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Bahama-Krise

Bahama-Krise

Titel: Bahama-Krise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desmond Bagley
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hochzukommen, bevor er einen
zweiten Schuß abgeben konnte. Aber es gab keinen zweiten Schuß mehr.
Als ich hochblickte, sah ich, daß mein Katapult Earls Hirnschale
zertrümmert hatte, so wie man mit einem schweren Löffel die Spitze
eines Hühnereis eindrückt. Ich schaute hinter mich, der Schuß aus Earls
Doppelflinte hatte das Bett zerfetzt.
    Ich hatte keine Zeit zu verlieren. Debbies Schreie draußen
wurden
schwächer, dumpfe Stöße waren zu hören. Mit einem Ruck öffnete ich die
Tür und stolperte beinahe über einen Mann, den ich bis dahin noch nicht
zu Gesicht bekommen hatte. Er starrte mich an wie einen Geist und hob
die Pistole. Meine Rechte schoß vor, und die Spitze meines tönernen
Dolches grub sich in seinen Bauch. Ich riß die Waffe mit aller Kraft
nach oben und hörte, wie er die Luft aus den Lungen preßte. Wie
erstaunt sah er an sich herunter. Die Pistole entglitt seiner Hand. Er
brachte beide Hände an seinen Bauch und drückte sie auf die Eingeweide,
die aus der Bauchdecke hervorquollen.
    Ich rannte an ihm vorbei. Den blutigen Dolch ließ ich fallen,
zugleich ergriff ich mit der Rechten die Schrotflinte, die ich in der
Linken gehalten hatte. Und dann sah ich, daß ich einen entscheidenden
Fehler gemacht hatte. Ich hatte mit drei Gegnern gerechnet. Aber dort
standen viel mehr. Ein gutes Dutzend, wie ich im Bruchteil einer
Sekunde abschätzen konnte. Wie in einem entsetzlichen Traum erkannte
ich einen staubigen Dorfplatz, der von ein paar Baracken umgeben war.
Die Männer rannten auf mich zu, ein bellender Köter lief ihnen voraus.
    Ein Schuß ertönte. Ich hob meine Flinte und drückte ab.
Nichts. In
dem zweiten Lauf steckte keine Patrone. Wieder wurde ein Schuß auf mich
abgegeben. Ich duckte mich und rannte mit letzter Kraft auf das kleine
Gehölz zu, das am Rande des Platzes zu erkennen war.
    Ich rannte um mein Leben. Und ich spürte zugleich, daß ich
nicht
mehr leben wollte. Nicht nach dem, was diese Männer mit Debbie gemacht
hatten.

Siebzehntes
Kapitel
    S ie jagten mich, bei Gott, sie jagten mich
wie ein waidwundes Wild. Mein Nachteil war, meine Verfolger waren
ortskundig, ich nicht. Hinzu kam, daß ich diese Art von Gelände nicht
erwartet hatte. Es war ganz anders, als ich mir Texas vorgestellt
hatte. Keine trockene Ebene, sondern schwüler, stickiger Sumpf, mit
morastigen Wasserläufen und tückischen Luftwurzeln. Ich wußte nicht,
was es hier für Tiere gab und wie ich sie jagen konnte, um mich am
Leben zu erhalten. Andererseits, so sagte ich mir, konnte ich froh
sein. Wäre es das Texas gewesen, das ich aus den Wildwestfilmen kannte,
dann hätte ich keine Chance gehabt. Aber hier gab es keine offenen
Flächen. Das Gelände war ein einziges Versteck.
    Zu Anfang lief ich einfach drauflos, um möglichst viel Strecke
zwischen mich und die Verfolger zu bringen. Ich achtete nicht auf die
Richtung. Im Lager, aus dem ich entwichen war, würde jetzt Verwirrung
herrschen. Sie würden Earl finden, mit zerschmettertem Hirn. Und den
Unbekannten, den ich aufgeschlitzt hatte. Und wenn ich die menschliche
Natur richtig einschätzte, würden sie wertvolle Zeit vergeuden, um über
den Hergang des Geschehens Vermutungen anzustellen. Minuten, die mir
das Leben retten konnten. Während ich durch das Sumpfgelände
vorwärtshastete, versuchte ich die Gedanken an Debbie zu verdrängen.
Immer noch hatte ich die Hoffnung, daß sie lebte. Wenn ich jetzt
aufgab, konnte ihr das wenig helfen. Ich mußte durchhalten, wenn ich
sie retten wollte. War ich zu langsam, dann würden sie mich aufspüren.
Nachdem ich zwei ihrer Männer umgebracht hatte, würden sie keine
Nachsicht kennen. Fraglich war eigentlich nur, ob sie mich zu Tode
foltern oder mit einem Schuß auslöschen würden.
    So rannte ich durch das merkwürdige Gelände, mit schmerzenden
Lungen und Füßen, die allmählich gefühllos wurden. Wenn das Unterholz
mich zwang, langsamer zu laufen, atmete ich auf, voller Dankbarkeit für
die Hindernisse, die der Zufall mir in den Weg stellte. Ich hatte immer
gedacht, ich sei körperlich noch einigermaßen fit. Jetzt erlebte ich,
daß ich mich geirrt hatte.
    Die Kleidung, die mir meine Entführer verpaßt hatten, war auch
nicht das, was die Männermagazine für das Leben in der Wildnis
vorschrieben. Das T-Shirt ging zu Fetzen, als ich stolperte und in
einem Dornbusch hängenblieb. Fluchend machte ich mich frei. Meine Arme
bluteten. Die Slipper, die ich trug, versanken bei jedem Schritt im
sumpfigen Boden, und einer,

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