Bahners, Patrick
politische Öffentlichkeit: Pure Bosheit war
hier am Werk, die Bigotterie des fanatisch guten Gewissens; es sollte gerade
ein mutiger Exponent des Dialogs und der Verständigung getroffen werden, weil
es nach Ansicht der Islamhasser keinen Dialog geben darf.
Das Portfolio der ideologischen Investitionen Pamela
Gellers ist für jedermann einsehbar. Sie stellt ihre Vorurteile zur Schau wie
andere Leute ihren Reichtum: Diese ins Selbstparodistische gesteigerte, schrille
und knallbunte Selbstsicherheit ist ihr kultureller Triumph über die Halbherzigkeiten,
Grauwerte und Zwischentöne des liberalen Relativismus. Ihre geschmacklosen
Aktionen und abstrusen Äußerungen sind Legion. Wir haben es mit einer Frau zu
tun, die Barack Obama ein Verhältnis mit einer drogensüchtigen Prostituierten
andichtet, die Elena Kagan, Richterin am Obersten Gerichtshof und Jüdin, in
eine NS-Uniform steckt, weil sie in ihrer Abschlussarbeit in Princeton Werner
Sombart zitiert hat, eine Frau, die den Abriss des Felsendoms verlangt, weil
er am Ort des Tempels steht, und die Freiheit für Radovan Karadzic fordert,
weil das Massaker von Srebrenica ein vertuschter Massenselbstmord nach
klassischem islamischen Muster gewesen sei. Und diese Frau ist regelmäßiger
Gast in den Nachrichtensendern: Dort behauptet sie dann, die «Megamoschee» am
Ground Zero solle am ii. September 2011 eröffnet werden und Präsident Obama
habe nach der Verstaatlichung mehrerer Banken ein Seminar über Geldpolitik
nach den Vorschriften der Scharia veranstaltet. Pamela Geller sei eine
Witzfigur, eine Verrückte, ein Freak, bekommen besorgte Liberale von
entspannten Liberalen zu hören. Sie solle ihre eigene Fernsehshow bekommen,
dann werde sie die Glaubwürdigkeit des Konservatismus zerstören. Aber im
Universum der Islamkritik führen von jedem Punkt kurze Wege zum «lunatic
fringe».
Als SIOA am 11. September 2010 am Ort des Massenmords eine
Demonstration gegen den Moscheebau abhielt, war der niederländische
Parteigründer Geert Wilders einer der Redner. Über Video wurde John Bolton
zugeschaltet, Botschafter bei den Vereinten Nationen unter George W. Bush.
Drei Jahre vorher hatte SIOE in Brüssel demonstrieren wollen. Die Deutschen
rief Udo Ulfkotte zur Teilnahme auf, in seiner Eigenschaft als «Gründer und
Präsident des gemeinnützigen Vereins Pax Europa e. V./SIOE Deutschland». Unter
Verweis auf Gerichtsurteile und Sozialstaatsgesetze beschrieb er die
Bundesrepublik als einen Staat, in dem die Machtübernahme des Islam schon weit
fortgeschritten sei: «Deutschland passt sich unterwürfig den demografisch
immer stärker werdenden muslimischen Bevölkerungsgruppen an. Nicht diese müssen
sich an die europäischen Werte, sondern wir uns den islamischen Wünschen
anpassen.» Ulfkotte nahm den historischen Vergleich auf, den Broders
Bestseller «Hurra, wir kapitulieren» populär gemacht hatte: «Wir verhalten uns
wie einst jene Appeasement-Politiker, die den Nationalsozialisten um Adolf
Hitler stets Verhandlungen anboten und glaubten, damit die Wahnsinnigen beschwichtigen
zu können.» Das Motto der Kundgebung sollte lauten: «Genug ist genug! Keine
Scharia hier! Demokratie statt Theokratie!»
Der Bürgermeister von Brüssel verbot die Demonstration.
Ulfkotte wollte sie nach Köln verlegen. Als Hauptredner präsentierte er den
Schriftsteller Ralph Giordano, der seine Autorität als Überlebender, Zeitzeuge
und Deuter des Holocausts in die Waagschale der Debatte über den Moscheebau in
Köln-Ehrenfeld geworfen hatte.
Da auch die flämischen Rechtsnationalisten der Partei
Vlaams Belang und die extremistische Wählergemeinschaft Pro Köln zur Teilnahme
aufriefen, sagten Giordano und Ulfkotte die Demonstration ab. Die
Übereinstimmung in den islamkritischen Grundaussagen machte die ostentative
politische Abgrenzung dringlich. Um den ii. September des folgenden Jahres kam
es am selben Ort zu einer Wiederaufführung des Eiertanzes. Ein
«Anti-Islamisierungskongress» europäischer Rechtsparteien in Köln, auf dem Jean
Marie Le Pen und der Vorsitzende der FPÖ sprechen sollten, rief eine breite
Gegenbewegung auf den Plan. Der christdemokratische Oberbürgermeister Fritz
Schramma, ein Befürworter der vom Architektenbüro der Kirchenbauerdynastie Böhm
geplanten Moschee, stellte das Demonstrationsrecht der rechtsextremen
Minderheit hinter den politischen Willen zurück, die Bürgerschaft solle ein
Zeichen gegen Fremdenhass setzen. Als «dritte Kraft» präsentierte
Weitere Kostenlose Bücher