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Bahama-Krise

Bahama-Krise

Titel: Bahama-Krise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desmond Bagley
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Engländer, etwas in
seiner Aussprache verriet ihn. Auf den Bahamas achten wir nicht so sehr
auf solche Nuancen. Aber von meinem Studium auf dem College in England
wußte ich, wie ernst die Engländer selbst solche Nuancen nehmen.
Robinson war kein waschechter Engländer, auch wenn er als Decknamen
einen englischen Romanhelden gewählt hatte.
    Während ich über die geheimnisvolle Herkunft meines Entführers
nachdachte, unterzog ich mein Gefängnis einer genaueren Betrachtung.
Die Wände bestanden aus großen Ziegelblöcken, deren Fugen grob verputzt
worden waren. Dann hatte man die Wand gekalkt. Es gab keine eingezogene
Zwischendecke. Der Blick ging bis zum Satteldach, das aus einem
hölzernen Dachstuhl und verrosteten Eisenplatten bestand. Das Verlies
hatte nur eine Tür, jenen Ausgang, durch den die beiden soeben
verschwunden waren.
    Was die Möglichkeit einer Flucht betraf, so war gegen die
massiven Ziegelwände so gut wie nichts auszurichten. Ich hatte nicht
einmal eine Gürtelschnalle, mit der ich die Fugen vergrößern konnte.
Die Entführer hatten mir wohlweislich nur ein Holzmesser überlassen,
als sie mir das Frühstück hinstellten. Sie hatten Grips. Wie Robinson
gesagt hatte, es handelte sich um Personen, die nicht mehr mit dem
Faustkeil hantierten.
    Ich betrachtete die einfach gezimmerten Möbelstücke.
Vermutlich war ich irgendwo auf dem Lande. Stuhl und Tisch waren
mittels verleimter Zargen ineinandergefügt. Sie enthielten keinen
einzigen Nagel.
    Nicht, daß ich zu diesem Zeitpunkt schon konkrete Fluchtpläne
gewälzt hätte. Ich war ganz einfach dabei, mich umzusehen. Das Dach
fesselte meine Aufmerksamkeit, hier lag vermutlich die schwache Stelle,
wo ein Entkommen möglich war. Dann hörte ich, wie der Schlüssel im
Schloß umgedreht wurde.
    Ich blieb auf dem Bett sitzen und wartete auf die Dinge, die
da kommen würden.
    Es war Debbie. Sie wurde in den Raum gestoßen, dann schloß
sich die Tür wieder. Wir waren allein. Sie starrte mich an, als
erblickte sie eine Erscheinung. »Tom!« Im nächsten Augenblick lag sie
in meinen Armen und weinte. Ihre Tränen netzten die schöne Inschrift
auf meinem T-Shirt.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich beruhigt hatte. Sie
war erleichtert und bedrückt zugleich. Und sie verspürte
Gewissensbisse, daß sie mich verlassen hatte. Als ihr klargeworden war,
daß ich ebenso gefangen war wie sie, verfiel sie in stumpfes Brüten.
»Wie kommst du hierher? Nach Texas, meine ich?« fragte sie.
    »Sie haben einen Köder ausgelegt«, antwortete ich, »und ich
bin auf den Köder reingefallen. Der Köder warst du. Wir sind alle drauf
reingefallen, ich und deine ganze Familie.«
    »Wie geht es denen?«
    »Den Umständen entsprechend. Du wirst verstehen, daß die sich
große Sorgen machen.«
    Es gab ein paar Dinge, die ich Debbie nicht erzählen würde.
Ich wollte ihr unter keinen Umständen sagen, daß ihr Vater in der
Aufregung über die Entführung einen Herzanfall erlitten hatte.
    »Wie haben sie dich eigentlich geschnappt?« fragte ich sie.
    »Auf der Main Street in Houston«, sagte sie. »Ich weiß nur
noch, daß ich die Schaufenster betrachtete. Als ich aufwachte, war ich
hier.«
    Wahrscheinlich hatte Robinson sein NATO-Spielzeug verwendet.
Dem nachzuspüren, war jetzt nicht weiter wichtig.
    »Weißt du, wo wir hier sind?« fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Irgendwo in der Nähe
der Küste, denke ich.«
    Ich löste ihre Arme aus der Umarmung, stand auf und
betrachtete sie aus ein paar Schritten Entfernung. Aus einem der
Modegeschäfte auf der Houstoner Main Street war das Kleid nicht, was
sie trug. Es paßte in seiner kargen Schönheit zu meinen Jeans und
meinem T-Shirt. Soweit ich sehen konnte, trug sie keinerlei
Unterkleidung. Die Spitzen ihrer Brüste zeichneten sich auf dem Stoff
ab.
    »Sag mal, Gänseliesel, haben die dir eigentlich schon gesagt,
warum sie dich entführt haben?«
    »Gänseliesel?« wiederholte sie verlegen. Ich lächelte und hob
das Kinn in Richtung ihrer Brüste. Sie bedeckte ihren Busen mit den
Händen.
    »Sie haben mir meine Kleider weggenommen, Tom.«
    »Mir auch.«
    »Ich muß schlimm aussehen, gib's zu.«
    »Ich sehe dich ganz gern so. Warum ziehst du das nicht öfter
an?«
    Sie sah zu mir auf und errötete. Wir schwiegen. Plötzlich
begannen wir beide zur gleichen Zeit zu sprechen. Ich verstummte.
    »Ich habe mich wie ein Kind benommen, Tom«, sagte sie.
    »Sprich jetzt nicht davon«, entgegnete ich. »Sag mir

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