Ballade der Liebe
packte sie am Arm. „Waren Sie es, Katy?“
Sie schüttelte den Kopf und versuchte, sich seinem Griff zu entziehen. „Nein. Es war Iris. Fragen Sie Iris.“
„Iris ist ausgegangen.“ Madame Bisou klang alarmiert.
Flynn rüttelte Katy an den Schultern. „Ich muss es wissen, Katy. Reden Sie!“
Sie zitterte an allen Gliedern, und er fürchtete, sie würde leblos zu Boden sinken. Beruhigend nahm er sie in die Arme. „Katy.“ Er sprach tröstend, aber mit fester Stimme. „Ich brauche Ihre Hilfe, um Rose zu finden. Ich fürchte, er wird sie und Tanner töten.“
„Sag es ihm, Katy“, beschwor Madame sie, aber Katy barg lediglich das Gesicht an Flynns Brust. „Er schlug sie mit der Peitsche blutig“, erklärte Madame Bisou. „Aber sie konnte ihm entkommen.“
Flynn zwang Katy, ihn anzusehen. „Dann kennen Sie den Ort. Sie müssen mir zeigen, wo das ist.“
Ihre Augen waren schreckensweit, doch schließlich nickte sie zögernd.
„Wir müssen uns beeilen!“ Flynn zog sie hastig zur Tür.
„Cummings soll Sie begleiten!“, rief Madame Bisou.
Rose zerrte an den Lederriemen, die ihre Handgelenke umspannten wie Eisenringe. Ihre Füße waren auf die gleiche Weise gefesselt. Wenn Katy es geschafft hat, sich von ihren Fesseln zu befreien, dachte Rose verbissen, muss es mir auch gelingen.
Greythorne hatte sie in ein unauffälliges Haus geschleppt, steile Steinstufen hinunter, und in einem modrigen Kellerloch an einen Eisenring in der Mauer gebunden. An einem langen Tisch waren ebenfalls schwere Eisenringe befestigt. Dieser Tisch jagte ihr lähmende Angst ein. Ob er sie darauf festbinden würde? Ein Gehilfe hatte Tannerton über der Schulter hereingetragen und wie einen Sack Kartoffeln auf den feuchten Steinboden geworfen, wo er leblos liegen blieb. Gelegentlich hörte sie ihn stöhnen, also war er noch am Leben. Aber wie lange noch? Greythorne hatte gewiss die Absicht, auch ihn zu töten.
Rose machte ihre Hand so schmal wie möglich und versuchte, die Fesseln abzustreifen, doch die Lederriemen schnitten ihr lediglich schmerzhaft ins Fleisch. Sie versuchte es immer wieder, bis sie blutete.
Greythorne hatte mit einem teuflischen Feixen erklärt, die Vorstellung beginne erst, wenn Tannerton das Bewusstsein wiedererlangt habe. Den Irren gelüstete es danach, seinem Todfeind vorzuführen, auf welch grausame Weise er sein Opfer foltern würde. Rose durchzuckten kalte Schauer. Sie dachte an Katy, die er nackt ausgepeitscht hatte, mit einer der geflochtenen dünnen Ledergerten, die ordentlich aufgereiht an der Wand hingen.
Tanner stöhnte wieder, und diesmal kam Bewegung in ihn. Hilflos zerrte er an seinen Fesseln. „Verdammter Mist!“, knurrte er lallend. „Wo, zum Teufel, bin ich?“
„Greythorne hat uns in ein Haus in der Stadt verschleppt.“
Tanner drehte ihr mühsam den Kopf zu, nahm sie zum ersten Mal blinzelnd wahr und zerrte wieder an den Lederriemen. Kopfschüttelnd stöhnte er. „Greythorne.“
„Er hat Ihnen einen Prügel über den Hinterkopf geschlagen“, erklärte Rose.
Der Marquess zog die Beine an, wälzte sich hin und her, bis er genügend Schwung hatte, um sich zum Sitzen aufzurichten. „Das spüre ich. Wo ist der feige Hund?“
„Oben.“ Sie kämpfte darum, stark zu bleiben, dennoch zitterte ihre Stimme. „Er will abwarten, bis Sie wieder bei Bewusstsein sind. In der Zwischenzeit will er sich umziehen und zu Abend essen.“
„Verdammt schlechter Gastgeber, uns nicht einzuladen.“ Tanner lehnte den Kopf gegen die feuchte Mauer und schloss die Augen. „Es tut mir leid, Rose. Ich hätte die ganze Sache besser Flynn überlassen sollen. Er hätte gewiss nicht alles vermurkst.“
Rose hatte versucht, nicht an Flynn zu denken. Ihren geliebten Flynn, dem zweifellos, wenn alles vorbei war, die Aufgabe zufiel, Meldung beim Friedensrichter zu erstatten und ihre Leichen zu identifizieren.
„Hat das Scheusal Ihnen wehgetan, Rose?“, fragte Tanner.
Sie hielt es zunächst für angebracht, ihm zu verschweigen, dass Greythorne sie fast erdrosselt hätte. „Noch nicht. Ich denke, das kommt später.“
„Verfluchter Mist.“
Rose musste tapfer sein. Und listig. Vor ihrem Auftritt in Vauxhall hatte sie sich Katys Klappmesser ins Korsett gesteckt, aber mit gefesselten Handgelenken war es ihr unmöglich, an die kleine Waffe heranzukommen. Der Marquess hatte möglicherweise mehr Bewegungsfreiheit als sie.
„Lord Tannerton, können Sie irgendwie zu mir kriechen und auf die Füße
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