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Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
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Strand hinüberschicken, wo die
Ausgestoßenen lebten. Bei dem Gedanken an zertrümmerte Hütten und zerstörte
Destillationsanlagen zuckte Ransom unwillkürlich zusammen, faßte sich aber
rasch wieder und trieb sein Wasser durch die Senken voran. Der Tümpel war kaum
sechs Meter breit und enthielt nur ein halbes Dutzend kleiner Fische. Ransom
hob einen auf, der vor seinen Füßen gestrandet war, betastete den plumpen
Körper mit vor Kälte starren Fingern und warf ihn ins Wasser zurück.
    Dreihundert Meter rechts von sich
erkannte er Jonathan Grady, der seinen Tümpel durch die gewundenen Kanäle auf
seine Hütte unter einem zertrümmerten Salzförderband zusteuerte. Er war erst
siebzehn, aber schon so kräftig, daß er sich fast die Hälfte des gestohlenen
Wassers gesichert hatte, das er jetzt unermüdlich vorantrieb.
    Die anderen vier Mitglieder der
Gruppe waren irgendwo zwischen den Salzbänken verschwunden. Ransom arbeitete
sich mühsam weiter und betastete dabei die Schürfwunde auf seiner Backe, die in
der salzigen Luft heftig schmerzte. Zum Glück hatte Jordans Paddel ihn nicht
mit der Kante, sondern nur mit der Breitseite getroffen, denn sonst wäre er
vermutlich bewußtlos fortgeschleppt und in der Johnstone-Siedlung vor ein
unbarmherziges Gericht gestellt worden. In diesem Fall hätte ihm selbst seine
frühere Freundschaft mit dem Reverend, die nach zehn langen Jahren ohnehin
längst vergessen war, nur wenig oder gar nichts genützt. Da das in der
Vergangenheit vor der Küste abgelagerte überschüssige Salz allmählich in
Bewegung geraten war und jetzt das ehemals flache und seichte Watt bedeckte,
mußten Wasserfallen fast zwei Kilometer vor der früheren Strandlinie gebaut
werden. Deshalb war der Wasserdiebstahl in den Siedlungen an der Küste im Lauf
der Zeit zum schwersten Verbrechen geworden, das überall strengste Bestrafung
nach sich zog.
    Ransom zitterte vor Kälte und
versuchte die feuchten Lumpen auszudrücken, die er unter dem aus Gummistreifen
zusammengenähten Schutzanzug trug. Der Anzug war nur behelfsmäßig mit Fiqschgut
genäht und ließ an einem Dutzend Stellen Wasser durch. Ransom und die anderen
Piraten hatten Jordans Männer schon drei Stunden vor Tagesanbruch über die
grauen Dünen verfolgt. Sie hatten sich in der Dunkelheit an dem leeren Kanal
versteckt und auf das Umschlagen der Flut gewartet. Von diesem Augenblick an
blieben ihnen nur wenige Minuten Zeit, um einen kleinen Teil des Sees zu
stehlen. Hätten Jordan und seine Männer nicht die Hauptmasse des Wassers in das
Reservoir der Siedlung zurückbringen müssen, wären die Piraten nicht mit
einigermaßen heiler Haut davongekommen. Aber irgendwann in nächster Zeit würden
die Fallensteller freiwillig ihre Beute im Stich lassen, um sich die Piraten
ein für allemal vom Hals zu schaffen.
    Während Ransom den kleinen Tümpel zu
dem gestrandeten Leuchtschiff hinübertrieb, dessen Heck vierhundert Meter vor
ihm aus dem Salz ragte, zählte er automatisch immer wieder die Fische im Wasser
und fragte sich dabei, wie lange er noch auf diese Weise von Jordan und seinen
Männern leben konnte. Unterdessen war das Meer so weit entfernt und der Strand
mit einer so hohen Salzschicht bedeckt, daß es nur größeren und sehr
geschickten Mannschaften gelang, ausreichende Wassermengen in die Reservoirs
zurückzubringen. Noch vor drei Jahren waren Ransom und der junge Grady imstande
gewesen, einen Kanal durch die Dünen offenzuhalten, so daß die Flut ihnen
Fische und Krabben brachte. Jetzt waren die Salzdünen jedoch allmählich
aufgeweicht, wodurch jeder Kanal schon nach zwanzig Metern in nachrutschendem
Salz erstickte, wenn man nicht zwei Dutzend Männer zur Verfügung hatte, die ihn
wieder ausgruben, bevor das Wasser diese Stellen erreichte.
    Vor ihm ragten die Überreste eines
der Förderbänder aus den Dünen. Um die rostigen Träger hatten sich kleine
Wasserlachen angesammelt, und Ransom begann schnelle zu rennen, trieb seinen
Tümpel vor sich her und versuchte, einen Teil dieses Wassers mitzureißen.
Einmal stolperte er vor Erschöpfung, sank in die Knie, richtete sich aber
sofort wieder auf und lief hinter dem Tümpel her, der das Förderband schon fast
erreicht hatte.
    Ein Fisch zuckte vor seinen Füßen im
Salz. Ransom ließ ihn zurück, rannte keuchend weiter und holte das Wasser ein,
das bereits um die Träger schwappte. Er trieb es mit gesenktem Kopf vorwärts
und schaufelte den Tümpel über eine kleine Erhöhung in die nächste

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