Bahnen ziehen (German Edition)
ich sie mit zu Barneys, um einen 400-Dollar-Gutschein für ein umgetauschtes Hochzeitsgeschenk einzulösen. Es soll eine Hommage an unsere Einkaufsbummel durch die Malls und über die Flohmärkte in Mississauga sein, und ich will ihr etwas Luxuriöses, Schönes, etwas Unvernünftiges und lächerlich Teures kaufen.
Wir beginnen in der Kosmetik- und Parfumabteilung im Untergeschoss, wo wir versuchen, ihr Lieblings-Make-up zu finden.
Am ersten Tresen, dem wir uns nähern, betupft die Verkäuferin die Wangen meiner Mutter mit verschiedenen Hauttönen. Ich sehe eine Fliege auf der Schulter meiner Mutter und scheuche sie von ihrem Mantel. Während die Verkäuferin im Lager nachsieht, ob sie den richtigen Ton da haben, schlendern wir an den Vitrinen vorbei, sehen uns Lippenstifte und Duftkerzenan. Meine Mutter hat die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Die Verkäuferin kommt mit leeren Händen zurück und versucht, meine Mutter davon zu überzeugen, dass sie eigentlich einen anderen Hautton habe, einen, der zu einem Produkt passt, das sie auf Lager haben. Aber meine Mutter will nichts davon wissen. Stolz steuere ich mit ihr den nächsten Tresen an. Hier bittet sie ein gut gelaunter Mann, Platz zu nehmen, und schminkt sie, trägt auf eine Wange einen Rosaton auf und auf die andere einen Ton, der mehr ins Oliv geht. Außerdem verwendet er Undereye-Concealer, Rouge und Lippenstift. Meine Mutter mustert ihr Gesicht im Spiegel, entscheidet sich für den Rosaton und lehnt mein Angebot ab, ihr auch den Concealer, das Rouge und den Lippenstift zu kaufen.
Wir nehmen die Rolltreppe ins Erdgeschoss zu den Accessoires. Meine Mutter sieht sich ein paar Dinge an – ein Stirnband aus Nerz, einen Kapuzenschal aus Kaschmir, ein Paar pelzgefütterte Handschuhe –, aber nachdem ihr Blick auf das Preisschild gefallen ist, schüttelt sie den Kopf. Ich bitte sie, zum Maßstab zu nehmen, was ihr gefällt, nicht, was sie sich leisten kann. Sie zuckt die Schultern, und ihr Blick wandert von italienischen Socken zu Fäustlingen, zu einer Handtasche. Wir fahren nach oben in den ersten Stock zu den Designer-Kollektionen. Sie streicht mit dem Finger über die Teile, die ihr ins Auge fallen, dreht die Preisschilder um und flüstert ungläubig, was daraufsteht. In der nächsten Etage frage ich sie, ob ihr irgendwas gefällt. »Ich weiß es, wenn ich es sehe«, sagt sie. Sie berührt die Schultern der Woll- und Baumwollstrickwaren an den Stangen. Auf der nächsten Rolltreppe ziehe ich ihr ein Preisschild aus dem Haar, das hängen geblieben sein muss, alssie das Nerz-Stirnband anprobierte: 675 Dollar. Jetzt mache ich große Augen.
In der Schuhabteilung bestaunt sie ein turmhohes türkises Paar, clownesk und übertrieben. Ich ermutige sie, ein Paar schlichte flache Chanel-Schuhe anzuprobieren, wie meine, die sie sich heute ausgeliehen hat. Sie sieht nach dem Preis. »Nein, nein, die gefallen mir nicht.«
In einer anderen Etage zeige ich ihr ein paar von meinen Lieblingsdesignern. Fantasievolle Pullover, raffinierte Details, ein schöner Pyjama. Sie sieht sich um, schielt nach den Preisschildern, lässt die Hand sinken.
Langsam werde ich ungeduldig. Ich erinnere sie daran, dass sie sich aussuchen kann, was sie will, dass uns die 400 Dollar praktisch zugeflogen sind, damit wir sie ausgeben. Während ihre Blicke anerkennend von Modepuppe zu Modepuppe wandern, leugnet sie, irgendetwas haben zu wollen.
Im obersten Stock schlage ich vor, dass wir den Rest des Make-ups kaufen, das sie ausprobiert hat, doch dann gibt sie plötzlich zu, dass sie einen grauen Pullover gesehen hat, der ihr gefallen hat; sie erinnert sich nur nicht, wo er hing. Wir gehen Etage für Etage durch, auf der Suche nach dem grauen Pullover, schauen in allen Ecken nach, betasten Ärmel und streichen sie wieder glatt. Ich muss daran denken, wie meine Mutter Derek und mich einmal zu einem Pelzhändler mitgenommen hat, als ich vielleicht acht war. Während sie sich nach dem Mantel erkundigte, den sie angezahlt hatte, gingen Derek und ich die Kragen und Schöße aus Eichhörnchen, Waschbär und Nerz durch, verdrehten die Augen, streichelten die leeren Ärmel und gurrten: »O wie weich, o wie weich ...« Ich versteckte mich inder Mitte der ringförmigen Kleiderständer und drückte das Gesicht in die Pelze.
Als wir wieder das Erdgeschoss erreichen, haben wir den Pullover immer noch nicht gefunden. Meine Mutter sieht sich bei den Hüten und Handschuhen um, als hätte sie etwas
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