Bahama-Krise
jetzt, Herr Kommissar.«
Er nickte düster. »Ich finde auch, daß es reicht. Kümmern Sie
sich wieder um Ihre Hotels und ums Geldverdienen, Mr. Mangan. Und
lassen Sie Ihre Finger aus Dingen, die nur die Polizei angehen.« Er
hielt inne und musterte mich aus zusammengekniffenen Augen. »Sie
kriegen die Ladung, wenn die Anklage fertig ist«, sagte er. »Wenn ich
an Sie oder Sam Ford noch Fragen habe, lasse ich Sie beide rufen. Für
heute können Sie gehen.«
Als ich Perigords Dienststelle verließ, war ich so
niedergeschlagen, wie ich mich nicht einmal beim Begräbnis von Sue
gefühlt hatte. Perigord hatte seine Worte wie Waffen verwendet. Als
Waffen, gegen die es keinen Schutz gab. Ich wußte, daß er mit jedem
Wort recht hatte. Ich hatte verantwortungslos gehandelt und den Tod
eines Menschen verschuldet. Als Sam mir die Nachricht über Kayles
brachte, hätte ich Kommissar Perigord verständigen müssen. Das Weitere
hätte die Polizei unternommen – und zwar mit mehr Geschick als
ich.
Meine Laune wurde nicht besser, als ich zu Hause anrief. Der
Diener meldete sich.
»Ist meine Frau nicht da?« fragte ich.
»Leider nein, Mr. Mangan.«
»Weißt du, wo sie ist?«
»Sie ist heute früh nach Houston geflogen.«
»Danke, Luke.« Ich ließ den Hörer auf die Gabel sinken. Ich
war allein.
Wenige Tage später zitierte mich Kommissar
Perigord zum Hafen, ins Zollgebäude. Auch Sam Ford war geladen worden.
Das Boot von Kayles war von Duncan Town nach Freetown überführt worden.
Perigord hatte es auf ein Trockendock hieven lassen.
Es sah viel größer aus, als ich es in Erinnerung hatte. Das
lag daran, daß der Rumpf eines Segelbootes zum größten Teil unter
Wasser liegt, nur im Wasser wirkt es schnittig. Das Boot war
ausgeweidet worden, alle Gerätschaften waren auf dem Boden des
Zollschuppens und auf Tischen zu Stapeln aufgehäuft. An jedem
Gegenstand befand sich ein Zettel mit dem Hinweis, an welcher Stelle im
Boot er gefunden worden war. Ich war erstaunt zu sehen, wieviel Dinge
man im Bauch eines Neunmeterbootes unterbringen kann.
Schweigend durchschritten wir die gespenstische Ausstellung,
dann nahm uns Kommissar Perigord in ein verglastes Büro in der Ecke des
Zollschuppens und unterzog uns einem Verhör. Er benutzte ein
Tonbandgerät. Peinlicher noch als die Beschuldigungen, die Perigord
während der Befragung gegen mich vorbrachte, waren die Vorwürfe, die er
an Sam Ford richtete. Peinlich deshalb, weil Sam ohne Gegenwehr die
Schuld auf sich nahm. Er schrieb sich die Schuld am Mißlingen der
ganzen Aktion zu. Und er bezichtigte sich der Schuld am Tode des
Fischers. Hätte er nicht das Messer auf dem Kartentisch liegenlassen,
so sagte er, dann wäre Bayliss noch am Leben.
Es wurde ein zweistündiges Kreuzverhör, nur unterbrochen von
kurzen Einvernahmen der Zollbeamten, die auf Perigords Weisung einen
Gegenstand nach dem anderen in die Glaskabine hereinbrachten. Zum
Schluß brachte Perigord das Band durch einen Druck auf die rote Taste
zum Stehen. Er geleitete uns hinaus zu dem aufgedockten Boot und ließ
sich von Sam den Schäkel zeigen, an dem jener das Boot erkannt hatte.
»Sind Sie bei der Fahndung nach Kayles in irgendeiner Weise
weitergekommen?« fragte ich.
»Keine Fortschritte«, sagte er.
Es klang so, als ob er keinen Wert darauf legte, einem
Psychopathen Einblicke zu gewähren, der sein Wissen dazu benutzte, der
Polizei Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Ich mußte damit rechnen,
daß ich von Perigord künftig nicht mehr erfahren würde als das, was er
auch der geneigten Öffentlichkeit mitteilte, nämlich sorgsam gesiebte
Allgemeinplätze.
»Und was sagen Sie zu den Drogen im Boot?« fragte ich.
»Welche Drogen?« sagte er, mit plötzlich erwachtem Interesse.
»Die Drogen in der Bordapotheke.«
Er rief einen der Zöllner zu sich und bat ihn, die
Bordapotheke hereinzubringen. Das Kästchen wurde auf den Tisch gelegt.
Es war leer.
»Der Inhalt der Bordapotheke ist draußen ausgebreitet«,
erklärte der Zollbeamte.
Wir gingen hinaus und betrachteten die Gegenstände, die auf
einem der Holztische zu einem kleinen Haufen zusammengeschichtet worden
waren. Ich erkannte die Mullbinden, die Schere, die Klammern und die
Tablettenröhrchen, die ich in jener Nacht an Bord des Boots vorgefunden
hatte. Auch die Wegwerfspritzen mit Morphium waren noch da. Aber die
Ampullen mit der gelblichen Flüssigkeit fehlten.
Ich gab Perigord eine Beschreibung. »Es muß Rauschgift gewesen
sein«, sagte ich.
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