anberaumt, wo wir beraten wollen, was man
tun kann. Morgen muß ich nach Nassau, zum Ministerium für Tourismus.
Ich muß in aller Frühe los.«
»Die Brandkatastrophe«, sagte sie, »davon waren in Houston die
Zeitungen voll.«
»Nicht nur in Houston. Die Meldung ging
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