Ball der Vampire
Geräusch, als würde etwas sehr Großes ins Wasser gleiten. Ich wandte den Blick zur Seite, voller Angst, was ich zu sehen bekommen würde - doch das Wasser war beinahe unbewegt, nur ein paar kleine Wellen kräuselten die Oberfläche. Ich wusste, dass die Einheimischen gutes Geld damit verdienten, Touristen auf das dunkle Wasser hinauszufahren und ihnen die Alligatoren zu zeigen. Es war ja schön, dass die Bewohner so ihren Lebensunterhalt verdienen konnten und die Fremden Dinge zu sehen bekamen, die sie sonst nie zu sehen bekämen. Schlecht war, dass die Bewohner manchmal Leckerbissen ins Wasser warfen, um die Alligatoren anzulocken. Und ich fürchtete, die Alligatoren assoziierten Menschen mit Leckerbissen.
Ich legte den Kopf auf Quinns Schulter und schloss die Augen. Die Stimmen kamen nicht näher, wir hörten kein Wolfsgeheul, kein Maul schnappte nach mir und versuchte mich unter Wasser zu ziehen. »So machen das die Alligatoren«, erzählte ich Quinn. »Sie ziehen dich unter Wasser, damit du ertrinkst, und dann verstecken sie dich irgendwo und kommen immer mal auf einen Snack vorbei.«
»Süße, die Werwölfe werden uns heute nicht verspeisen und die Alligatoren auch nicht.« Er lachte, es klang wie ein tiefes Dröhnen in seiner Brust. Als ich es hörte, ging es mir gleich besser. Dann bewegten wir uns weiter durchs Wasser. Die Bäume und die Ufer rückten immer näher, die Flüsse verengten sich, und schließlich kamen wir an ein Stück festes Land, gerade groß genug, dass eine Hütte darauf stehen konnte.
Quinn half mir, aus dem Wasser herauszuwaten.
Als Zufluchtsort war die Hütte nicht gerade ideal. Vielleicht war sie irgendwann mal eine primitive Jagdhütte gewesen, mit drei Wänden und einem Dach, mehr nicht. Jetzt war sie halb verfallen. Das Holz rottete vor sich hin, und das Blechdach war verbeult und voll rostiger Löcher. Ich ging hin und sah mir alles aufmerksam an. Doch es schien hier nichts zu geben, was sich als Waffe eignete.
Quinn war damit beschäftigt, die Reste des Isolierbands von seinen Handgelenken abzuziehen, und verzog keine Miene, als hin und wieder ein Stückchen Haut mit abging. Ich war sehr viel vorsichtiger mit den Resten auf meiner Haut. Dann klappte ich einfach zusammen.
Ich ließ mich zu Boden fallen und lehnte mich an den rauen Stamm einer Eiche. Ihre harte Rinde grub sich tief in meinen Rücken. Ich dachte an all die Bakterien und Keime im Wasser, die zweifellos seit dem Moment durch meinen Körper rasten, in dem die offenen Wunden an meinen Handgelenken ihnen so großzügig Zutritt gewährt hatten. Der nicht verheilte Vampirbiss an meinem Arm, den noch immer ein jetzt verdreckter Verband bedeckte, hatte sicher auch seinen Anteil ekliger Partikel hereingelassen. Mein Gesicht schwoll an von den Prügeln, die ich eingesteckt hatte. Gestern erst hatte ich in den Spiegel geschaut und mich gefreut, dass die Blutergüsse, die von den jungen Werwölfen in Shreveport stammten, schon fast nicht mehr zu sehen waren. Die Freude hatte nicht lange gewährt.
»Amelia hat inzwischen sicher was unternommen«, sagte ich in dem Versuch, optimistischer zu denken. »Wahrscheinlich hat sie in der Vampir-Residenz angerufen. Selbst wenn wir mit unserem eigenen Anruf nichts erreicht haben, suchen sie jetzt bestimmt schon nach uns.«
»Höchstens ihre menschlichen Angestellten. Es ist ja noch Tag, auch wenn der Himmel so dunkel ist.«
»Na ja, wenigstens hat's aufgehört zu regnen«, sagte ich. In diesem Moment setzte der Regen wieder ein.
Ich hätte einen Anfall kriegen können! Aber ehrlich gesagt, das schien mir reine Energieverschwendung. Ich konnte sowieso nichts ändern. Es würde regnen, ganz egal, wie viele Anfälle ich kriegte. »Tut mir leid, dass du in all das reingeraten bist«, sagte ich zu Quinn. Mir schien, als müsste ich mich für eine ganze Menge entschuldigen.
»Sookie, ich bin mir nicht sicher, ob du dich bei mir entschuldigen musst.« Quinn betonte die Pronomen. »Das ist alles uns beiden zusammen passiert.«
Das stimmte. Ich versuchte mir einzureden, dass es nicht allein meine Schuld war. Aber ich war überzeugt, dass es das irgendwie doch war.
Und dann sagte Quinn völlig unerwartet: »Welche Beziehung hast du eigentlich zu Alcide Herveaux? Wir haben ihn letzte Woche im Hair of the Dog getroffen, mit einer jungen Frau. Und der Detective in Shreveport hat gesagt, du wärst mal mit ihm verlobt gewesen.«
»Das war Blödsinn«, sagte ich nur. Hier saß ich nun also,
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