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Ball der Vampire

Ball der Vampire

Titel: Ball der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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meinte Quinn, wenn auch etwas abwesend. Ich machte ihm keinen Vorwurf, dass ihm das nicht so wichtig zu sein schien.
    »Nur zwei«, verteidigte ich mich, nachdem ich es kurz im Gedächtnis rekapituliert hatte. »Das kann man kaum eine Menge nennen.« Okay, wenn man noch die Leute mitzählte, die im Haus gestorben waren ... doch den Gedanken verdrängte ich ganz schnell wieder.
    »Wisst ihr was?«, rief Amelia plötzlich in künstlich munterem Tonfall. »Wir Hexen verschwinden jetzt mal eben in die Pizzeria unten an der Ecke Chloe Street und Justine Street. Wenn wir gebraucht werden, sind wir dort zu finden. Also dann!« Bob, Patsy und Terry waren schneller bei der Einfahrt, als ich es je für möglich gehalten hätte, und weil die Vampire von ihrer Königin kein Zeichen erhielten, traten sie zur Seite und ließen sie passieren. Da Amelia sich nicht lange damit aufhielt, ihre Handtasche aus der Wohnung zu holen, hoffte ich für sie, das sie sowohl Geld als auch Hausschlüssel in den Hosentaschen hatte.
    Am liebsten wäre ich hinter ihnen hergelaufen. Moment, warum tat ich es nicht einfach? Sehnsüchtig sah ich zur Einfahrt hin, doch Jade Flower stellte sich demonstrativ davor auf und starrte mich an. Das war eine Frau, die mich kein bisschen leiden konnte. Andre, Sigebert und Wybert war ich mehr oder weniger egal, und Rasul würde mich für ein, zwei Stunden in der Stadt für eine ganz nette Begleiterin halten - aber Jade Flower würde mir nur zu gern mit ihrem Schwert den Kopf abschlagen. Die Gedanken von Vampiren konnte ich zwar nicht lesen (außer einem winzigen Funken mal hier und dort, was aber ein großes Geheimnis war), aber ihre Körpersprache konnte ich deuten und genauso den Ausdruck ihrer Augen.
    Ich kannte den Grund für diese Feindseligkeit nicht, und zu diesem Zeitpunkt hielt ich das auch nicht für sonderlich wichtig.
    Die Königin hatte nachgedacht. »Rasul, wir sollten bald nach Hause aufbrechen.« Er verbeugte sich und ging zum Wagen.
    »Miss Stackhouse«, sagte sie und sah mich direkt an. Ihre Augen leuchteten wie dunkle Lampen. Sie nahm meine Hand, und wir gingen in Hadleys Apartment hinauf, Andre hinter uns, als wäre er Sophie-Anne mit irgendeinem unsichtbaren Band ans Bein gebunden. Ich spürte den dringenden und äußerst unklugen Wunsch, meine Hand der ihren zu entziehen, die kalt, trocken und stark war, auch wenn sie sich bemühte, nicht allzu fest zuzudrücken. Die große Nähe zu dieser uralten Vampirin ließ mich vibrieren wie eine Geigensaite, und ich fragte mich, wie Hadley das nur ausgehalten hatte.
    Sie führte mich in Hadleys Wohnung und schloss die Tür. So konnten nicht einmal die hervorragenden Ohren der Vampire unten im Hof unserem Gespräch folgen. Und genau das hatte sie beabsichtigt, denn ihr erster Satz lautete: »Sie werden niemandem erzählen, was ich Ihnen jetzt sage.«
    Ich schüttelte den Kopf, stumm vor lauter Befürchtungen.
    »Mein Leben begann in einem Landstrich, der heute zu Nordfrankreich gehört, vor etwa ... eintausendeinhundert Jahren.«
    Ich schluckte.
    »Ich wusste natürlich nicht, wo ich lebte, aber ich glaube, es war Lothringen. Im letzten Jahrhundert habe ich versucht, den Ort zu finden, an dem ich meine ersten zwölf Lebensjahre verbrachte. Aber ich konnte ihn einfach nicht finden, und wenn mein Leben davon abgehangen hätte.« Sie lachte einmal laut auf bei diesem Satz. »Meine Mutter war die Ehefrau des reichsten Mannes im Dorf, was bedeutete, dass er zwei Schweine mehr besaß als jeder andere. Damals hieß ich Judith.«
    Ich bemühte mich, nicht erschrocken zu wirken, sondern nur interessiert, doch das war ziemlich schwer.
    »Als ich etwa elf oder zwölf war, kam ein Hausierer die Straße entlang. Wir hatten seit einem halben Jahr kein fremdes Gesicht mehr gesehen und freuten uns.« Doch sie lächelte nicht, und auch ihr Blick ließ nicht erkennen, dass sie sich an dieses Gefühl der Freude noch erinnern konnte; nur an die schiere Tatsache. Ihre Schultern hoben und senkten sich einmal. »Er hatte eine Krankheit, die bei uns unbekannt war. Heute glaube ich, dass es eine Form der Grippe war. In den zwei Wochen, die er sich in unserem Dorf aufhielt, starb jeder Bewohner außer mir und einem etwas älteren Jungen.«
    Ein Schweigen entstand, während wir beide darüber nachdachten. Wenigstens ich dachte darüber nach, und die Königin erinnerte sich. Andre dachte vielleicht an den Bananenpreis in Guatemala.
    »Clovis mochte mich nicht«, sagte die Königin.

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