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Bahama-Krise

Bahama-Krise

Titel: Bahama-Krise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desmond Bagley
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Mitteilungen durch,
so wie ich sie in der Erinnerung hatte. Ziel des ersten Briefes war es
gewesen, mich nach Houston zu locken. Der zweite Brief enthielt eine
Reihe so komplizierter Anordnungen, daß wir völlig damit beschäftigt
gewesen waren, die Bedeutung dieser Anweisungen zu ergründen. Unsere
Aufmerksamkeit war eingelullt, und das war ganz offensichtlich der
einzige Zweck dieses Briefes gewesen. Die Entführer hatten uns
reingelegt.
    Und das zum zweitenmal. Eines war sicher. Den Cunninghams
mußte jetzt der Schaum vor dem Mund stehen. Daß ein Sproß des
Cunningham-Clans entführt wurde, war schon schlimm genug. Aber daß der
Clan beim Austausch aufs Kreuz gelegt wurde, das setzte der
Ungeheuerlichkeit die Krone auf. In diesem Augenblick mußte es im
Cunningham-Gebäude zugehen wie in einem Nest aufgestörter
Klapperschlangen. Billy I. und sein Sohn würden Himmel und Hölle in
Bewegung setzen, wobei man der Hölle im Zweifelsfall den Vorrang
gewähren würde. Vielleicht würde man jetzt sogar die Polizei in die
Sache hineinziehen. Was Debbie und mir, wie die Dinge standen,
allerdings überhaupt nicht helfen konnte.
    Überhaupt: Was war aus Debbie geworden? Wurde sie im gleichen
Gebäude gefangengehalten wie ich? Und wenn nicht, wo war sie? Trotz des
gelungenen Frühstücks fühlte ich, wie sich die Frustration meiner
bemächtigte. Es gab einen beklagenswerten Mangel an Informationen. Und
nach den gemachten Erfahrungen sah es nicht so aus, als ob die
Gegenseite Wert darauf legte, an diesem Zustand etwas zu ändern.
    Zum drittenmal ging ich zum Fenster. Kein Mensch war zu sehen.
Ich rüttelte an den Gitterstäben. Sie waren unverrückbar in Beton
eingelassen und bestanden aus daumendickem Stahl.
    Ein metallisches Geräusch ließ mich zusammenfahren. Der Mann,
der eingetreten war, trug Jeans und ein kariertes Hemd, das er bis zum
Gürtel aufgeknöpft hatte. Er hielt eine doppelläufige Schrotflinte in
der Hand, deren Mündung auf meinen Bauch gerichtet war. Er trat zur
Seite, wie um die Tür wieder freizugeben. »Aufs Bett!« ordnete er an
und unterstrich den Befehl mit einem Schwenken der Waffe.
    Wie ein Scherenkrebs bewegte ich mich seitlich auf das Bett zu
und setzte mich auf die Kante. Mir fiel auf, daß das Modell der auf
mich gerichteten Waffe einem Armeegewehr ähnelte.
    Ein zweiter Mann kam durch die offengelassene Tür in den Raum.
Er trug einen leichten Anzug und sah aus wie ein Handlungsreisender im
amerikanischen Süden. Nichtssagendes Gesicht, kein Ausdruck, keine
Besonderheiten. Ein Typ aus dem Versandhauskatalog, wo jedes Jahr die
gleichen leeren Gesichter erscheinen und vor den gleichen Palmen den
gleichen Ramsch anbieten. Ich hatte diesen Mann noch nie in meinem
Leben gesehen.
    »Guten Morgen, Mr. Mangan. Ich hoffe, Sie hatten eine
angenehme Nacht. Wie ist das Befinden?«
    Kein Handlungsreisender im amerikanischen Süden, dachte ich,
ein Engländer. »Wo ist meine Frau?« sagte ich.
    »Alles nach der Reihe.« Er deutete auf den Mann, der neben ihm
stand. »Dieser Typ da hat ein Gewehr, das sich bei der Großwildjagd
bewährt hat. Gehen wir einmal davon aus, daß Sie auch kein dickeres
Fell haben als ein Nashorn oder ein Elch. Jedenfalls kann er innerhalb
von fünf Sekunden dreißig Schüsse abgeben. Er könnte Sie mit der groben
Schrotladung zum Beispiel sauber in zwei Teile sägen.«
    »Innerhalb von zwei Sekunden«,
verbesserte ihn der Mann mit dem Armeerevolver.
    Ich dachte über den Akzent nach, den der Versandhaustyp
gesprochen hatte. Zunächst war er mir wie ein Engländer vorgekommen.
Aber da war noch ein anderer Beiklang, dessen Herkunft ich nicht zu
bestimmen vermochte.
    »Wo ist meine Frau?« wiederholte ich meine Frage.
    »Ihrer Frau geht es gut«, meinte er knapp.
    »Wo ist sie? Hier?«
    Er hob die Schultern. »Warum soll ich es Ihnen nicht sagen?
Jawohl, sie ist hier.«
    »Beweisen Sie mir das. Ich will sie sehen.«
    Er brach in Lachen aus. »Mein lieber Mr. Mangan, Sie sind
wirklich nicht in der Lage, wo man Forderungen stellen kann. Sätze, die
mit ›ich will‹ anfangen …« Er schnalzte tadelnd mit der Zunge.
»Obwohl …« Er dachte einen Augenblick nach. »Warum eigentlich
nicht, mein guter Freund? Ich werde Ihnen Ihre Frau zeigen, sobald wir
unsere kleine Begrüßung hier hinter uns haben. Wie ich sehe, sind Sie
ausgeschlafen, und das Frühstück hat geschmeckt.« Sein Blick wanderte
über das leergegessene Tablett. »Keine Nachwirkungen von der kleinen
Sonderbehandlung,

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