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Ball der Vampire

Ball der Vampire

Titel: Ball der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Südlouisiana durch den strömenden Regen dahinraste.
    Ich war wütend und blutete und hatte Schmerzen und lag auf meinem bereits verwundeten linken Arm. Mein Wunschtraum wäre gewesen, gewaschen und mit frischen Verbänden in einem hübschen, mit weißem Leinen bezogenen Bett zu liegen. Okay, gewaschen, mit frischen Verbänden und in einem sauberen Nachthemd. Und Quinn läge auch da in diesem Bett, in seiner menschlichen Gestalt, und auch er wäre gewaschen und hätte frische Verbände. Und er hätte sich bereits etwas ausgeruht und würde gar nichts anhaben. Dann wurden die Schmerzen meiner blutenden Handgelenke so stark, dass ich sie nicht länger ignorieren konnte. Ich konnte mich einfach nicht mehr auf meinen wunderbaren Tagtraum konzentrieren. Ich wollte gerade anfangen zu wimmern - oder einfach laut zu schreien -, da spürte ich, wie sich meine Handgelenke voneinander lösten.
    Einige Sekunden lang lag ich bloß da, atmete keuchend und versuchte, den Schmerz unter Kontrolle zu bringen. Leider konnte Quinn seine eigenen Fesseln nicht durchbeißen, da ihm ja die Hände auf den Rücken gebunden waren. Es gelang ihm aber, sich umzudrehen, so dass ich seine Handgelenke sehen konnte.
    »Was tun sie?«, fragte George.
    Clete drehte sich wieder zu uns um, und ich hielt meine Hände aneinander. Da es ein trüber Tag war, konnte er nicht allzu viel erkennen. »Sie tun gar nichts. Er hat aufgehört, sie zu beißen«, sagte Clete, regelrecht enttäuscht.
    Es gelang Quinn, eine Kralle in das silbrige Isolierband zu bohren. Seine Krallen waren nicht wie ein Säbel an der gekrümmten Längsseite scharf, sie entwickelten ihre Gefährlichkeit erst, wenn ein Tiger sie mit der ganzen Kraft seines Gewichts in ein Opfer schlug. Doch Quinn hatte keine Möglichkeit, hier solche Kräfte zu entfesseln. Wir würden also Zeit brauchen, und vermutlich würde es ein lautes Geräusch geben, wenn das Isolierband endlich riss.
    Aber wir hatten keine Zeit. Selbst ein Idiot wie Clete musste jeden Moment bemerken, dass irgendetwas faul war.
    Ich begann mit dem schwierigen Manöver, meine Hände zu Quinns Füßen hinunterzubewegen, ohne zu verraten, dass sie nicht mehr zusammengebunden waren. Clete sah sich um, als er meine Bewegung bemerkte, und ich sank gegen das leere Regal, die verschränkten Hände im Schoß. Ich versuchte, verzweifelt zu wirken; eine meiner leichtesten Übungen. Nach ein, zwei Sekunden interessierte es Clete mehr, sich eine Zigarette anzuzünden, was mir Gelegenheit gab, einen Blick auf den Plastikriemen um Quinns Knöchel zu werfen. Obwohl er mich an den Verschluss des Bratschlauchs für unseren Thanksgiving-Truthahn erinnert hatte, war dieses Plastik doch von einem anderen Kaliber: schwarz, dick und sehr fest. Und ich hatte weder ein Messer, um es zu zerschneiden, noch einen Schlüssel, um die Fessel aufzuschließen. Aber Clete hatte beim Festzurren etwas übersehen. Ich beeilte mich, mir das zunutze zu machen. Quinn trug natürlich noch immer seine Schuhe. Ich löste die Schnürsenkel und zog sie ihm aus. Dann hielt ich den einen Fuß so, dass die Zehenspitzen nach unten zeigten. Und diesen Fuß schob ich jetzt ganz vorsichtig nach oben durch den harten Plastikring. Wie vermutet, hatten die recht breiten Schuhe die Füße weiter als üblich voneinander getrennt, so dass die Fessel ohne Schuhe lockerer saß.
    Auch wenn meine Handgelenke und Hände bluteten und Quinns Socken volltropften (die hatte ich ihm angelassen, damit das harte Plastik ihn nicht kratzte), klappte es doch ziemlich gut. Stoisch ertrug er mein drastisches Zerren an seinem Fuß, bei einer extremen Verdrehung hörte ich einmal sogar seine Knochen knacken. Doch der Fuß glitt aus dem Plastikring hinaus. Oh, danke, lieber Gott.
    Es hatte länger gedauert, mir das auszudenken, als es durchzuführen. Aber mir schien, als hätte es Stunden gedauert.
    Ich entfernte den Plastikgurt, schob ihn zwischen den herumliegenden Müll, sah Quinn an und nickte. Seine Kralle mühte sich noch mit dem Isolierband ab und durchbohrte es endlich. Ein Loch war zu sehen. Und es hatte nicht mal ein Geräusch gegeben. Vorsichtig streckte ich mich wieder der Länge nach an Quinns Seite aus, um unsere Aktivitäten mit meinem Körper zu verdecken.
    Ich bohrte meinen Daumen in das Loch und zerrte daran, erreichte aber nicht viel. Es hat schon seine Gründe, warum Isolierband so beliebt ist. Ein sehr zuverlässiges Material.
    Wir mussten raus aus diesem Lieferwagen, ehe er sein Ziel

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