Bahama-Krise
mit dem Vorstand beraten.«
Die Trauergemeinde begann sich zu verlaufen. Wir standen neben
der Kirche und sahen der Witwe von Bill Pinder nach, die von ihrer
Tochter gestützt wurde. »Hart für die Frau«, sagte Bobby. »Sie hat
einen guten Mann verloren.«
»Wir lassen sie ja nicht im Regen stehen«, warf ich ein. »Sie
kriegt eine gute Witwenrente aus unserer Pensionskasse.«
»Darum geht es nicht«, sagte Bobby und verstummte. Ohne es zu
wissen, hatte er den Vorwurf wiederholt, den Kommissar Perigord mir
gemacht hatte. Ich spürte es wie einen Stich ins Herz.
Eines konnte ich damals noch nicht ahnen. Es gab wirklich
jemanden, der mich, mein Leben und mein Glück auslöschen wollte.
Wenige Tage darauf stattete mir Billy
Cunningham einen unangemeldeten Besuch ab. Es war Wochenende. Ich war
nach Hause gefahren, um ein paar Anzüge einzupacken und ins ›Royal Palm
Hotel‹ mitzunehmen, wo ich eine Suite bewohnte. Zunächst kam Billy auf
den Absturz der Navajo zu sprechen. Er entledigte sich der üblichen
Beileidsbekundungen, gab mir recht, daß das Ganze eine Tragödie wäre,
und dann kam er auf das Modell für die Ersatzmaschine zu sprechen. Bei
alledem war zu spüren, daß dies nicht der wirkliche Anlaß für seinen
Besuch war. Er war sichtlich nervös, ganz im Gegensatz zu seinem
sonstigen Benehmen. Ich nahm ihn bei der Schulter und sah ihn an.
»Geh nicht weiter drum herum wie die Katze um den heißen
Brei«, sagte ich. »Setzen wir uns und trinken wir einen. Und dann sagst
du mir, was du auf dem Herzen hast. Kommst du als Kundschafter?«
»So könnte man's sagen«, lachte er.
»Für die Cunninghams?«
»Erraten.«
»Privat oder Geschäft?«
»Du bist ein kluger Bursche«, sagte er ausweichend. »Ich
erinnere mich noch, wie du in Houston angerückt bist und uns alle unter
die Lupe genommen hast, bevor du Debbie geheiratet hast. Was hast du
damals von den Cunninghams eigentlich für einen Eindruck gewonnen?«
»Ein typischer Texas-Clan«, sagte ich. »Ihr haltet zusammen
wie Pech und Schwefel.«
Er grinste. »Einer für alle, alle für einen. Na, du kennst die
Sprüche. Das hat gewisse Vorteile. Du hast immer jemanden, der in der
Not hinter dir steht und dich stützt. Aber es hat auch Nachteile. Man
kümmert sich um dich, auch wenn du's vielleicht gar nicht willst.«
Ich nickte. »Und weiter?«
»Eigentlich wollte Jack selbst kommen und mit dir sprechen.
Aber er fühlte sich nicht so gut, daß er die Reise antreten konnte.«
»Das tut mir leid«, sagte ich.
Es war aufrichtig gemeint.
»Nichts Ernstes«, winkte Billy ab.
»Weiß Debbie, daß du hier bist?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich will dir sagen, worum es
geht. Ihr Vater will wissen, was eigentlich los ist. Warum gibt es
Streit zwischen dir und Debbie? Ich weiß, das ist eigentlich eure
Sache. Aber …«
»… aber der Clan möchte wissen, warum die Tochter heimgeflogen
kommt.«
»So in etwa. Glaub mir, Tom, ich habe Jack gesagt, daß es
nicht gut ist, wenn man sich in einen Streit zwischen Mann und Frau
einmischt. Aber er war nicht davon abzubringen. Er sagt, wenn die Leute
selbst nicht clever genug sind, ihre Probleme beizulegen, dann muß der
Clan ran, dazu ist er schließlich da.«
»Ist mir eine Ehre. Was willst du wissen? Wenn du meinst, ich
hätte Debbie hier jeden Freitagabend zum Einstieg ins Wochenende grün
und blau gehauen, dann muß ich dich enttäuschen.«
Er grinste. »Das hättest du besser tun sollen. Die Frauen aus
dem Cunningham-Clan …« Er hielt inne. »Was ist los? Debbie
kommt verheult nach Houston zurückgeflogen. Warum?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Anscheinend will sie,
daß ich den ganzen Tag mit ihr in der Wohnung sitze und ihr Händchen
halte. Sie sagt, ich vernachlässige sie. Nun, du weißt ja selbst, was
im Augenblick auf den Bahamas los ist. Hier jagt eine Katastrophe die
andere, da kann ich wirklich nicht den Tag im trauten Heim verbringen.
Hat sie dir von der Sache mit Kayles erzählt?«
»Nein. Wer ist das?«
Ich sagte es ihm. »Ich weiß, daß ich mich wie ein Idiot
benommen habe«, sagte ich, als ich mit meiner Geschichte zu Ende war.
»Aber weißt du, was mich bei dem Streit am meisten verletzt hat?«
»Sag's schon.«
»Ich habe ihr von der Schießerei erzählt, und sie hat sich
nicht einmal erkundigt, ob ich unverletzt geblieben bin.«
»Typisch Debbie«, bemerkte Billy. »Sie denkt immer nur an sich
selbst. Ich hab' ihr das schon so oft gesagt.« Er zuckte die
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