Bali Lombok
ostjavanischen Eindringlinge sich selbst den drei hohen Kasten
(Triwangsa)
zugeteilt, während die Balinesen, obwohl deutlich in der Überzahl, zu den
Sudra
oder
Jaba
, der unteren Kaste, erklärt wurden. Die Zugehörigkeit zu einer der drei hohen Kasten richtete sich nach Beruf, Ausbildung und sozialer Stellung. Schriftgelehrte und Priester bildeten die Brahmana -Kaste, deren Namen mit Ida Bagus (männlich) oder Ida Ayu (weiblich) beginnen. Politisch Mächtige, Fürsten und Prinzen gehörten zur Ksatriya -Kaste, mit Titeln wie Anak Agung, Cokorda oder Dewa. In der Wesya -Kaste schließlich fasste man hochrangige Krieger und reiche Händler zusammen, deren Namen mit Gusti oder Ngurah beginnen. Das Haus eines Brahmanen wird
Griya
genannt, eine
Wesya
-Familie wohnt in einem
Jero
. Angehörige der
Ksatriya
-Kaste leben für gewöhnlich in einem
Puri
, einem Palastkomplex, in der Nähe eines Dorfes, dessen Bauern in vergangenen Feudalzeiten die Bewohner des Palastes mit Lebensmitteln und Arbeitskräften zu versorgen hatten.
In der heutigen Zeit sind die Unterschiede zwischen den Kasten längst nicht mehr so stark ausgeprägt wie früher. Eine Heirat zwischen Angehörigen verschiedener Kasten ist durchaus möglich, wenn auch immer noch eine Ausnahme. In den
Banjar
-Versammlungen ist von einem Kastensystem nicht viel zu spüren, denn alle Beteiligten haben den gleichen Status. Heutzutage trifft man
Brahmana
-Taxifahrer und
Ksatriya
-Barkeeper ebenso häufig wie
Sudra
-Universitätsprofessoren und
Sudra
-Regierungsbeamte.
Allerdings findet das Kastenwesen noch heute seinen Ausdruck im Gebrauch der balinesischen Sprache oder besser: der balinesischen Sprachen. Grundsätzlich gibt es nämlich zwei verschiedene balinesische Sprachen : Die gewöhnliche oder niedere Sprache gehört zur malayo-polynesischen (austronesischen) Sprachfamilie. Das Hochbalinesische, die Sprache der
Triwangsa
, hingegen ist eine altjavanische Hofsprache, die sich aus dem Sanskrit ableitet.
Kurioserweise wird von einem Angehörigen der niederen Kaste erwartet, dass er einen Angehörigen der höheren Kaste höflich und respektvoll in der Hochsprache anredet, hingegen bedient sich dieser gegenüber Mitgliedern der unteren Kaste der niederen Sprache. Theoretisch muss ein Balinese immer die Sprache seines Gegenübers gebrauchen. Redet also ein Mitglied der niederen Kaste einen Herrn aus der oberen Kaste an, muss er die höhere Sprache benutzen. Da viele Leute der unteren Kaste abernie Gelegenheit hatten, die Hochsprache zu erlernen, setzt sich mehr und mehr eine „mittlere“ Sprache durch, ein Gemisch aus der hohen und der niederen Sprache, die ebenfalls als höflich gilt und die häufig zwischen Fremden gebraucht wird, bevor sie die Kastenzugehörigkeit ihres Gesprächspartners festgestellt haben. Um Peinlichkeiten zu vermeiden, können die Balinesen auch immer auf die Amtssprache Bahasa Indonesia zurückgreifen. In den Schulen wird sowieso nur noch Indonesisch gesprochen. Alle Schüler, egal welcher Kaste, sitzen, lernen und spielen zusammen.
Abgesehen von der Sprache wird ein
Sudra
seinen Respekt vor einem Angehörigen der höheren Kasten auch in der Sitzordnung zum Ausdruck bringen, indem er sich immer etwas niedriger platziert als ein
Brahmana
,
Ksatriya
oder
Wesya
. Dies gilt vor allem bei einem Besuch im Hause eines
Pedanda
, eines hohen Priesters der
Brahmana
-Kaste. Sitzt der
Pedanda
auf einem Stuhl, muss sich ein
Sudra
immer auf dem Fußboden niederlassen. Sollte es sich der
Pedanda
auf einer Matte auf seiner Veranda bequem machen, werden sich alle anderen auf die Stufen vor der Veranda setzen.
Der Hahnenkampf
Noch vor Sonnenaufgang erwacht das balinesische Dorf mit dem rauen, durchdringenden Krähen der allgegenwärtigen Kampfhähne. Während die Frauen die Innenhöfe vor ihren Häusern fegen oder mit Krügen und Eimern zum Wasserholen gehen, kümmern sich die Männer um ihre Lieblinge. Die Hähne werden gestreichelt, herumgetragen und nach dem sorgfältigen Füttern unter umgestülpten, glockenförmigen Körben in Reihen an den Rand der Dorfstraße gesetzt, damit sie sich am geschäftigen Treiben im Dorf ergötzen können und sich nicht langweilen.
Rituelle Bedeutung Wie fast alles auf Bali ist auch der Hahnenkampf ein Bestandteil der allumfassenden Religion. In ihm leben vorgeschichtliche Glaubensvorstellungen fort, namentlich die Tieropfer der Megalithkultur. Bei vielen Völkern gilt vergossenes Hahnenblut als ein Mittel zur
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