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Ballast oder Eva lernt fliegen

Ballast oder Eva lernt fliegen

Titel: Ballast oder Eva lernt fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Jeuk
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Mitarbeiterinnen sprachen, es sei denn, sie rissen zotige Witze, wurde bei so viel femininer Einflussnahme auf die Abläufe in seinem Betrieb hellhörig. So entging ihm auch nicht, dass einer der Herren sich nebenbei darüber ausließ, dass die Betriebssportgruppe, die eigentlich mangels Nachfrage hatte geschlossen werden sollen, neuerdings so großen und, wie sollte es anders sein, weiblichen Zulauf bekam. Auch ein Name, der während der Sitzung gleich mehrmals fiel, machte ihn stutzig: Eine Frau Idengart schien in all die außergewöhnlichen Entwicklungen verstrickt zu sein, was um so irritierender war, als der Geschäftsführer mit diesem Namen nur undeutlich vertraut war. Er bat um Aufklärung, worauf sein Assistent ihm erklärte, dass es sich um eine der Empfangsdamen handelte, und nun seinerseits in Lobeshymnen ausbrach.
    All dies war ausgesprochen merkwürdig und überhaupt verdächtig. Womöglich lauerte da eine Sekte im Hintergrund! Selbst ohne Belege für die Einflussnahme obskurer Mächte hätte der Geschäftsführer, ganz Mann der alten Schule, diese anmaßende, subalterne Person gerne in ihre Schranken gewiesen. Doch nach längerem Gespräch unter vier Augen mit seinem Assistenten Liebig entschied er sich anders. Diese Frau besaß das Talent, Menschen zu motivieren, ja: zu begeistern. Eine unschätzbare Gabe in Zeiten, in denen die Wirtschaftsflaute die Nerven der Aktionäre strapazierte. Eine Gabe, die es geschickt zu nutzen galt.
    Eva wurde zum Chef bestellt.

    Was aber war in diesen wenigen Wochen tatsächlich passiert? Möglich, dass die altmodisch-patriarchalische Weise, in welcher der Betrieb geführt wurde, sich bei geringem Anlass einfach von selbst aufgelöst hatte. Doch mit Sicherheit spielte auch eine ganz bestimmte Person eine Rolle bei der Wandlung, die der Betrieb durchmachte: Ariane Bäuerle, die bis dato meist übersehene Bürobotin, deren männerfeindliche Emanzenträume ebenso anachronistisch waren, wie die patriarchalischen der Geschäftsleitung.
    Auch Ariane durchlief in diesen Wochen eine Metamorphose. Sie war die einzige, die den neuen, kaum noch so zu nennenden Dresscode gänzlich ignorierte und in Turnschuhen zur Arbeit erschien. Kein Mensch verlor auch nur ein Wort darüber. Auch nicht, als sie sich die Haare schreiend bunt färbte. Tatsächlich fand zum ersten Mal, seit Ariane in den Fluren der Firma gesichtet worden war, niemand mehr, dass sie hässlich aussehe. Und das war noch längst nicht alles. Ariane nahm nun kein Blatt mehr vor den Mund, mischte sich in Gespräche, in die sie Kraft ihres Amtes ständig hineinplatzte, und schrieb Anmerkungen auf die Papiere, die sie austrug, mit denen sie so tiefgründige betriebswirtschaftliche Kenntnisse bewies, dass keiner der Adressaten auch nur im Traum die Bürobotin hinter diesen Notizen vermutete.
    Selbst hinter dem plötzlichen Bewegungsdrang der weiblichen Belegschaft steckte Ariane. Allerdings zeigten die Neuzugänge zur Betriebssportgruppe keinerlei ernsthaftes Interesse an Gymnastik oder Ballspielen. Umso mehr drängte es sie in Evas Nähe, die sich plötzlich in Umkleidekabine, Sporthalle und unter der Dusche, ja sogar auf dem Parkplatz ständig um Rat gefragt sah.
    Eva fand sich sofort und mit Feuereifer in diese neue Rolle, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass das plötzliche Interesse an ihrer Person und die Selbstverständlichkeit, mit der ihr an Intelligenz und Bildung oft überlegene Kolleginnen sie in allen denkbaren Belangen um Rat fragten, doch eigentlich sehr ungewöhnlich waren. Großzügig teilte sie ihre Erfahrungen mit Anderen, selbst dann, wenn sie solche gar nicht besaß. Das Gefühl bewundert zu werden, ja: bedeutend zu sein, war köstlich. Und die Ratsuchenden schienen mit ihrer Antwort immer zufrieden zu sein, auch und gerade dann, wenn diese ihr selbst recht unausgegoren und nebulös erschien. Bald wurde ihr klar, dass gerade solche Antworten besonders beeindruckten und die Fragestellerinnen dazu animierten, selbst die richtigen Lösungen für ihre großen und kleinen Probleme zu finden, denn im Grunde wussten all diese Frauen ja selbst am besten, was von Nöten war, und brauchten lediglich eine Ermunterung, nun auch die notwendigen Schritte zu tun.
    Für Ariane war es ein Kinderspiel, die Frauen Eva zuzutreiben: In allen Büros und Fluren zu Hause, erfuhr sie fast alles, was im Betrieb vorging oder die Angestellten sonst irgendwie bedrückte. Sie brauchte nur hier und da eine Bemerkung fallen

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