Balkan Blues
aus und gebe ihn morgen früh ab.«
»J-orgakis, mein Freund. Tust du mir Gefallen?«
»Was für einen Gefallen?«
»Legst du Geld für mich aus, und ich gebe dir am Montag?«
»Kein Problem. Du hast bei mir immer Kredit.«
»Chef, kommst du, wir wollen bestellen!«
»Sofort!«
»J-orgakis, mein Freund, diesmal hab ich Bestellung geschrieben, guck mal, hab ich richtig gemacht?«
»2 X Gyros vom Schwein, 1xGyros vom Huhn, 1 X Hackfleischbuletten, 2 X Pommes, 2 X Tsatsicki, 1 X Bauernsalat. Ganz richtig, nur Tsatsiki hast du falsch geschrieben. Bravo, Basir, du bist ein As!«
»Sag mal, halten alle bei euch da unten in Schwarzafrika den Teller so wie du?«
»Also mach mal halblang, Freundchen. Was hat er dir denn getan, daß gleich ganz Schwarzafrika dran glauben muß?«
»Wieso? Haben wir deinen Kellner vielleicht beleidigt? Würdest du ein Tsatsiki essen, das mit einem schwarzen Finger drin serviert wird? Dann könnte man ja gleich anstelle der Kalamata-Olive den Finger servieren. Farblich würde es jedenfalls hinhauen.«
»Basir, tausch das Tsatsiki um. Komm mal her: Du sollst den Teller untenrum mit allen fünf Fingern halten. So macht man das in den besseren Lokalen.«
»Weit ist es mit uns gekommen! Vor ein paar Jahren hätte man den Kellner rausgeschmissen, wenn er einen Kunden so behandelt hätte. Jetzt wird er sogar verteidigt – und schwarz ist er außerdem!«
»Wie steht’s, Gorgakis, mein Freund?«
»Bete, daß die Zeit stehenbleibt. Wir sind in den letzten fünf Minuten plus Nachspielzeit, und Panionios führt mit eins zu null.«
»Das war’s, Gorgakis. Nix dreizehn Richtige.«
»Warte, noch acht Minuten. Man weiß nie.«
»Ich weiß, was ich rede, Gorgakis, mein Freund. Laß dir sagen von einem Pechvogel: Nix dreizehn Richtige.«
»Chef, bring uns noch eine Portion Pommes und einmal Schafkäse in Öl und Oregano.«
»Und zwei Heineken.«
»Leute, tut mir leid. Wir haben zu.«
»Wie bitte?«
»Das Lokal ist geschlossen.«
»Ist das dein Ernst? Da ist man friedlich beim Essen, und da fällt es dir plötzlich ein, die Rolläden runterzulassen?«
»Ausnahmsweise schließen wir heute früher. Ihr müßt nichts bezahlen, alles geht aufs Haus.«
»Sonntags sollte man nicht ausgehen, verdammt. Die Leute sind sogar zu faul zum Atmen. Hundertmal besser, zu Hause zu bleiben und den Pizzaservice zu bestellen.«
»Basir, schließ den Laden ab, und mach zwei Bier auf! Wir haben sie, Basir! Wir haben dreizehn Richtige! Unglaublich, aber wahr!«
»Hat Pana-th-inaikos Tor geschossen?«
»Ist das zu fassen? In der letzten Minute haben sie reingetroffen! Zum ersten Mal in meinem Leben feiere ich, daß Panathinaikos nicht verloren hat! Also, los: Du schneidest Brot auf, machst den Salat, und ich grille die Souflaki, schneide das Gyros runter und dann feiern wir erst mal.«
»Ich gerne möchte anrufen meine Frau.«
»Später. Zuerst müssen wir die Sportschau gucken, um zu sehen, wie viel wir eingesackt haben. Also, zum Wohl!«
»Zum Wohl. Pech gehabt!«
»Hier mußt du ›Schwein gehabt!‹ sagen. ›Pech gehabt!‹ sagt man, wenn etwas schief geht oder nicht gelingen will. Wenn etwas knapp gut ausgeht, dann heißt es ›Schwein gehabt!‹«
»Schwein gehabt!«
»Weißt du schon, was du mit dem Geld anfangen wirst?«
»Ich denke nach.«
»Ihr braucht aber lange, meine Güte. Ihr braucht sehr lange. Ihr dreht und wendet es so lange, bis die Amerikaner einmarschieren und alles kurz und klein schlagen. Siehe Irak.«
»Wenn alles fehlt, Gorgakis, mein Freund, dann schwierig zu entscheiden, was man soll zuerst nehmen.«
»Still jetzt. Die Totoergebnisse werden angesagt … Nein, verflucht noch mal! Bitte nicht, nicht so ein Schlag, verflucht noch mal!«
»Was ist los?«
»Weißt du, wie viele dreizehn Richtige getippt haben? Vierzehn! Vierzehnmal dreizehn Richtige, ist das zu fassen? Da kommen zwanzigtausend einhundertundfünfzig Euronen auf jeden.«
»Das ist doch nicht wenig, Gorgakis, mein Freund. Kriegt jeder von uns zehntausend Euro!«
»Was redest du da, he? Von Zahlen hast du keinen Schimmer, gottverdammte Scheiße! Einmal in hundert Jahren lacht einem das Glück, und dann kommen dreizehn andere und fassen einem in die Tasche, verflucht noch mal! Wir sperren einfach zu und gehen nach Hause!«
»Wir nicht feiern?«
»Was denn feiern?! Daß sie uns um das Geld betrogen haben? Laß nur, mir ist die Lust vergangen. – Wo willst du anrufen?«
»Sudan.«
»Wo im
Weitere Kostenlose Bücher