Ballade der Leidenschaft
schon bessere Tage gesehen. Wenn Eure Hand geheilt ist und Ihr mir gezeigt habt, wie man Windeln säumt, können wir vielleicht einen neuen Wandbehang in Angriff nehmen.“
Während Ben auf Adams Rückkehr wartete, beobachtete und belauschte er die Frauen. Er verstand Rose nicht. Das Mädchen, das er fast sein Leben lang kannte, war ihm fremd geworden. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was sie dachte. Sein Blick verweilte auf ihren weiblichen Rundungen, erfreute sich an der schmalen Taille, den sanft geschwungenen Hüften.
In diesem Moment füllte ein Schatten die Tür. Lächelnd drehte Ben sich um. Aber es war nicht Adam – Brian trat ein, das Gepäck der Gäste in den Händen.
Er nickte Ben zu und trug die beiden Ranzen zu einer Truhe am anderen Ende der Halle. Dort befanden sich die Schlafnischen, worauf mehrere geöffnete Vorhänge hinwiesen. In der Nacht würde man sie zuziehen, um für die Privatsphäre der Schläfer zu sorgen.
Wie Ben zu seiner Verwirrung bemerkte, lag die Lautentasche auf seinem Ranzen. Von Rose abgelenkt, hatte er das kostbare Instrument auf Pipers Rücken vergessen. Nun durchquerte er die Halle und setzte sich auf die Truhe, packte die Laute aus und begann sie zu stimmen.
„Lady Cecily?“, fragte er und probierte ein paar Töne aus.
„Ja?“
„Arbeitet Maurice immer noch für Adam?“
„In der Tat, er ist sein Knappe.“
„Das freut mich.“ Er hob seine Laute. „Wenn Ihr es wünscht, werde ich heute Abend für Euch und die anderen Hausbewohner spielen.“
„Ihr seid sehr freundlich, sollt Euch aber nicht verpflichtet fühlen. Nach der langen Reise seid Ihr sicher müde.“
„Keineswegs.“
„Dann werde ich Euch sehr gern zuhören. Doch ich muss Euch warnen. Euer Ruf ist Euch vorausgeeilt. Wie Adam und Sir Richard mir versichert haben, seid Ihr der beste Sänger in der Christenheit. Mein Mann behauptete sogar, nur die maurischen Tanzsklavinnen, die aus Spanien entführt wurden, seien Euch ebenbürtig.“
Verblüfft hob Ben die Brauen. Diese Mädchen hatte Adam seiner Gemahlin gegenüber erwähnt, die in einem Kloster aufgewachsen war? „Er findet die Sklavinnen genauso amüsant wie mich? Mylady, ich bin entsetzt.“
Rose kicherte, ihre Augen funkelten.
Eine Weinkaraffe in der Hand, ging Cecily zu Ben hinüber. „Natürlich habe ich diese Frauen nicht gesehen …“ Während sie seinen Becher nachfüllte, lächelte sie. „Aber ich kann sie mir vorstellen. Vielleicht wird Adam seine Meinung ändern und Euch den Vorzug vor den Tänzerinnen geben, wenn Ihr heute Abend für uns spielt und singt.“
Grinsend nickte er und bedankte sich für den Wein. Dann fuhr er fort, die Laute zu stimmen.
Cecily zeigte Rozenn das Haus. Unter anderem kamen sie in die Küche. Lufu, die Köchin, schlug gerade Eier über einer Schüssel auf, als lachende Männerstimmen auf der Wiese vor der Burg erklangen.
„Glaubt ihr, das ist Adam?“, fragte Rose.
Cecily stellte einen Korb voller Äpfel ab, den sie aus dem Lagerhaus geholt hatte, spähte durch die Tür, und ihr Gesicht nahm weiche Züge an. „Ja, das ist er. Jetzt steht er mit seinen Männern beim Mühlteich. Er hat dich erst in etwa einer Woche erwartet. Willst du ihn nicht überraschen?“
Das ließ Rose sich nicht zweimal sagen. Hastig glättete sie ihre Röcke und lief hinaus.
Inzwischen hatte die Sonne den Zenit überschritten. Das Mühlenrad stand still, und mehrere Männer – sie hatten die Rüstungen abgelegt und trugen schlichte Tuniken – standen um den Mühlteich. Über ihren Köpfen glitten Schwalben dahin, im Schilf am Ufer tummelten sich zwei große Wolfshunde und kläfften aufgeregt. Rose hörte ein Plätschern und erneutes Gelächter. Doch sie achtete nicht auf die Tiere, sondern auf die Männer. Die meisten kannte sie aus der Zeit, bevor sie die Bretagne verlassen hatten, um sich Herzog William anzuschließen. Ja, da waren Maurice und George und Félix. Und ihr Bruder Adam. Er wandte ihr den Rücken zu, doch das schwarze Haar und die stolze Haltung waren unverwechselbar.
„Adam!“
Er drehte sich um. Zunächst blinzelte er erstaunt, dann leuchteten seine Augen auf. „Rose!“ Er eilte ihr entgegen, fasste sie bei der Taille und hob sie wie in ihrer Kindheit in die Luft. Ringsum verschwammen Fulford Hall, die Kirche und der Stall zu einem schwindelerregenden Durcheinander.
„Lass mich runter, du Schlingel!“
Grinsend gehorchte er. Über eines seiner Augen fiel eine dunkle Locke. Rose strich sie
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