Ballade der Leidenschaft
Diese letzten gemeinsamen Momente wollte er nicht zerstören, indem er Rose ihre Illusionen nahm. Merde. Bald würde ihm nichts anderes übrig bleiben.
Er schnitt eine Grimasse und schmeckte einen bitteren Geschmack im Mund. Großer Gott, dieses englische Ale war wirklich abscheulich. Seinem Magen fiel es schwer, mit dem Gebräu fertig zu werden. Seufzend ritt Ben weiter, und eine halbe Stunde später – ihnen blieben nur mehr anderthalb Stunden – durchquerten sie ein Dorf mit einer hölzernen Kirche. Entlang der Hauptstraße wand sich ein Fluss. Ben sah Kressebeete und Fischteiche und dichte Haselnusssträucher. Brombeerhecken wuchsen am Wegesrand, in der warmen Julisonne reiften die noch grünen Früchte langsam heran. Vom wolkenlosen Himmel schien sie hell herab, ein Tag für Glücksgefühle. Aber was Ben empfand …
Der Teufel schien ihn von innen her zu zerreißen. Wenn Rose erfuhr, was er getan hatte, würde sie seinen Anblick hassen.
Noch etwa eine Stunde bis zur Ankunft in Fulford, schätzte er und runzelte die Stirn. Der Winkel der Sonnenstrahlen, die durch das Laub der Bäume herabfielen, konnte nicht stimmen, oder? Blinzelnd schaute Ben zum Himmel hinauf. Die Sonne, die zwischen Buchenzweigen herunterschien, stand viel höher, als sie sollte. Für einen Moment blieb ihm das Herz stehen. Weiter vorn sah er wieder ein Dorf, größer als das letzte. Fulford? Schon jetzt?
Vor dem Dorf erhob sich eine hölzerne Burg, von grünen Wiesen umgeben. Mit ihrem verwitterten Strohdach mochte sie früher einem sächsischen Than gehört haben. Rauch kräuselte aus dem Schornstein. Neben dem Eingang saß eine verschleierte Frau auf einer Bank, eine Spindel in der Hand, und sprach mit einem kleinen Mädchen. Ben hörte Gänse gackern, die Hammerschläge einer Schmiede, das Kind lachte fröhlich. Mehrere Außengebäude standen hier, eine Mühle, eine Kirche …
Fulford.
Oh Gott, die Zeit mit Rose war vorbei. Er grub seine Fersen in Pipers Flanken und lenkte ihn an Pechs Seite.
„Sind wir schon da?“ Sie warf ihm einen Blick zu und schaute rasch wieder weg.
„Sieht so aus.“ Ben umfasste ihr Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich herum. „Weinst du, Rose?“
Jetzt erinnerte ihn ihre hochmütige Miene an Comtesse Muriel. „Ob ich weine? Um Himmels willen, Ben, warum sollte ich?“ Sie fuhr mit einem Ärmel über ihre Wange. „Mir ist ein Insekt ins Auge geflogen, das ist alles.“
„Ich sehe keine Insekten.“
„Dann darfst du dich glücklich schätzen – ich ritt durch einen ganzen Schwarm.“
Nun hörte er wieder kindliches Gelächter. Auf unsicheren Beinen tapste das kleine Mädchen den Pferden entgegen. Die Frau ließ ihre Spindel fallen und eilte mit flatterndem Schleier herbei, um das Kind vor den Hufen zu retten.
Pech schnaubte. Ben sprang von Pipers Rücken und ergriff Roses Zügel.
Atemlos drückte die Frau – sie war schwanger, wie er jetzt feststellte – das kleine Mädchen an ihre Hüfte und sprach ihn auf Angelsächsisch an.
„Tut mir leid, Madam“, begann er und gebrauchte dabei die wenigen englischen Wörter, die er kannte. „Bitte redet langsamer.“
Aus dem Schleier hatte sich eine glänzende flachsfarbene Haarsträhne gelöst und hing bis zur Taille der Frau hinab. Mit ihren kornblumenblauen Augen und den fein gezeichneten Zügen war sie bildschön.
„Verzeiht mir.“ Mühelos wechselte sie zum normannischen Französisch über. „Kann ich Euch helfen?“, fragte sie akzentfrei.
„Wenn Ihr so freundlich wärt … Ich bin Benedict, der Lautenspieler. Und das ist Rozenn aus Quimperlé. Wir suchen …“
Doch die Frau hatte sich bereits zu Rose gewandt. „Oh – du bist Rozenn?“
„Ja, und wir …“
Das Kind immer noch an der Hüfte, trat die Frau näher. „Wie ich mich freue, dich kennenzulernen! Und Adam wird überglücklich sein, wenn er hört, dass du endlich da bist!“ Die Frau eilte zur Burg zurück. Nach ein paar Schritten drehte sie sich lachend um und winkte sie heran. „Bitte folgt mir. Adam wird so froh sein, wenn er heimkehrt. Gerade ist er mit den Männern draußen auf dem Exerzierplatz.“
Die Begeisterung der schönen Frau wirkte so echt, dass Ben ihr Lächeln erwiderte. „Und Ihr, Madame? Dürfen wir Euren Namen erfahren?“
„Oh, entschuldigt meine schlechten Manieren, ihr habt mich überrascht … Ich bin Cecily – Cecily Wymark.“ Nun verblasste der strahlende Glanz ihres Lächelns ein wenig. Zögernd schaute sie Rozenn an, als wäre
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