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Balkan Blues

Balkan Blues

Titel: Balkan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Sudan?«
    »Khartum.«
    »Stiehl mir nicht die Zeit. Warte erst mal ab.«
     
    »Hast du Totogewinn geholt, Gorgakis, mein Freund?«
    »Welchen Gewinn? Das Kleingeld, willst du sagen. Das habe ich heute früh abgeholt.«
    »Dann gib mir meine Zehntausend.«
    »Welche Zehntausend?«
    »Die Zehntausend vom Toto.«
    »Also wie jetzt, Basir?! Ich habe den Totoschein aus meiner Tasche bezahlt, ich habe ihn abgegeben. Und da soll ich dir die Hälfte abgeben? Aber woher denn? Ich bin doch nicht blöd!«
    »Ich dir gesagt, du gibst mein Anteil und ich dir geben, wenn ich Geld bekomme.«
    »Was soll denn das: Du gibst und ich dir geben? Ich habe den Totoschein abgegeben, und ich habe ihn zur Gänze aus meiner Tasche bezahlt. So ist es und nicht anders. Was habe ich im Endeffekt denn gewonnen, um dir auch noch was davon abzugeben? Zwanzig lausige Tausender. Den Toyota Verso kann ich vergessen und muß mich mit einem mickrigen Nissan Mikra begnügen, und nach der Stereoanlage reicht das Geld nicht mehr für das Heimkino, das muß ich dann in fünf Raten abstottern.«
    »In Ordnung. Ich dir geben jetzt sofort Geld für Toto.«
    »Kannst du machen. Für den nächsten Totoschein.«
    »Wieso nächste?«
    »Für den Tip, den wir nächsten Sonntag spielen werden.«
    »Nicht nächste Sonntag. Ich will mein Geld jetzt.«
    »Basir, hör mal zu. Du weißt, ich mag dich.«
    »Weiß ich.«
    »Du weißt, ich bin dein Freund und beschütze dich.«
    »Weiß ich.«
    »Du weißt, ich habe dir Griechisch beigebracht.«
    »Weiß ich.«
    »Also, ich gebe dir mein Wort: Bevor du nicht die zehn Tausender gekriegt hast, rühre ich vom nächsten Gewinn keinen Groschen an.«
    »Nix verstehen.«
    »Sobald wir noch einmal im Toto gewinnen, bekommst du zuerst die zehntausend Euro plus deinen Anteil an dem neuen Gewinn, danach erst kriege ich was. Ich gebe mein Wort darauf, daß ich beim nächsten Totogewinn keinen Groschen anrühre, ehe du nicht deinen Anteil bekommen hast.«
    »Kein neues Toto. Ich will von dem da.«
    »Komm schon, Basir. Du weißt ja noch nicht mal, was du mit dem Geld anfangen willst! Wieso hast du es so eilig? Es ist schneller weg, als du dir vorstellen kannst. Hör auf das, was ich dir sage. Es ist ein Risiko, wenn du zu Geld kommst und keinen genauen Plan hast. Du verlierst den Überblick, und es rinnt dir nur so durch die Finger. Also, wie gesagt: Beim nächsten Mal bekommst du zuerst etwas und dann erst ich. Komm jetzt, wir haben noch zu tun. Da, schneide die Tomaten auf …«
     
    »Vorname: Basir.«
    »Jawohl.«
    »Nachname: Al Khaled.«
    »Jawohl.«
    »Geboren: Khartum, 1975. Richtig?«
    »Richtig.«
    »Nun, Basir. Ich lese dir jetzt vor, was du mir erzählt hast, und wenn du etwas abändern willst, sagst du es, in Ordnung?«
    »In Ordnung.«
    »Seit 2002 arbeite ich im Grillrestaurant Evros . Dort habe ich auch Jeorjios Tsakonas kennengelernt, der im selben Lokal als Grillkoch arbeitete. Der Obengenannte hatte sich seit meinem ersten Arbeitstag mir gegenüber kollegial verhalten. So entstand nach gewisser Zeit eine aufrichtige Freundschaft zwischen uns. Fast jede Woche füllten wir zusammen einen Totoschein aus, ebenso wie am vergangenen Donnerstag, den 7. Oktober. Da ich kein Geld hatte, bat ich Jeorjios Tsakonas, die ganze Summe für den Tototip auszulegen. Ich wollte ihm den entsprechenden Anteil später geben, womit er auch einverstanden war. Als am Sonntagabend, den 10. Oktober, bekannt wurde, daß wir dreizehn Richtige getippt hatten, schloß Jeorjios Tsakonas früher als sonst den Laden, damit wir zusammen unseren Erfolg feiern konnten. Doch im Verlauf der Sportschau erfuhren wir, daß außer uns noch dreizehn weitere Totospieler dreizehn Richtige getippt hatten. Da schlug Jeorjios Tsakonas’ Stimmung um. Er erboste sich über unser Pech, da wir mit so vielen anderen die Gewinnsumme teilen sollten. Am Montagmorgen gegen zehn Uhr, als das Grillrestaurant öffnete, fragte ich den Obengenannten, ob er den Totogewinn abgeholt habe. Er bejahte, doch als ich meinen Anteil, etwa zehntausend Euro, von ihm verlangte, weigerte sich der Obengenannte, sie mir auszuhändigen. Zu Beginn berief er sich darauf, daß er allein den Totoschein bezahlt hätte und folglich die Gewinnsumme ihm allein gehöre. Als ich ihm sagte, daß ich bereit sei, ihm sofort meinen Anteil an den Kosten des Tototips zu bezahlen, entgegnete er, er akzeptiere es, aber die Summe gelte für den nächsten Totoschein, den wir zusammen ausfüllen würden. Danach

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