Ballade der Liebe
Kopf sinken. Er hatte ihr nicht nur die Unschuld genommen, er hatte auch ihre Zuneigung verspielt.
Würdevoll stieg sie aus dem Bett und bückte sich nach ihrem Unterhemd. Als sie mit dem Rücken zu ihm stand, ließ sie das Laken fallen und entblößte ihre makellos helle Haut, die Rundungen ihrer schlanken Figur seinen Blicken. Das Bild, wie sie noch vor wenigen Minuten anmutig vor ihm getanzt hatte, stieg in ihm auf. Ihr Anblick hatte ihn entzückt. Sie in den Armen zu halten, mit ihr den Liebesakt zu vollziehen, hatte ihn glücklich gemacht. Dieses Glücksgefühl hatte ihn vergessen lassen, dass sie in zwei Tagen in Tanners Armen liegen würde. Wie könnte er sie jetzt noch dem Marquess überlassen?
Flynn trat hinter sie und drehte sie unsanft zu sich herum. „Wenn du so viel für mich empfindest, wie bringst du es dann fertig, in zwei Tagen mit Tanner das Bett zu teilen?“
Sie wirkte hilflos und zerbrechlich. Er fürchtete beinahe, sie würde zersplittern wie Glas. „Habe ich denn eine andere Wahl?“
Er zwang sich, den Blick von ihr zu wenden.
Rose fuhr fort, und ihre Stimme klang gefasst und ruhig. „In dieser Schule hat man uns allerdings nicht davor gewarnt, dass die Gefühle, die ein Mann in einer Frau auslöst, in ihr den Wunsch wecken, ihm zu gehören.“ Ein trockenes Schluchzen entrang sich ihr. „Danach sehne ich mich mit dir, Flynn. Vielleicht werde ich solche Gefühle nie mit einem anderen Mann haben, aber mit dir sehne ich mich danach.“
Flynn war zumute, als stürze er in einen dunklen Abgrund, tiefer und tiefer in schwarze Finsternis. Alles, was sie sagte, ergab plötzlich einen bitteren Sinn. Er war es, der Grenzen überschritten hatte. Der kluge, tüchtige Flynn hatte sich keine Gelegenheit entgehen lassen, um mit ihr zusammen zu sein. Er benutzte sogar ihre Karriereträume, um sie an sich zu binden. Es wäre möglich gewesen, die Aufträge seines Dienstherrn nüchtern und sachlich auszuführen. Und es wäre nicht nötig gewesen, sich unentbehrlich zu machen.
„Verzeih mir, Rose“, sagte er leise. „Ich habe dir Unrecht getan, und das tut mir leid. Ich wollte dich nicht kränken. Ich habe dir Vorwürfe gemacht, die ich gar nicht so meinte. Ich war lediglich wütend auf mich, weil ich nicht erkannte …“
Alle Luft schien ihren Lungen zu entweichen, ihre Schultern sackten nach vorne. Er wollte sie in die Arme nehmen und nie wieder loslassen. Und plötzlich traf ihn eine Erkenntnis wie gebündelte Sonnenstrahlen, die durch eine Lücke in einer Wolkendecke drangen. Endlich wusste er, was zu tun war, was sein innigster Wunsch war.
Es kostete ihn alle Willenskraft, sich zurückzuhalten, um seinen Entschluss nicht laut hinauszuschreien. Er durfte nicht ungestüm sein und es ihr jetzt schon sagen. Er musste es ihr beweisen.
„Rose?“
Als sie sich das Batisthemd überstreifte, drehte sie den Kopf.
„Begehrst du mich noch immer, Rose O’Keefe?“, fragte er mit seinem irischen Akzent, den er so sorgfältig ausgemerzt zu haben glaubte.
Sie bekam große Augen vor Staunen. Und dann antwortete sie sehr ernsthaft: „Ich begehre dich immer noch, Jameson Flynn.“
18. KAPITEL
Flynn hob ihr Kinn mit Daumen und Zeigefinger und küsste sie in der Hoffnung, sie nehme seine Entschuldigung an und spüre sein Versprechen.
Sein Begehren hatte sich in eine andere kostbare Empfindung gewandelt. Er war kein Held in einem schwärmerischen Liebesroman. Nein, ihm waren endlich Herz und Augen geöffnet worden. Er hatte sich eingeredet, seine Gefühle für Rose beruhten auf sinnlichem Verlangen, seit er sie zum ersten Mal singen gehört hatte.
An jenem ersten Abend hatte sie von Amor gesungen, der im Hinterhalt lauert. Und tatsächlich war Flynn von einem Pfeil mitten ins Herz getroffen worden. Aber erst jetzt erkannte er, dass es der Pfeil der Liebe war.
Er wollte Rose seine ganze Liebe schenken, sie ihr mit aller Leidenschaft beweisen, die in ihm brannte.
Hastig zerrte er sich das Hemd von den Hüften und hob Rose aufs Bett. Er legte sich neben sie, schob das Batisthemd hoch und streifte es ihr über den Kopf. Und dann erforschte er sie sanft und andächtig. Rose lag teilnahmslos neben ihm, und er bedauerte zutiefst, was er ihr angetan hatte.
Sie ertrug seine Zärtlichkeiten passiv, ohne sie zu erwidern, was er ihr nicht verdenken konnte. Und er wollte sie nicht drängen, da ihnen genügend Zeit blieb, um das Glück wieder einzufangen, das er so unbesonnen verscheucht hatte.
Langsam
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