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Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Wiedersehen.«
    »Gute Frau, das machen Sie einem wie mir doch nicht weis, dass Sie keine Ahnung haben, was hier auf Ihrem Grund und Boden passiert. Vielleicht kann ja der junge Mann da weiterhelfen?«, wandte er sich an Dominik, der mit großen Augen zwischen den beiden hin- und herschaute.
    »Und Sie werden vielleicht verstehen, dass weder ich noch sonst jemand hier für Auskünfte zur Verfügung stehen. Wir sind eine biologisch-dynamisch arbeitende Hofgemeinschaft und sonst nichts. Und wie ich Ihnen schon sagte, mit dieser Hanfsache haben wir nichts zu tun.«
    Als ob sie ihn vor diesem impertinenten Fremden schützen müsste, hatte Gesche ihren Arm um Dominik gelegt und ziemlich laut und energisch gesprochen. Der massige Kerl, der mit seinem zerknitterten Hemd und den ausgelatschten Flechtslippers alles andere als seriös aussah, warf ihr einen unfreundlichen Blick zu.
    »Aber Sie wollen doch sicher auch nicht, dass Ihr Biohof als Marihuanaparadies in die Schlagzeilen kommt, oder?«
    »Solche Drohungen zeigen mir nur, wie richtig es ist, nicht ein Wort mit Ihnen zu sprechen«, antwortete Gesche nun wieder etwas ruhiger. »Ich würde Sie bitten, jetzt zu gehen. Ich habe zu tun.«
    »Und der tote Mann, den man hier auf dem Golfplatz nebenan gefunden hat, haben Sie davon etwa auch keine Ahnung?«
    Natürlich überraschte Gesche diese Frage. Woher wusste dieser unsympathische Schmierfink über Kurts Tod Bescheid? Doch sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Als sie Dominiks Unruhe bemerkte, der wohl etwas dazu sagen wollte, schüttelte sie leicht den Kopf und legte einen Finger auf den Mund.
    »Sie sagen es, auch da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen«, beschied sie den Journalisten. »Würden Sie dann bitte unseren Hof wieder verlassen?«
    Der Neufundländer, der Gesche nicht von der Seite gewichen war, knurrte leise. Der Mann warf einen finsteren Blick auf den Hund. Es schien für ihn ungewohnt, die Auskunft nicht zu bekommen, die er wünschte. Seine kleinen Augen, die hinter dem übergroßen, altmodischen Brillengestell meist an ihr vorbeischauten, verengten sich. Eigentlich interessierte ihre Person ihn gar nicht, nur das, was er von ihr zu erfahren hoffte, und nun musste er sich mit ihrer albernen Dickköpfigkeit herumschlagen.
    »Sie werden schon sehen, was Sie davon haben«, sagte er leise drohend, drehte sich um und ging mit schweren, langen Schritten zu seinem Wagen zurück.
    »Warum bist du so böse zu dem Mann gewesen, Gesche?«, wollte ihr Mitbewohner wissen.
    »Ich war nicht böse, Dominik, nur deutlich. Der fremde Mann hat seine Nase in Sachen gesteckt, die ihn nichts angehen. Und du weißt doch auch, dass man nicht immer so neugierig sein soll, oder?«
    Dominik nickte mit ernster Miene und zog dann mit dem Korb wieder los, um die Lauchstangen aus dem Garten zu holen. Was für ein unangenehmer Mensch, dieser Reporter, dachte Gesche mit Unbehagen und lief schnell nach oben ins Schlafzimmer.
    Zu einer Vernissage ging sie nicht oft, und so stand sie nun etwas ratlos vor ihrem ohnehin nicht sehr vollen Kleiderschrank. Sollte sie das festliche schwarze Kleid tragen, oder war das zu diesem Anlass übertrieben? Oder einfach eine schwarze Hose und die neue weiße Bluse? Wie doof, sie wusste wirklich nicht, was sie machen sollte, und jetzt hatte sie dieser Zeitungsmann mit seiner dämlichen Fragerei wieder an das erinnert, was sie den ganzen Tag über erfolgreich verdrängt hatte. Nun konnte sie sich überhaupt nicht mehr auf die Garderobenwahl konzentrieren. Schon gingen ihr aufs Neue die gleichen Fragen durch den Kopf, die sie in Verbindung mit Kurts Tod immer wieder beschäftigten. Und natürlich war Henning auch jetzt nicht da. Sicher, er hatte immer etwas zu tun. Auf dem Hof hörte die Arbeit nie auf. Aber sie spürte in den letzten Tagen immer deutlicher, dass er ihr bewusst auswich. Doch wenn sie ihm nicht bald von ihren Befürchtungen erzählte, wurde sie noch verrückt! Außerdem war es auch ein Zeichen mangelnden Vertrauens, und sie hatte ihrem Mann doch eigentlich immer voll und ganz vertraut. Sie wollte ihm auch jetzt voll und ganz vertrauen.
    Was half ’s. Nun musste sie erst einmal zu Tildes großem Abend. Ihrem Sohn Jonas hatte Gesche die Verantwortung für das Abendessen übertragen, weil sie Henning den ganzen Nachmittag nicht zu Gesicht bekommen hatte. Sollte sie vielleicht doch einfach ein etwas besseres Sommerkleid anziehen? Man wusste ja nicht, wie warm es dort in den Räumen

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