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Ball der Vampire

Ball der Vampire

Titel: Ball der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Priester hat mir selbst erzählt, was passiert ist.«
    Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich die Pointe dieser Geschichte schon kannte. »Okay«, warf ich rasch ein, »dann war der Priester also Ihre erste Mahlzeit.« Ich lächelte sehr breit.
    »Oh, nein«, sagte Sophie-Anne, einst Judith. »Ich erzählte ihm, ich sei der Engel des Todes und ich würde ihn schonen, weil er so rechtschaffen gewesen sei.«
    Wenn ich an den Zustand dachte, in dem Jake Purifoy nach seinem ersten Erwachen gewesen war, konnte ich in etwa ermessen, welche ungeheure Selbstbeherrschung das der neuen Vampirin abgenötigt hatte.
    »Und was haben Sie als Nächstes getan?«, fragte ich.
    »Nach ein paar Jahren fand ich eine Waise wie mich, die auch durch die Wälder streifte«, erwiderte sie und drehte sich nach ihrem Bodyguard um. »Seitdem sind wir immer zusammengeblieben.«
    Und jetzt sah ich doch einmal einen Ausdruck in Andres blankem Kindergesicht: äußerste Ergebenheit.
    »Er war missbraucht worden wie ich«, sagte sie sanft. »Und ich habe mich um ihn gekümmert.«
    Ich spürte, wie mir ein kalter Schauer den Rücken hinunterlief. Ich hätte nicht gewusst, was ich sagen sollte, selbst wenn man mich dafür bezahlt hätte.
    »Es hat natürlich einen Grund, warum ich Sie mit meiner uralten Geschichte langweile«, sagte die Königin und schüttelte sich kurz. »Ich möchte Ihnen erklären, warum ich Hadley unter meine Fittiche genommen habe. Auch sie war missbraucht worden, von ihrem Großonkel. Hat er auch Sie missbraucht?«
    Ich nickte. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass er sich auch an Hadley vergriffen hatte. Bei mir war es nie bis zur Penetration gekommen, aber nur deshalb, weil meine Eltern starben und ich danach bei meiner Großmutter lebte. Meine Eltern hatten mir nie geglaubt, aber meine Großmutter hatte ich überzeugt, dass ich die Wahrheit sagte, als ich in seinen Augen reif genug war, also etwa neun. Hadley war natürlich älter gewesen. Wir hatten also viel mehr gemeinsam gehabt, als ich je vermutet hätte. »Es tut mir sehr leid, ich wusste nichts davon. Vielen Dank, dass Sie es mir erzählt haben.«
    »Hadley hat oft von Ihnen gesprochen«, sagte die Königin.
    Ja, danke, Hadley. Danke, dass du mir das Schlimmste, was ... nein, Moment mal, das war nicht fair. Dass ich von Bills gemeinem Betrug erfahren hatte, war nicht das Schlimmste, was mir je widerfahren war. Aber auf meiner persönlichen Liste rangierte es nicht sehr weit unten.
    »Ja, davon habe ich schon gehört«, sagte ich in äußerst kühlem Ton.
    »Sie sind zornig, weil ich Bill den Auftrag erteilt habe, herauszufinden, ob Sie von Nutzen für uns sein können«, sagte die Königin.
    Ich holte tief Atem und zwang mich zu sprechen. »Nein, ich bin nicht über Sie zornig. Sie sind eben so, wie Sie sind. Und Sie kannten mich ja nicht einmal.« Noch ein tiefer Atemzug. » Zornig bin ich über Bill, der mich wirklich kannte und Ihren Auftrag trotzdem gründlich und berechnend ausgeführt hat.« Ich musste den aufkommenden Schmerz verdrängen. »Aber warum sollte Sie das überhaupt interessieren?« Mein Ton streifte die Grenze zur Unverschämtheit - sicher nicht sehr klug, wenn man es mit einer mächtigen Vampirin zu tun hatte. Aber sie hatte mich an einer äußerst empfindlichen Stelle getroffen.
    »Weil Hadley Sie sehr gern hatte«, sagte Sophie-Anne unerwartet.
    »Wenn Sie wüssten, wie sie mich als Teenager behandelt hat, würden Sie so was nicht behaupten«, erwiderte ich. Anscheinend wollte ich wohl auf dem Weg der rücksichtslosen Wahrheit wandeln.
    »Es hat ihr leidgetan«, sagte die Königin, »vor allem seit sie Vampirin war und wusste, was es bedeutet, zu einer Minderheit zu gehören. Sogar hier in New Orleans gibt es Vorurteile. Wir haben oft über Hadleys Leben gesprochen, wenn wir allein waren.«
    Keine Ahnung, welche der beiden Vorstellungen mir unangenehmer war: dass die Königin und meine Cousine Hadley Sex miteinander hatten oder dass sie sich danach im vertraulichen Bettgespräch über mich unterhielten.
    Es war mir völlig egal, welche Erwachsenen welche Spielart Sex miteinander trieben, solange nur beide Seiten vorher freiwillig zugestimmt hatten. Aber ich musste nicht notwendigerweise alle Details erfahren. Jedes diesbezügliche Interesse, das ich vielleicht mal hatte, war über die Jahre verschüttet worden von all den Bildern, die ich in den Gedanken der Leute in der Bar so zu sehen bekam.
    Dieses Gespräch zog sich immer mehr in die Länge.

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