sich in
dieser bürgerkriegsnahen Situation eine «Kritische Islamkonferenz» mit
Giordano als Galionsfigur. Ulfkotte, der Retter des Abendlands, bestieg das
Podium zum Zorn vieler seiner Anhänger gemeinsam mit den radikalen Säkularisten
des «Zentralrats der Ex-Muslime». Er verließ den Verein Pax Europa, der sich
mit den im Bundesverband der Bürgerbewegungen e. V. vereinten Moscheegegnern
zusammengeschlossen hatte, im Dezember 2008.
Die Gründungsversammlung von Pax Europa hatte im März 2007
in Wetzlar stattgefunden, wo der Verein bis heute seinen Sitz hat. Wie der
«Wetzlar Kurier» berichtete, war der Vereinszweck der Schutz der «Werte des
christlich-jüdischen Europa» unabhängig von allen «Partei- und Konfessionsgrenzen».
Der CDU-Kreisvorsitzende Irmer begrüßte die Vereinsgründung und zitierte sich
im «Wetzlar Kurier» mit den Worten: «Ich meine, es wird Zeit, dass wir uns
trauen, unsere Überzeugungen kund zu tun - auch wenn dies nicht immer als
gilt.» Im April 2007 kündigte die Deutsche Zentrumspartei
an, Ulfkotte werde bei den Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft auf Platz 2 der
Landesliste antreten. Die Splitterpartei, die die große Tradition der Partei
des politischen Katholizismus in Deutschland fortzusetzen beansprucht,
verhandelte damals mit der Partei Bibeltreuer Christen über eine Fusion.
Ulfkottes Name stand am 5. März 2008
nicht auf der Liste, als die Zentrumspartei 646 Stimmen (0,1 Prozent) erhielt. So sind die Islamkritiker,
die in Deutschland nach politischer Macht gegriffen haben, bislang alle
marginal geblieben. Ihre Parolen haben unterdessen das Land und die Hauptstadt
erobert.
Das Ohr am Volk
Dem «Wetzlar Kurier» ist im Jahr 2010 der Stoff nicht
ausgegangen. Er dokumentierte die «Privilegien für Migranten», stellte dar,
dass «Schüler aus islamischen Ländern» dem «Lernklima» schadeten, sprach
Sarrazin den Dank Mittelhessens aus und referierte nach dem Erscheinen von
«Kein Schwarz. Kein Rot. Kein Gold» Ulfkottes Berechnungen der Kosten der
Einwanderung. Die aus einer Kölner türkischen Familie stammende Schauspielerin
Sema Meray, Nebendarstellerin in der «Lindenstraße», hielt auf Einladung der
CDU Lahn-Dill einen Vortrag und rief «zum Ende der Toleranz auf - zumindest der
Toleranz, wie wir sie bisher verstehen». Ein anderer Experte informierte über
die Grundlagen der muslimischen Religion: Allah ist «einer von 99
Wüstengeistern aus der arabischen Mythologie». Die Aufmerksamkeit, die die
Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig dem Problem jugendlicher
Berufsverbrecher aus libanesischen Clans verschaffte, inspirierte Irmers
Poetenfreund zu einem Gedicht über einen «Kinder-Dealer», das in der
Aufforderung gipfelte: «Schützt uns vor solchen Emigranten, / entfernt die
Drogen-Asylanten.» Trotz geringerer Kriminalitätsquote nicht erfreulicher, da
näher, waren die Zustände auf dem Volksfest in einem Wetzlarer Stadtteil, das
den Dichter eine «Völker-Schlacht» ausmalen ließ: «Un bei der Osmanen-Kirmes /
ab und zu ein Mensch aus Girmes.» Im Juli sah der «Kurier» schon den Tag
kommen, an dem «auch der letzte Idealist aus dem
erwachen» werde. Im Oktober kam der Schock: Der letzte Idealist war im Sommer
ins Schloss Bellevue eingezogen. Die meisten Muslime, musste ein Bürger
Wetzlars dem Bundespräsidenten auseinandersetzen, leben «nach wie vor in einer
mit eigener Kultur in eigenen Wohnghettos». Es sei
ein «Trugschluss» zu glauben, «mit mehr Bildung» Muslime «zu guten deutschen
Demokraten zu können». Zwingend folgt: «Der Islam kann und
darf nicht zu Deutschland gehören.»
Nach dem Karlsruher Bundesparteitag der CDU im November
2010 äußerte sich Hans-Jürgen Irmer hochzufrieden über den Kurs der
Parteivorsitzenden und Bundeskanzlerin. «Erfrischend klar» sei die Rede Angela
Merkels gewesen, vollkommen richtig sei ihre Forderung, das «C» im Parteinamen
zu stärken. Der Einsatz für die christlich-abendländische Kultur sei dringend
notwendig, damit man «auf Augenhöhe» mit Muslimen diskutieren könne. Nun
müssten die Beschlüsse der Bundesregierung zeigen, was vom «Schwung» des
Parteitags bleibe. Der Umgang mit «Integrationsverweigerern» und der Übergang
zum «Nullzuzug» ins Sozialsystem waren für Irmer die «entscheidenden Punkte».
Wenn die Politiker das Wort «Integrationsverweigerer» aussprechen, dann
beschwören sie damit auch die