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Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
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tarnen wollte. Ein stürmischer
Wind blies eisig vom Meer her, zerstreute die Nebelschwaden und trug einige Möwen
über die Dünen.
    Fast zwei Kilometer vom Strand
entfernt schäumte das Wasser jetzt durch eine Bresche in einer quer zur
Strömungsrichtung der Flut liegenden Salzbank. Das Wasser strömte weiter und
füllte eine große Lagune mit fast dreihundert Meter Durchmesser, wobei es die
niedrigeren Dünen in der Mitte des Tümpels überflutete. Nachdem dieses
künstliche Becken vollgelaufen war, beruhigte sich die Wasseroberfläche
schließlich und spiegelte den wolkenlosen Himmel wider.
    Die Ränder der Lagune waren mehr als
einen Meter hoch aufgeschaufelt worden, so daß sie weit über die restlichen
Dünen hinausragten, und die feuchten Salzkristalle bildeten eine fast
achthundert Meter lange ununterbrochene Mauer. Als das Wasser durch die Bresche
strömte, riß es einen Teil dieses Schutzwalls mit sich, schlug dann aber nur
noch leicht gegen die Ufer.
    Jetzt kamen die Möwen heran und
tauchten ins Wasser der Lagune hinab, wo Hunderte von Fischen dicht unter der
Oberfläche schwammen. Der Inhalt der Lagune bewegte sich einen Augenblick lang
nicht mehr und wirkte in dieser Sekunde wie glänzend poliertes Eis.
    Dann ertönte ein lauter Schrei, als
die Flut zurückzuweichen begann. Ein Dutzend Männer erschien hinter dem Wall
der Lagune und begann das nasse Salz mit breiten Paddeln aus Fischbein in die
Bresche zu schaufeln. Die Arbeitenden versanken bis zu den Hüften in dem grauen
Brei, während sie verzweifelte Anstrengungen machten, die Lücke zu schließen,
bevor das Wasser zum Meer davonströmen konnte. Ihre Arme und Oberkörper waren
mit Gummistreifen und Lappen umwickelt. Sie trieben sich gegenseitig mit lauten
Rufen zu größerer Eile an und schaufelten immer rascher, als der Wasserspiegel
vor ihren Augen zu sinken begann.
    Zwanzig Meter von ihnen entfernt
stand ein großer, hagerer Mann auf dem Wall und beobachtete die Anstrengungen
der kleinen Gruppe. Er trug ein Cape aus Seehundfell über der linken Schulter
und hielt ein breites Paddel in der Rechten. Sein dunkles Gesicht schien nur
aus Knochen zu bestehen, die am Kinn und unter den tiefliegenden Augen fast
durch die straff gespannte Haut traten. Er starrte das eingefangene Wasser
nachdenklich an, als wolle er zählen, wie viele Fische unter der glitzernden
Oberfläche schwammen. Dann drehte er langsam den Kopf und beobachtete die
zurückweichende Flut, deren rasche Strömung die Wälle teilweise auflöste und
mitriß. Die Männer an der Bresche riefen ihm etwas zu, als sich das nasse Salz
über sie ergoß, während sie verzweifelt bemüht waren, die Lücke nicht größer
werden zu lassen, sondern weiter zu verkleinern. Der Mann in dem Seehundcape
ignorierte ihre lauten Schreie und verfolgte gespannt das rasche Sinken des
Wasserspiegels innerhalb der Lagune.
    Im letzten Augenblick, als das Wasser
bereits an einem Dutzend Stellen auszubrechen und den Wall zu unterspülen
drohte, hob er sein Paddel und zeigte auf das gegenüberliegende Ufer. Dann
stieß er einen lauten Schrei aus und begann das Wasser vor sich herzutreiben.
Während er am Wall entlanglief und die erschöpften Männer vor der Bresche
hinter sich zurückließ, tauchten zwanzig andere am Nordufer der Lagune auf. Sie
arbeiteten wie rasend mit ihren breiten Paddeln und rissen eine breite Lücke in
den Wall, bevor sie bis zur Brust ins Wasser wateten und es durch diese zweite
Bresche trieben.
    Das Wasser strömte rasch in die
umliegenden Einschnitte und Kanäle. Bis der Mann in dem Cape die eben
entstandene Lücke erreicht hatte, war bereits die halbe Lagune ausgeflossen und
rauschte auf den Strand zu, wobei sie unterwegs kleinere Dünen mitriß. Das
Wasser bewegte sich nach Nordosten, beschrieb dann aber eine weite Kurve und
floß in einen engen Kanal zwischen zwei Dünen. Dort wurde es nach links
abgelenkt und strömte wieder in Richtung Ufer, während der Mann im Cape immer
dicht in der Nähe blieb. Gelegentlich blieb er kurz stehen, um einen prüfenden
Blick auf den Kanal zu werfen, der an einigen Stellen mit trockenerem Salz
verstärkt worden war, und drehte sich dann nach seinen Männern um, die hinter
ihm das Wasser mit ihren Paddeln vorantrieben.
    Plötzlich brach ein unterspülter
Abschnitt der Kanalwand in sich zusammen, so daß ein Teil des kostbaren Wassers
in benachbarte Einschnitte ablaufen konnte. Der Anführer der Männer stieß einen
lauten Schrei aus und rannte auf die

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