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Ballast oder Eva lernt fliegen

Ballast oder Eva lernt fliegen

Titel: Ballast oder Eva lernt fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Jeuk
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Station gemacht, wo die Bürobotin fast ausschließlich einkaufte, seit kein Dresscode sie mehr dazu zwang, nach billigen Arbeits-Kostümen zu suchen. In dem nach orientalischem Parfum duftenden Laden hatte Eva, kaum dass sich ihre Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten, gleich zweierlei erkannt: Erstens passte kein einziges ihrer Kleidungsstücke in die ‚Kollektion‘, und zweitens war der rundliche Mittdreißiger, der aus der hintersten Ecke herbei geeilt kam, hoffnungslos in Ariane verliebt. Er hatte Eva überhaupt nicht beachtet, was diese, zumal von einem Mann, so nicht gewohnt war, sondern hatte Ariane durch seine dicken Brillengläser angehimmelt und war um sie herumgewuselt, soweit die Enge seines Ladens dies zugelassen hatte. Ohne einen Blick auf die Kleiderstapel zu werfen hatte er alle Teile in Kommission genommen. Eva war überzeugt, dass er dies bereut hatte, sobald Ariane den Laden verlassen und er Muse gehabt hatte, die Sachen in Augenschein zu nehmen. Was ihr eine kleine Genugtuung für die ihr versagte Beachtung war.
    Eva hatte den treuherzigen Heinrich, so hieß der verliebte Ladenbesitzer, ganz niedlich gefunden. Niedlicher noch fand sie Arianes Unwissenheit. Die Bürobotin, die von Zeit zu Zeit unerreichbare, superattraktive Erfolgsmänner von ferne vorwurfsvoll anschmachtete (Eva hatte dies zweimal erlebt und sich oft anhören müssen, dass alle Männer Schweine seien und keiner sich für Arianes Qualitäten interessiere, die ungleich wertvoller seien als leere Schönheit), war blind gegenüber Heinrichs wortlosem Werben. Heinrich wiederum war viel zu schüchtern, um sich seiner Angebeteten zu erklären. Eva fand die beiden ungeheuer komisch und wie für einander geschaffen.
    Nun plante Eva also, dem Glück der beiden auf die Sprünge zu helfen. Zu diesem Zweck besorgte sie sich ein paar grellbunte Kleider, die sie niemals anzuziehen gedachte, erklärte diese zu Fehlkäufen und bat Ariane, mit ihr Heinrichs Laden aufzusuchen.
    Die Gelegenheit zur Kuppelei bot sich, als Ariane hinter einem sehr provisorisch aufgehängten Vorhang verschwand, um eine, wie sie erklärte, to-tal krasse Lederhose anzuprobieren. Eva näherte sich dem fünfzehn Zentimeter kleineren Heinrich von hinten, während dieser hungrig den Vorhang anseufzte. Warum er es denn nicht versuche?, flüsterte sie ihm leise ins Ohr.
    Heinrich sprang vor Schreck in einen überladenen Kleiderständer. Mit dunkelroten Wangen befreite er sich aus dem textilen Dickicht, was ihm nur unvollständig gelang, ein strapsähnliches Etwas hing ihm noch über die Schulter. Sprachlos glubschte er Eva an. Diese beschloss, deutlicher zu werden, da die Zeit drängte. Ariane rede zwar ständig von Unterdrückung und Frauenpower, wisperte Eva mit Verschwörermiene, aber eigentlich wolle sie einfach nur gefragt werden. So seien die Frauen eben, fügte Eva lächelnd hinzu.
    Heinrich, puterrot, stammelte etwas von wegen: Er habe nicht gewusst,... Er habe gedacht,... und: Er habe gemeint. Dann fragte er, und seine brillenglasverstärkten Augen wurden noch eine Spur runder dabei, ob man es ihm denn so deutlich anmerke? Im selben Augenblick wurde der Vorhang beiseite geschoben und Ariane erschien in einer sackartigen Lederjeans.
    Die passe ihr ja wohl nicht wirklich, fragte sie unglücklich. Eva versetzte Heinrich einen Stoß und der fasste sich ein Herz. Die Hose sei ein paar Nummern zu groß, bestätigte er, Ariane sähe aber trotzdem toll aus.
    Ariane erstarrte und lief rot an. Hilfesuchend sah sie sich nach Eva um, die ihr fröhlich zulächelte und augenzwinkernd flötete, sie, Ariane, habe da wohl einen Verehrer.
    Da die beiden vor Verlegenheit nicht wussten, wohin mit Augen und Händen, begann Eva die Kleiderständer durchzusehen. Hin und wieder zog sie ein Teil heraus, hob es in die Höhe und fragte Heinrich, ob das wohl das Richtige für Ariane sei. Eine halbe Stunde später verließ sie mit ihrer aufgeregt plappernden Freundin den Laden, die laut die Vorzüge ihrer neu erstandenen Kleidungsstücke pries, um von der Tatsache abzulenken, dass sie ein Rendezvous hatte.
    Ariane und Heinrich wurden ein Paar, die ätzenden Bemerkungen der Bürobotin über Männer seltener und Eva hatte einen neuen, bedingungslosen Anhänger. Der treue Heinrich war fortan bei den Yoga-Kursen nicht mehr wegzudenken und an den Wochenenden bekochte er die beiden Freundinnen. Heinrich war ein guter Koch.

    Oft ging sie nun zu Fuß, die Eva Idengart. So manches Mal traf sie den

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