Ball der Traeume
abgesehen, ja, danke, ich hatte sehr erholsame Weihnachtsferien. Das wollten Sie mich doch sicher fragen, oder warum sonst haben Sie mich hierher zitiert?"
Damien sah sie verblüfft an.
"Freut mich für Sie", sagte er schließlich und fragte sich insgeheim, aus welchem Grund er sie eigentlich überhaupt gerufen hatte.
"Wie war's in der Schweiz?" erwiderte Enid ungerührt. "Hatten Sie genug Schnee? Normalerweise sind Sie nach den Ferien immer etwas entspannter."
"Fantastisch", sagte er ungehalten und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. "In der Schweiz war es fantastisch wie immer."
"Fein. Dann sollten wir jetzt Ihre heutigen Termine besprechen."
"Okay."
Enid schaute in ihre Mappe. "Als Erstes haben Sie um neun Uhr einen Termin mit Eve wegen der Marketingkampagne für die neue Software."
Eve. Warum machte ihn der Gedanke an sie nur so nervös? Er sah unbemerkt auf die Uhr. Halb neun, sie würde also in einer halben Stunde da sein. Er konnte es kaum erwarten, sie wiederzusehen.
Eve fragte sich, ob sich die morgendliche Übelkeit immer so anfühlte. Ihr Gynäkologe hatte die Schwangerschaft bestätigt und sie dann an einen Spezialisten überwiesen. Bis jetzt hatte sie sich gefühlt wie immer.
Bis heute. Schon beim Aufwachen hatte sich ihr der Magen umgedreht, und ihre Knie waren weich wie Gummi gewesen. Natürlich kannte sie den Grund für ihre Aufregung. Dies war der Tag, an dem sie Damien Bescheid sagen musste. Je näher der Termin rückte, desto nervöser wurde sie.
Ihr war klar, dass sie die Sache nicht länger auf die lange Bank schieben konnte. Je mehr Zeit sie sich nahm, desto schwieriger würde es werden.
Sie saß im Zug, der sie in die Innenstadt von Melbourne bringen würde. Eigentlich hätten sie gleich am Bahnhof eintreffen müssen. Doch dann kam eine Ansage durch den Lautsprecher. Wegen eines Unfalls auf der Strecke würde sich die Ankunft um mindestens eine Stunde verzögern. Die anderen Fahrgäste stöhnten auf, als sie die Nachricht hörten. Niemand war erfreut über die Verspätung. Viele zückten ihr Handy, andere vertieften sich resigniert wieder in ihre Zeitungen.
Mindestens eine Stunde. Eine Stunde, um über ihre Strategie nachzudenken. Noch eine Stunde länger, in der sie gegen ihre Übelkeit ankämpfen musste. Das war das Letzte, was Eve heute brauchte. Auf keinen Fall würde sie es rechtzeitig zu dem Termin schaffen. Sie suchte in ihrer Tasche nach dem Handy, um im Büro Bescheid zu sagen, dass sie sich verspäten würde.
Damien stand, die Hände in den Hosentaschen, in seinem Büro und sah hinaus auf die Skyline von Melbourne. Von draußen hörte er den Lift nahen. Das konnte nur Eve sein. Bestimmt würde als Nächstes der Duft von Aprikosen zu ihm ins Zimmer wehen.
Seltsam, dass er diesen Duft nicht loswurde. Obwohl er während seines Skiurlaubs in Klosters von vielen attraktiven Frauen umgeben gewesen war, hatte ihn keine so betören können wie Eve. Plötzlich fand er alle anderen Düfte zu schwer, zu exotisch oder zu vulgär. Und das galt auch für die Trägerinnen.
Um ehrlich zu sein, war es kein schöner Urlaub gewesen. Anstatt sich zu entspannen, hatte er viel nachgedacht. Es gab zwei Frauen, die er nicht aus dem Kopf bekam. Mit einer von beiden hatte er sich in der Nacht des Kostümballs geliebt. Danach war sie wie vom Erdboden verschwunden und nie wieder aufgetaucht.
Die andere war ihm ein Rätsel, vor allem wegen ihrer Widersprüchlichkeit. Einerseits kam sie ihm manchmal unschuldig, ja fast naiv vor. Andererseits hatte sie das gewisse Etwas, das ihn immer mehr in seinen Bann zog. Doch als er sich ihr hatte nähern wollen, hatte sie ihn zurückgewiesen.
Und das war ihm noch nie in seinem ganzen Leben passiert.
Zwei Frauen, zwei frustrierende Erfahrungen. Kein Wunder, dass er keinen Schlaf finden konnte.
Und nun schaffte es die eine nicht einmal, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. So konnte es nicht weitergehen. Etwas musste sich ändern, und zwar schnell.
Er hörte, wie Eve draußen Enid flüchtig begrüßte. Enid schien sie zu warnen, dass seine Stimmung nicht die beste war. Wie Recht sie hat!
Dann klopfte Eve an und trat ein. Langsam drehte er sich um.
"Sie kommen viel zu spät", sagte Damien vorwurfsvoll.
"Das tut mir Leid, aber –"
"Unser Treffen war für neun Uhr angesetzt. Jetzt ist es fast zehn."
"Ich habe im Büro angerufen. Enid –"
"Sie arbeiten nicht für Enid, sondern für mich", unterbrach er sie. "Wenn
Weitere Kostenlose Bücher